Kirchenehe ohne Standesamt möglich - aber Kirchen wollen nicht

Am Staat vorbei heiraten?

Paare in Deutschland dürfen ab 2009 kirchlich heiraten, ohne zuvor zum Standesamt gegangen zu sein. Die Gesetzesänderung hat zur Folge, dass nicht nur eine kirchliche Voraustrauung, sondern auch eine Ehe ohne den Gang zum Standesamt möglich ist. Aber die Kirchen spielen nicht mit: Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick hat den engen Zusammenhang zwischen kirchlicher und staatlicher Eheschließung betont. Auch die Evangelische Kirche will das Standesamt weiter zur Bedingung machen.

 (DR)

Die ab 2009 rechtlich mögliche Trennung von kirchlicher und staatlicher Trauung hat keine Auswirkungen auf die Heiratspraxis in den Kirchen. Erzbischof Schick sagte, auch nach dem Wegfall des staatlichen Verbots einer «kirchlichen Hochzeit ohne Standesamt» zum Jahresbeginn 2009 werde es bei der bisherigen Praxis bleiben. Es könne auch künftig keine kirchliche Eheschließung ohne vorherige standesamtliche Eheschließung geben. Dies gelte zumindest so lange, bis Kirche und Staat etwas anderes vereinbarten.

Schick machte auf die nachteiligen zivilrechtlichen Folgen einer rein kirchlichen Trauung in Deutschland aufmerksam. Der kirchliche Akt habe keine Auswirkungen auf Namensgebung, Fürsorgepflicht, Vertretungsrechte und die Erbschaftsansprüche der Partner sowie ihrer Kinder. Der Erzbischof wies die Seelsorger seines Bistums an, sich im Falle eines Antrags auf eine rein kirchliche Trauung mit dem Generalvikariat in Verbindung zu setzen. Schick erklärte, die Kirche wünsche sich eine Regelung, dass wie in anderen Ländern die kirchliche Trauung auch für den Staat Geltung habe. Dies ist etwa in Italien der Fall.

Der Bochumer katholische Kirchenrechtler Heinrich Reinhardt, der einer informellen Arbeitsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz zu diesem Thema angehört, sagte der KNA, den Bischöfen liege sehr viel an der Verbindung von staatlichem Schutz der Ehe und kirchlichem Sakrament.

In der Arbeitsgruppe werde aber eine Ausnahmeregelung diskutiert, nach der der jeweilige Ortsbischof eine nur kirchlich geschlossene Ehe genehmigen muss. Dazu müssten die Paare aber über die Vor- und Nachteile einer solchen Ehe beraten werden.

Für die evangelische Kirche ändere sich durch die Gesetzesänderung «gar nichts», sagte der Präsident des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Hermann Barth, am Donnerstag dem epd. Mit der am 1. Januar kommenden Jahres in Kraft tretenden Neuregelung des Personenstandsgesetzes beginne keine neue Ära.

Wie der Stellvertreter des Rates der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union, David Gill, erklärte, wird es keine klassische evangelische Trauung im liturgischen Sinne geben, ohne vorherige staatliche Eheschließung: «Das lässt das evangelische Kirchenrecht nicht zu und daran will man auch festhalten.»

EKD-Kirchenamtspräsident Barth warnte vor einer Dramatisierung der Debatte um das Eherecht. Die evangelische Kirche könne von der Verlässlichkeit und Verbindlichkeit einer Eheschließung von Mann und Frau, «wie sie unser staatliches Eherecht bereitstellt», nur profitieren. Dies sagte Barth mit Blick auf die Themen Altersicherung, vermögensrechtliche Fragen oder Besuchsrecht.

Die Anknüpfung an das staatliche Eherecht gehe aber nur so lange, wenn dieses mit dem kirchlichen Eheverständnis eine «genügende Schnittmenge» habe, unterstrich Barth. Er verwies zugleich auf mögliche Komplikationen des neuen Eherechts in Zusammenhang mit anderen Religionsgemeinschaften, etwa dem Islam.

Gill ergänzte, die evangelische Kirche fordere immer den besonderen Schutz von Ehe und Familie vom Staat. Deshalb müsse die Kirche auch das staatliche Eherecht Ernst nehmen, insbesondere auch zum Schutz der Schwächeren in einer Beziehung.

Die ab 2008 rechtlich mögliche Trennung von kirchlicher und staatlicher Trauung hatte bei Juristen Bedenken ausgelöst. «Ein Paar, das sich kirchlich, aber nicht standesamtlich trauen lässt, befindet sich in einer Ehe, die jedoch vom staatlichen Recht als nichteheliche Gemeinschaft angesehen wird - mit allen Konsequenzen», zitierte die «Süddeutsche Zeitung» (Donnerstagsausgabe) den Regensburger Familienrechts-Professor Dieter Schwab.