Vor fünf Jahren wurde ein Flüchtlingsboot zum Altar

Mit Jesus im Boot

Kräftiger Gesang und eine große Prozession mitten durch die Stadt: Corona war vor fünf Jahren noch weit weg – stattdessen sorgte ein ehemaliges Flüchtlingsboot für einen besonderen Akzent beim Fronleichnamsgottesdienst.

Flüchtlingsboot als Altar (DR)
Flüchtlingsboot als Altar / ( DR )

Der Roncalli-Platz direkt am Kölner Dom dicht mit Menschen gefüllt, die Gemeinde und die Domchöre singen kräftig zum Klang der Blechbläser – Bilder vom Fronleichnamsfest 2016 wirken heute wie aus einer anderen Zeit, ganz ohne Masken und Abstandregeln.

Auch für den Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki und das gesamte Erzbistum dürften die Tage damals erheblich leichter gewesen sein – seit der nur sehr eingeschränkt erfolgten Veröffentlichung eines ersten Gutachtens zu Fällen von sexualisierter Gewalt im Erzbistum steht Kardinal Woelki unter Druck, demnächst werden zwei apostolische Visitatoren im Auftrag des Papstes nach Köln kommen, um sich "vor Ort ein umfassendes Bild von der komplexen pastoralen Situation im Erzbistum Köln verschaffen", wie es in der Ankündigung heißt.

Das Boot wird zum Altar

Beim Fronleichnamsfest 2016 setzte der Erzbischof mit dem Aufstellen des Flüchtlingsbootes auf der Tribüne direkt vor der Südseite des Domes einen besonderen Akzent. "Dieses Boot ist uns zum Altar geworden", so sagte er damals. Zuvor hatte Woelki das Boot, das von der maltesischen Armee bei einem Rettungseinsatz beschlagnahmt worden war, von Malta nach Köln bringen lassen.

Jesus ist mitten "in diesem Boot"

Nicht nur optisch stand es dann beim Gottesdienst im Zentrum – in seiner Predigt forderte Woelki mehr Einsatz für geflüchtete Menschen und erinnerte zugleich an vielen Toten, die auf der Flucht ums Leben gekommen waren: "Wir wissen nicht, wie viele Menschen in Booten wie diesem zugrunde gegangen sind. Die Menschen, die genau in diesem hier den Weg über das Meer gesucht haben, wurden – ein Zufall, ein Segen – gefunden und gerettet.“

Jesus Christus selber sei mitten "in diesem Boot, das Menschen, junge und alte, Frauen und Kinder, über das Mittelmeer schleuste", so Woelki. Er rief dazu auf, die Wunden des gekreuzigten Jesus in den Gesichtern der Flüchtlinge heute wahrzunehmen. "Wer Menschen im Mittelmeer ertrinken lässt, lässt Gott ertrinken - jeden Tag, tausendfach", sagte Woelki in seiner Predigt vor fünf Jahren. Danach folgte die Eucharistiefeier mit Brot und Wein und dem Flüchtlingsboot als Altar.

Das Boot als Mahnmal für die Not der Flüchtlinge

In Corona-Zeiten undenkbar, damals aber selbstverständlich: im Anschluss an den Gottesdienst mit dem besonderen Altar folgte die traditionsreiche Prozession an Fronleichnam mit der Monstranz durch die Stadt, vorbei an der Minoritenkirche als Statio und schließlich dem feierlichen Schlusspunkt im Kölner Dom mit dem sakramentalen Segen. Dort fand das Boot nach der Fronleichnamsmesse dann auch einen vorläufigen Aufenthaltsort – als Mahnmal für die Not der Flüchtlinge. 2017 kam es dann nach mehreren Stationen im Erzbistum Köln in das Haus der Geschichte in Bonn. Dort steht es bis heute als Teil der Dauerausstellung.

Mathias Peter


Köln: Flüchtlingsboot als Altar (Erzbistum Köln)
Quelle:
DR