Woelki fordert an Fronleichnam mehr Einsatz für Flüchtlinge

Not sehen und handeln

Der Kölner Erzbischof Woelki hat an Fronleichnam eindringlich mehr Einsatz für Flüchtlinge angemahnt. In seiner Predigt erinnerte er an das Schicksal der auf der Flucht ertrunkenen Menschen. Als Altar diente bei dem Gottesdienst ein Flüchtlingsboot.

Fronleichnam in Köln (Erzbistum Köln)

In Köln haben am Hochfest Fronleichnam tausende Gläubige einen Freiluft-Gottesdienst gefeiert und an der traditionellen Fronleichnamsprozession teilgenommen. Auf dem Roncalliplatz vor dem Kölner Dom diente in diesem Jahr ein Flüchtlingsboot aus dem Mittelmeer als Altar. Das rund sieben Meter lange Fischerboot war in den vergangenen Tagen von Malta an den Rhein gebracht worden.

Bezugnehmend auf das Flüchtlingsboot mahnte der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki in seiner Predigt eindringlich mehr Einsatz für Flüchtlinge an. "Wir wissen nicht, wie viele Menschen in Booten wie diesem zugrunde gegangen sind. Die Menschen, die genau in diesem hier den Weg über das Meer gesucht haben, wurden – ein Zufall, ein Segen – gefunden und gerettet. Dieses Boot ist uns zum Altar geworden." Der Altar sei immer ein Symbol für den Herrn selbst. "Wer Menschen im Mittelmeer ertrinken lässt, lässt Gott ertrinken - jeden Tag, tausendfach", beklagte Woelki. "Wer Menschen in Lagern zu Tode quält, quält Gott zu Tode – tausend- und abertausendfach."

Reaktionen auf das Symbol des Bootes

Gläubige, die das Flüchtlingsboot als Altar vor sich sahen, bezeichneten es als aktuelles Zeichen. Es sei ein Symbol, das in die Zeit passt, in der wir an andere denken sollten. "Es ist im richtigen Moment das richtige Zeichen. Und dass das umgesetzt wurde, ist beeindruckend."

Auch rege es zum Nachdenken an. Auf diesem Boot sollen 80 bis 100 Flüchtlinge transportiert worden sein, so Woelki zu Beginn der Feier. "Das ist so ein kleiner Kahn, da passen maximal vielleicht zehn Personen drauf! Dieser optische Eindruck ist sehr eindringlich", findet ein Mitfeiernder. Für andere stand eher das ungewöhnliche Motiv im Vordergrund: "Ist mal etwas ganz anderes. Ich finde das toll! Ich habe ein schönes Bild gemacht und nehme es mit nach Hause."

Das Boot soll als Mahnmal dienen und wird zunächst einmal als solches vor dem Hohen Dom zu Köln stehen bleiben.

Schrei nach Gerechtigkeit

Jesus Christus selber sei mitten "in diesem Boot, das Menschen, junge und alte, Frauen und Kinder, über das Mittelmeer schleuste", so Woelki. Er rief dazu auf, die Wunden des gekreuzigten Jesus in den Gesichtern der Flüchtlinge heute wahrzunehmen. "Nix da mit verschlossenen Augen! Nix mit tauben Ohren und geschlossenen Mündern!" Not sehen und handeln, das sei der Auftrag des Herrn, so Woelki.

Der Kardinal erinnerte an die Aktion 23.000 Glockenschläge, mit der das Erzbistum Köln vor knapp einem Jahr der Männer, Frauen und Kinder gedachte, die seit dem Jahr 2000 auf ihrer Flucht über das Mittelmeer umkamen. "3.327 Tote sind seitdem nach Angaben des Flüchtlingshilfswerkes der Vereinten Nationen dazugekommen, Ertrunkene und Ermordete, deren Hoffnungen, deren Schmerz, deren Träume, deren Trauer, deren Angehörige und deren Lebensgeschichten Gott allein kennt", sagte Woelki.

Kollekte für Hilfsorganisation MOAS

Woelki rief dazu auf, über die Erhabenheit der goldenen Monstranz nicht die Augen davor zu verschließen, worum es an Fronleichnam eigentlich gehe. In der Gestalt des Brotes werde der gekreuzigte Jesus durch die Straße getragen, der in den Armen, den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, den unheilbar Kranken, den traumatisierten Kindern aus Bürgerkriegsregionen, ihren verzweifelten Müttern und den verschleppten Vätern gegenwärtig sei. "Ihr Schrei nach Gerechtigkeit, ihr Schrei nach Würde und Frieden ist Gottes Schrei", so der Kardinal.

Die Kollekte bei der Feier war für die Hilfsorganisation MOAS (Migrant Offshore Aid Station) bestimmt, die laut Woelki im Ägäischen Meer und im Mittelmeer bereits 13.554 Menschenleben gerettet hat.

Prozession zum Fest des Leibes und Blutes Christi

An den Freiluft-Gottesdienst schloss sich die Fronleichnams-prozession durch die Kölner Altstadt an. Dazu zogen die unterschiedlichen Gruppierungen, darunter Ordensleute, Gemeinden, Vereine und das Domkapitel, der Reihe nach vom Roncalliplatz aus durch die Altstadt. Der Kern der Prozession samt der Monstranz mit dem Allerheiligsten verweilte zu einem Gebet an der Minoritenkirche, bevor die Gläubigen in den Kölner Dom zogen. Dort spendete Woelki den sakramentalen Segen und feierte eine Heilige Messe.

Die katholische Kirche feiert am zweiten Donnerstag nach Pfingsten das Fest Fronleichnam. Der Name bedeutet übersetzt so viel wie "Fest des Leibes und Blutes Christi". Er leitet sich ab aus dem Althochdeutschen "fron" für "Herr" und "lichnam" für "Leib". Damit wollen die Katholiken an die Gegenwart Jesu im Sakrament der Eucharistie erinnern. In Prozessionen tragen Geistliche Monstranzen mit der als Leib Christi verehrten Hostie durch die Straßen. Fronleichnam ist gesetzlicher Feiertag in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland sowie ausgewählten Gemeinden in Sachsen und Thüringen.

Papst Urban IV. führte Fronleichnam 1264, vor 750 Jahren, als allgemeines Kirchenfest ein, 1317 legte Papst Johannes XXII. den Donnerstag als Festtag fest. Das Fest geht zurück auf eine Vision der Augustinernonne Juliana von Lüttich im Jahr 1209; sie wurde später heiliggesprochen.

Mit einer Prozession wurde Fronleichnam erstmals in den 1270er Jahren in Köln begangen. In der Reformation entwickelte sich das Fest zu einem konfessionsscheidenden Merkmal. Luther bezeichnete es 1527 als "allerschädlichstes Jahresfest", dem die biblische Grundlegung fehle. Der Gegensatz hat sich inzwischen abgeschwächt: Auch auf evangelischen Kirchentagen gab es in den vergangenen Jahren mehrfach gemeinsame Fronleichnamsprozessionen. Die heutige Sinngebung des Festes geht vom Bild des "wandernden Gottesvolkes" aus, dessen Mitte Christus ist, das "Brot des Lebens".


Köln: Flüchtlingsboot als Altar (Erzbistum Köln)
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