Moraltheologe: Vatikanbank braucht Zweck

"Profit ist keine Sünde"

Ethisch betrachtet spricht nichts gegen eine Vatikanbank, solange ihr Zweck deutlich ist. Das sagt der katholische Moraltheologe Peter Schallenberg im domradio.de-Interview. Die Vatikanbank hatte zuvor erstmals einen Geschäftsbericht veröffentlicht.

Vatikanbank (dpa)
Vatikanbank / ( dpa )

domradio.de: Seit Jahren war die Vatikanbank eine Festung nach außen hin. Von schwarzen Konten und Geldwäsche war die Rede. Sogar die Mafia soll ihre Gelder dort angelegt haben. Diese Gerüchte haben auch der katholischen Kirche nicht gut getan. Wird die Offenlegung der Zahlen daran etwas ändern?

Schallenberg: Ja, das glaube ich ganz bestimmt. Ernst Freyberg, der jetzt der Zuständige ist, macht einen sehr guten Job und macht das sehr transparent. Es ist ja auch schon mehrfach von Bischöfen und Kardinälen gefordert worden, auch von Kardinal Marx beispielsweise, dass die Zahlen offengelegt werden. Das ist unbedingt notwendig, wenn man darauf schaut, dass es in der heutigen Zeit natürlich rechtfertigungsbedürftig ist, dass die Kirche ein solches Geldinstitut hat. Es ist ja etwas anderes als eine reine Bank, sondern eher ein solches Geldinstitut, was hier geschaffen worden ist. Es soll dazu dienen, religiöse Werke zu unterstützen. Dafür muss absolute Transparenz herrschen und vor allem muss auch offen gelegt werden, warum und in welchem Umfang dann Gewinne gemacht werden.

domradio.de: Für 2012 hat das Geldhaus jetzt einen Nettogewinn von fast 87 Millionen Euro ausgewiesen. Im Jahr zuvor waren es gerade mal 20 Millionen Euro. Klingt es in Ihren Ohren nicht seltsam, wenn ein kirchliches Unternehmen Gewinne einstreicht?

Schallenberg: Nicht unbedingt. Die Frage stellen wir uns ja auch in anderen Bereichen des kirchlichen Engagements, etwa im Bereich der sozialen Einrichtungen, gerade bei uns auch in Deutschland. Wir haben etwa arme Träger, wir haben aber auch Träger, die Gewinne machen. Die Frage ist ja immer, wofür werden die Gewinne dann eingesetzt? Fließen sie in private Taschen? Das ist nicht der Sinn von kirchlichen Einrichtungen. Werden sie reinvestiert, werden sie verwendet zur Verbesserung der Infrastruktur, zur Verbesserung der Serviceleistungen? Grundsätzlich haben wir als Kirche den Auftrag neudeutsch "Service", also Hilfe für Bedürftige, Hilfe für die Menschen zu leisten und was an Gewinn erwirtschaftet wird, zu investieren, um wieder besser Service anbieten zu können. Natürlich kann kein Unternehmen auf Dauer, auch kein caritatives Unternehmen, mit roten Zahlen operieren. Deswegen brauchen wir schwarze Zahlen und Profit ist da zunächst keine Sünde.

domradio.de: Wie sieht das denn mit Blick auf die Vatikanbank aus? Wofür wird dieser Gewinn investiert? Was kommt da an Service bei den Menschen an?

Schallenberg: Genau das ist jetzt die entscheidende Frage, das muss jetzt erfragt werden, das muss offengelegt werden. Ein Blick in die Vergangenheit oder auf die Gründung des Bankinstituts kann da ja ganz hilfreich sein. Es heißt ja IOR, also in Italienisch "Istituto per le Opere di Religione" (Institut für die religiösen Werke, Anm. d. Rd), so ist es gegründet worden und das war der Zweck und ist der Zweck bis heute. Es sollte nicht einfach eine Bank sein, womöglich wie eine Privatbank, sondern ein Bankinstitut. Ähnlich wie unsere kirchlichen Genossenschaftsbanken, wie im Erzbistum Köln die Pax-Bank. Diese Bankinstitute dienen dazu, kirchliche Gelder zu verwalten, Kreditmöglichkeiten zu geben, damit kirchliche Unternehmungen, caritativer und sozialer Art wirtschaften können und Kredite sich nehmen können. Das Geld wird angelegt, bei den kirchlichen Instituten in Deutschland zumindest, auch nachhaltig und ethisch und so werden die Geldanleger, also die kirchlichen Einrichtungen, diese religiösen Werke wie der Titel des Bankhauses des Vatikan sagt, dadurch befähigt, besseren Service anzubieten, etwa in sozialen und caritativen Einrichtungen. Es soll nicht dazu dienen, private oder sogar mafiöse Anleger oder Kunden in ihrer privaten Geldgier zu befriedigen.

domradio.de: Der Papst hat den Deutschen, Ernst von Freyberg, an der Spitze des Instituts installiert, damit die Bank nach außen hin transparenter wird. Die Grundsatzfrage bleibt, ob sich der Vatikan überhaupt eine eigene Bank leisten sollte. Geld kann der Kirchenstaat ja auch bei ausländischen Kreditinstituten anlegen.

Schallenberg: Das ist eine Grundsatzfrage, die wird sicherlich jetzt auch von der Kardinalskommission, die Papst Franziskus einberufen hat und die in diesen Tagen ja in Rom tagt, diskutiert werden und sicher auch über kurz oder lang auch beantwortet werden. Einige Kardinäle haben dazu im Vorfeld und auch im Konklave selbst sich geäußert. Ich erwähnte schon Kardinal Marx. Er hat auch die Frage gestellt, ob wir ein solches Bankinstitut brauchen. Das hat er nicht rhetorisch gemeint, sondern ehrlich zur Diskussion gestellt. Wir haben diese Bankinstitute in Deutschland auch, wir haben sie auch woanders, aber in Deutschland eben sind sie bekannt, arbeiten absolut transparent, legen die Bilanzen offen, legen offen, was erwirtschaftet wird, wofür das Geld verwandt wird, sind sogar ethisch nachhaltig tätig. Das ist der Mindeststandard, den man anlegen muss. Dann meine ich persönlich, dass man die Frage mit "Ja" beantworten kann, dass die katholische Kirche ein solches für die Weltkirche hilfreiches Bankinstitut sich leisten darf, ethisch gesehen. Ob das dann banktechnisch von Sinn ist und machbar ist, das ist eine Frage, die die Experten beantworten müssen, unter anderem Ernst Freyberg. Da bin ich kein Experte. Ethisch wäre die Frage durchaus mit "Ja" zu beantworten - so lange der Zweck des Bankinstitutes und der angelegten Gelder und der erwirtschafteten Gewinne klar und deutlich ist, ähnlich wie bei Stiftungen der Stiftungszweck.

Das Interview führte Hilde Regeniter


Quelle:
DR