Moraltheologe plädiert für christliche Tierbestattungen

Kommt Fiffi nicht in den Himmel?

Immer mehr Menschen wünschen sich ein Begräbnis und eine Erinnerungsstätte für ihre Tiere. Doch bisher hat die katholische Kirche dafür keine liturgische Form. Aber kommt das liebgewonnene Haustier überhaupt in den Himmel?

Das Grab eines geliebten Haustiers einer Familie. Ein Sandhügel mit handgefertigtem Holzkreuz und zweier Gänseblümchen. / © busliq (shutterstock)
Das Grab eines geliebten Haustiers einer Familie. Ein Sandhügel mit handgefertigtem Holzkreuz und zweier Gänseblümchen. / © busliq ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Wie erklären sie sich den Wunsch nach einer christlichen Tierbestattung?

Michael Rosenberger / © Christopher Beschnitt (KNA)
Michael Rosenberger / © Christopher Beschnitt ( KNA )

Prof. Dr. Michael Rosenberger (Institut für Moraltheologie an der Katholischen Privatuniversität Linz, Oberösterreich): Ich denke, das hat sehr stark damit zu tun, dass wir in den letzten Jahrzehnten Haustiere immer stärker auch als Familienangehörige, Gefährten oder Freunde sehen.

Im Lauf der Jahre hat sich zum Tier eine sehr intensive Beziehung entwickelt, die sehr individuell, sehr persönlich ist. Wir nehmen heutzutage stärker als noch vor 100 Jahren wahr, dass Tiere eine eigene Persönlichkeit besitzen, dass sie einzigartige Lebewesen sind.

Wenn dann so ein Tier stirbt, fragt man sich natürlich schon: Warum soll ich das jetzt so völlig anders machen, als wenn ein menschlicher Familienangehöriger stirbt, für den wir ein feierliches und sehr gut strukturiertes Begräbnis halten.

DOMRADIO.DE: Gibt es in der Bibel irgendwelche Grundlagen oder auch theologische Überlegungen, die die Idee einer christlichen Tierbestattung rechtfertigen oder unterstützen?

Rosenberger: Unmittelbar zum Thema Begräbnis von Tieren sagt die Bibel gar nichts. Es ist auch davon auszugehen, dass die Menschen diese Frage vor zweieinhalbtausend Jahren, als das Alte Testament geschrieben wurde oder auch vor 2000 Jahren zur Zeit Jesu so nicht gestellt haben, weil die Beziehung zum Tier noch nicht so intensiv war, wie wir das heute erleben. Jedenfalls nicht im Normalfall.

Prof. Dr. Michael Rosenberger (Institut für Moraltheologie an der Katholischen Privatuniversität Linz, Oberösterreich)

Wenn die Liebe Gottes beim Menschen nicht mit dem Tod endet, warum soll sie beim Tier mit dem Tod enden?

Gleichwohl spielen Tiere in der Bibel eine große Rolle und haben eine wichtige Bedeutung. Gerade im Unterschied zur griechischen Philosophie aus dieser Zeit. Das zeigt ein Blick in die Schöpfungserzählungen in Genesis eins und zwei. Dort werden die Tiere genauso unmittelbar von Gott erschaffen wie die Menschen. Das heißt Gott selbst erachtet die Tiere für wert, dass er sie selber erschafft. An dieser Stelle finden wir in der Bibel eine andere Wertigkeit. Gott selber erschafft die Tiere und hat so eine unmittelbare Beziehung zu ihnen.

Unser Auferstehungsglaube ist im Christentum wie auch im Judentum, so angelegt, dass er von der liebenden Zuwendung Gottes lebt. Also wir gehen davon aus, dass wir zum ewigen Leben auferstehen, weil Gottes Liebe nicht mit dem Tod endet.

So stellt sich die Frage: Wenn die Liebe Gottes beim Menschen nicht mit dem Tod endet, warum soll sie beim Tier mit dem Tod enden? Das wäre nicht mehr logisch und das ist der Ansatzpunkt, zu sagen, dass wir Tiere begraben wollen. Denn wir haben eine Hoffnung, dass auch sie von Gott aufs Neue lebendig gemacht werden.

DOMRADIO.DE: Es gibt immer mehr Pfarrer, die Tiere nicht in ihren Kirchen dulden. Das steht doch in einem Gegensatz und Widerspruch zu einer christlichen Tierbestattung ...

Rosenberger: Sie haben vollkommen recht. Wir haben in der Kirche eine lange Tradition, Tiere aus dem Gotteshaus und unserer Vorstellung von Ewigkeit auszuschließen. Das folgt aus der Vorstellung, die wir früh aus der griechischen Philosophie übernommen haben, dass in den Himmel nur kommen kann, wer Vernunft besitzt. Denn in den Himmel kommt man nur, wenn man sich bewusst für Gott, für den Glauben und für das Gute entscheidet. Wer das nicht kann, und Tiere können das nicht, kommt nicht in den Himmel. Dazu hat man gesagt, dass man den Tieren gar nichts wegnehme, weil sie das nicht suchen und wollen, so die Tradition der griechischen Philosophie.

Diese Sicht gilt aber nur für die amtliche Lehre der Kirche. Über die zweitausend Jahre Kirchengeschichte stand die Volksüberzeugung dieser Sicht immer skeptisch gegenüber. In vielen volkskirchlichen Vorstellungen vom Himmel sind Tiere integriert. Die Tiere wurden im Himmel gesehen.

Es gibt einige Bilder der Kreuzigung Jesu, wo das Kreuz als Lebensbaum dargestellt ist. In der Basilika San Clemente al Laterano in Rom finden sich unter diesem Lebensbaum ganz viele Tiere, weit über Hundert Stück. Die Darstellung gibt die Vorstellung wieder, dass Christus auch für diese Tiere gestorben ist. Ein zweites Beispiel: Franz von Assisi. Er nimmt einen Ochsen und einen Esel mit in den Weihnachtsgottesdienst hinein. Das macht deutlich, dass die Tiere dazu gehören.

Prof. Dr. Michael Rosenberger (Institut für Moraltheologie an der Katholischen Privatuniversität Linz, Oberösterreich)

Von der christlichen Botschaft her glaube ich an eine Vollendung der ganzen Schöpfung in der Ewigkeit.

DOMRADIO.DE: Sie würden zustimmen, dass Pfarrer und Diakone Tierbestattungen durchführen sollten?

Rosenberger: Ich würde das jederzeit tun, wenn ich danach gefragt würde. Die Trauer der Menschen um ihre Tiere, die sie oft jahrelang begleitet haben, ist ernst und echt. Die tiefe Beziehung zum Tier ist nichts Banales, sondern hat als echte und lebendige Beziehung bestanden, die mit dem Tod abgerissen ist. Für mich ist diese Trauer völlig nachvollziehbar und diesen Menschen möchte ich beistehen.

Auch umgekehrt argumentiert, von der christlichen Botschaft her, glaube ich an eine Vollendung der ganzen Schöpfung in der Ewigkeit. Das heißt, dass alle Geschöpfe, die Gott einmal aus Liebe geschaffen hat, eingeschlossen sind. Das sagt auch Papst Franziskus in seiner Enzyklika "Laudato si". Wenn man das alles bedenkt, spricht überhaupt nichts gegen das Mitwirken an einer Begräbnisfeier für Tiere.

Das Interview führte Oliver Kelch.

Tierethik stößt auf immer breiteres Interesse

 

Schon auf der ersten Seite zieht sich beim Lesen der Magen zusammen: Die französische Philosophin Corine Pelluchon listet in ihrem "Manifest für die Tiere" auf, wo Tiere nicht artgerecht behandelt, gequält und getötet werden. Von Tierversuchen über überfüllte Tierheime bis zu Schlachthäusern: "Überall dort herrschen Unglück und Ungerechtigkeit." So wie die Menschheit Tiere behandle, drohe sie ihre eigene Seele zu verlieren, schreibt Pelluchon.

Ein männliches Küken (dpa)
Ein männliches Küken / ( dpa )
Quelle:
DR