Museum Wallraf nimmt niederländische Meister unter die Lupe

Das katholische Köln war fremd, exotisch und spannend

Als die Spanier vor 1600 Antwerpen eroberten, flohen über 2.000 Niederländer nach Köln, darunter zahlreiche Künstler und Verleger. Zeugnisse dieser Zeit sind Zeichnungen der Kölner Stadt mit den vielen Kirchen und dem Dom.

Autor/in:
Johannes Schröer
Ausstellung Expedition Zeichnung im Wallraf Museum / © Johannes Schröer (DR)
Ausstellung Expedition Zeichnung im Wallraf Museum / © Johannes Schröer ( DR )

"Damals wurde die Grundlage von Köln als Medienstadt gelegt" sagt Dr. Annemarie Stefes. Die Kunstexpertin und Co-Kuratorin der Ausstellung "Expedition Zeichnung" erzählt im DOMRADIO.DE-Interview von den Niederländern, die im Verleger- und Kunst-Business tätig waren und um 1600 und kurz davor zu den über 2.000 Flüchtlingen zählten, die aus Antwerpen kamen, nachdem die Spanier das Land erobert hatten. Für die protestantischen Migranten war das katholische Köln fremd. "Sie waren von den Klöstern und den katholischen Riten sehr beeindruckt", sagt Stefes, "und natürlich vom Kölner Dom". Fremd, spannend und exotisch sei das für die Künstler gewesen. 

So empfängt den Besucher der Ausstellung mit den Zeichnungen niederländischer Meister gleich zu Beginn eine überdimensional vergrößerte Kölner Stadtansicht mit dem Rhein und der Silhouette der Kathedrale – damals noch mit dem charakteristischen Holzkran auf dem Dach des halbfertigen Südturmes.

Lambert Doomer "Der Rhein mit Blick auf Köln" / © Johannes Schröer (DR)
Lambert Doomer "Der Rhein mit Blick auf Köln" / © Johannes Schröer ( DR )

Erstaunliche Entdeckungen

Annemarie Stefes hat Hunderte Zeichnungen aus dem Archiv des Wallraf Museums unter die Lupe genommen und erstaunliche Entdeckungen gemacht. Auf einer Ansicht der Kathedrale fand sie seltsame horizontale Linien, die sich über die gesamte Zeichnung zogen. "Wir haben herausgefunden, dass der Künstler Lambert Doomer für seine Zeichnung aufgrund der damaligen Papierknappheit auf Kassenbuchpapier gezeichnet hat." Der Künstler sei selbst Kaufmann gewesen, erklärt Stefes, so habe er einfach das Material genommen, was er griffbereit hatte: "Was er damals nicht wissen konnte, dass die überzeichneten Linien eine Art Titenkillereffekt haben. Die Farbe wird von den Linien im Laufe der Zeit abgeschreckt und so wurden die Linien wieder sichtbar".

Auch erforschte die Kunstexpertin Stefes die Urheberschaft der Zeichnungen und konnte von 850 Bildern 170 neu zuschreiben. "Wir haben tatsächlich einen Rembrandt dem Künstler neu zuordnen können", erzählt sie nicht ohne Stolz. Bisher sei man bei der Zeichnung "Jesus und die Ehebrecherin" davon ausgegangen, dass diese Zeichnung aus einer Rembrandt-Werkstatt komme und nicht vom Künstler selbst stamme.

Rembrandt "Jesus und die Ehebrecherin" / © Johannes Schröer (DR)
Rembrandt "Jesus und die Ehebrecherin" / © Johannes Schröer ( DR )

Nun habe sie viele Indizien dafür gefunden, dass Rembrandt selbst die Skizze gezeichnet habe - und diese Indizien seien von der Fachwelt und den kundigsten "Rembrandt-Päpsten" anerkannt worden.

Reise in die Vergangenheit

Erstaunliches gab es auch auf anderen Zeichnungen zu entdecken. Auf einem Landschaftsbild von Jacob von Ruisdael mit einer Ruine sind muntere Spaziergänger zu sehen. "Das ist für den Maler ganz untypisch", wunderte sich Stefes und fand heraus, dass die fröhlichen Wanderer wahrscheinlich auf Wunsch eines späteren Besitzers des Bildes nachträglich eingefügt wurden. "Solche Veränderungen seien früher nicht selten gewesen", sagt die Kunst-Forscherin. Es habe sogar Künstler gegeben, deren Spezialität es gewesen sei, die Zeichnungen ihrer Vorgänger "aufzuhübschen". 

Isaac de Moucheron /Ansicht von St. Peter / © Johannes Schröer (DR)
Isaac de Moucheron /Ansicht von St. Peter / © Johannes Schröer ( DR )

Die Ausstellung "Expedition Zeichnung, Niederländische Meister unter der Lupe" im Museum Wallraf zeigt nicht nur Meisterwerke großer Zeichenkünstler, sondern ist auch eine aufregende Reise in die Vergangenheit der Zeichnungen. Jedes Bild hat seine ganz eigene Geschichte, die hier erhellend und spannend erzählt wird.

Quelle:
DR

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