München: 250.000 Gläubigen feiern Messe - Forderung nach "Toleranz und christlichem Bekenntnis"

"Die Welt braucht Gott"

Papst Benedikt XVI. hat sich in seiner ersten großen Predigt in München für mehr Toleranz und und ein stärkeres Bekenntnis zum christlichen Glauben ausgesprochen. "Die Toleranz, die wir dringend brauchen, schließt die Ehrfurcht vor Gott ein", sagte der Papst laut Predigttext vor mehr als 250.000 Gläubigen, die am Sonntag zur Eucharistiefeier auf das Münchner Messegelände gekommen waren.

 (DR)

Papst Benedikt XVI. hat sich in seiner ersten großen Predigt in München für mehr Toleranz und und ein stärkeres Bekenntnis zum christlichen Glauben ausgesprochen. "Die Toleranz, die wir dringend brauchen, schließt die Ehrfurcht vor Gott ein", sagte der Papst laut Predigttext vor mehr als 250.000 Gläubigen, die am Sonntag zur Eucharistiefeier auf das Münchner Messegelände gekommen waren. Die westliche Welt müsse "mehr Rücksicht und Sensibilität in der Begegnung mit anderen Kulturen" zeigen, mahnte der Papst.

"Glaube kann nur in Freiheit geschehen"
Die Ehrfurcht vor Gott könne in der westlichen Welt nur dann erneuert werden, wenn der Glaube wieder wachse. "Die Welt braucht Gott", sagte der Papst. Die katholische Kirche dränge allerdings diesen Glauben niemandem auf. Der Glaube könne nur in Freiheit geschehen, sagte das Kirchenoberhaupt, das am Samstag zu einer sechstätigen Reise in seine bayerische Heimat gekommen war.

Die Menschen müssten sich jedoch "für Gott auftun" und ihn suchen. Das öffentliche und eindeutige Bekenntnis von Christen zu ihrem Glauben verletze nicht den Respekt vor anderen Religionen und Kulturen. Die Nächstenliebe sei zuallererst die Sorge um Gerechtigkeit und der Prüfstein des Glaubens.

Lob für katholische Kirche in Deutschland
Ausdrücklich lobte der Papst die katholische Kirche in Deutschland für ihre sozialen Aktivitäten. Doch wenn eine Gemeinde mit einem Evangelisierungsprojekt komme, sei da "eher Zurückhaltung". Das Soziale und das Evangelium dürften aber nicht voneinander getrennt werden.

Der Papst predigte vor einem Kreuz aus der Kirche in Enghausen bei Moosburg. Das Kruzifix stammt aus dem 9. Jahrhundert und gilt als das älteste erhaltene Monumentalkreuz der Welt. An dem Gottesdienst nahmen unter anderem auch Bundespräsident Horst Köhler, der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) teil.

Ankunft unter Beifall
Mit dem Papst und dem Münchner Kardinal Friedrich Wetter zogen mehr als 60 Bischöfe und Kardinäle zur Eucharistiefeier auf der Altarinsel ein. Unter den Kardinälen sind unter anderen Jean-Marie Lustiger aus Paris, Fredreric Etsou aus Kinshasa/Kongo und Stanislaw Dziwisz aus Krakau. Direkt mit dem Papst am Altar stehen neben Wetter auch der scheidende Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, und der Kölner Kardinal Joachim Meisner.

Der Papst war zuvor unter dem begeisterten Beifall der Menge mit dem Papamobil zum Gottesdienstplatz gefahren. Dort waren bereits ab um vier Uhr morgens die ersten Pilger eingetroffen. Die Polizei sprach von einem äußerst ruhigen Verlauf des Morgens. "Die Leute sind sehr diszipliniert. Es klappt wunderbar bisher", sagte ein Polizeisprecher.

Benediktglocke zu Beginn
Der Gottesdienst begann mit dem Läuten der Benediktglocke. Die 260 Kilogramm schwere Glocke wurde im Rahmen einer Bürgeraktion in Traunstein durch Spenden finanziert. Sie soll künftig mit insgesamt sechs Glocken im Turm des Traunsteiner Studienseminars der Erzdiözese München und Freising erklingen. Das ursprüngliche Geläut war im Zweiten Weltkrieg abmontiert und nie wieder ersetzt worden. Der Papst besuchte als Jugendlicher das Studienseminar.

Auf der Glocke sind eine Darstellung von ihm selbst, ein päpstliches Wappen und das Stadtwappen von Traunstein zu sehen, außerdem sind die lateinischen Worte "Humanitas - Christianitas - Liberalitas Bavarica" darauf zu lesen.

Angelus-Gebet im Anschluss an Gottesdienst
Beim sonntäglichen Angelus-Gebet, das traditionell auch von Radio Vatikan in alle Welt übertragen wird, sagte der Papst, „Gott als Zentrum der Wirklichkeit und als Zentrum unseres eigenen Lebens zu sehen" sei sowohl für das Leben des Einzelnen, wie auch für das entspannte, friedliche Zusammenleben aller Menschen notwendig. Als Vorbild dafür stehe die Haltung der Gottesmutter Maria, die ihr Herz für Gott und für die Menschen geöffnet habe.

Von den ersten frühchristlichen Jahrhunderten an werde daher Maria in jeder Not und Bedrängnis um ihre Hilfe und Fürsprache bei Gott gebeten. Dies gelte besonders auch für Bayern, das vor 390 Jahren dem Schutz der Gottesmutter anvertraut worden sei. Der Papst erwähnte in diesem Zusammenhang ausdrücklich auch den altbayerischen Marienwallfahrtsort Altötting, den er morgen, Montag, 11. September, besuchen wird.

Am Nachmittag findet um 17.30 Uhr ein Vesper-Gottesdienst mit Familien und Katecheten im Münchener Dom statt. Das Kirchenoberhaupt war am Samstag zu einem sechstägigen Besuch in seiner bayerischen Heimat eingetroffen. Mehr als 150.000 Menschen bereiteten dem Papst zu Beginn seiner zweiten Deutschland-Reise in der Münchner Innenstadt einen stimmungsvollen Empfang.
(KNA, ddp, epd, dr)