Moraltheologe Ernst sieht Verbot von Eizellspende als unbegründet

"Fruchtbarkeitsermöglichung"?

Das Verbot der Eizellspende lässt sich laut dem katholischen Würzburger Moraltheologen Stephan Ernst inhaltlich kaum begründen. Weder sei das Kindeswohl dadurch gefährdet, noch handele es sich um einen Bruch der ehelichen Treue.

Reagenzgläser im Labor / © Alex Traxel (shutterstock)

Häufig vorgebrachte Argumente für das Verbot seien "problematisch oder gegenstandslos" oder ließen sich durch geeignete rechtliche Regelungen entschärfen, schreibt Ernst in einem Gastbeitrag in der in Berlin erscheinenden Monatsschrift "Stimmen der Zeit" (Juliausgabe). Neben Deutschland sei Eizellspende in Europa nur noch in Luxemburg verboten.

Keine Gefährdung des Kindeswohles

Der Rückgriff auf fremde Keimzellen stelle keine Gefährdung des Kindeswohls dar, erklärt Ernst. Befürchtungen, wonach eine gespaltene Elternschaft die kindliche Identitätsentwicklung störe, müssten auch für adoptierte oder Pflegekinder gelten. Langzeituntersuchungen hätten aber gezeigt, dass dadurch weder die psychosoziale Entwicklung noch die Familienbeziehungen gestört seien: "Die Identitätsfindung hängt weniger von genetischen und biologischen Ursprungsbeziehungen ab als vielmehr davon, dass das Kind von seinen sozialen Eltern Liebe, Zuwendung und Geborgenheit erfährt."

Medizinische Risiken sind laut Ernst ebenfalls keine hinreichenden Argumente. Zwar gebe es Risiken wie etwa das einer Frühgeburt, doch seien sie nicht so stark erhöht, dass sich damit ein Verbot rechtfertigen lasse. Denn in diesem Fall müsste die Fortpflanzung auch in anderen Fällen mit vergleichbar erhöhten Risiken wie etwa Diabetes oder Adipositas verboten sein.

Kein sittlich verwerflicher Treuebruch

Den Einwand, dass Frauen ihren Körper einsetzten, um Geld zu verdienen, nennt Ernst "wenig überzeugend". Das geschehe schließlich in vielen Erwerbstätigkeiten. Es sei unproblematisch, wenn entbehrliche Materialien des Körpers veräußert würden, wie etwa die Samenspende zeige.

Das vom Lehramt der katholischen Kirche vorgetragene Argument, die Eizellspende widerspreche dem Gebot der ehelichen Treue, wies Ernst ebenfalls zurück. Wenn fremde Keimzellen nötig sein, um einen Kinderwunsch zu erfüllen, sei das nicht als sittlich verwerflicher Treuebruch zu werten, sondern als "Fruchtbarkeitsermöglichung", schreibt Ernst. Zudem sei zu bedenken, dass eine Eizellspende die eheliche Treue sogar schützen könne, weil Ehen auch an Kinderlosigkeit scheitern könnten.

Künstliche Befruchtung

Künstliche Befruchtung zielt darauf ab, eine Schwangerschaft mit Hilfe medizinischer Verfahren herbeizuführen. Sie soll Paaren zu Nachwuchs verhelfen, deren Babywunsch seit längerer Zeit unerfüllt bleibt.

Das weltweit erste "Retortenbaby" kam 1978 in England zur Welt, das erste deutsche 1982 in Erlangen. Seitdem steigen die Zahlen. 2015 wurden in der Bundesrepublik erstmals über 20.000 Jungen und Mädchen mit Hilfe der Reproduktionsmedizin geboren. Zum Vergleich: 2011 waren es laut offiziellem Register erst 7.000. Weltweit sind es mittlerweile mehr als acht Millionen.

Künstliche Befruchtung / © Waltraud Grubitzsch (dpa)
Künstliche Befruchtung / © Waltraud Grubitzsch ( dpa )
Quelle:
epd