missio-Menschenrechtsbeauftragter beklagt Lage der aus dem Irak geflüchteten Christen

In "absoluter Unsicherheit"

Die Lage ist ernst und das nicht erst seit gestern: die Minderheit der Christen im Irak kämpft ums Überleben und tausende Flüchtlinge sind auf Hilfe angewiesen. Darauf weisen nicht nur die Kirchen, sondern auch Innenminister Schäuble seit Monaten hin. Die Menschen sollen in Deutschland Zuflucht finden können. Nun ist eine Expertengruppe in den Nahen Osten gefahren, um sich in Syrien und Jordanien einen Eindruck der Situation der dorthin geflüchteten Christen zu verschaffen. Im domradio-Interview: Dr. Otmar Oehring von missio Aachen über seine Eindrücke der Reise.

 (DR)

Der missio-Experte für Menschenrechtsfragen im Nahen Osten beschreibt die Situation der geflüchteten Menschen als sehr bedrückend. Sie würden zwar nicht in Lagern leben, jedoch in Armen-Wohnungen unter schwierigen Verhältnissen, da sie "absoluter Unsicherheit" ausgeliefert seien und über keine Aufenthaltsgenehmigung verfügten. Sie "dürfen nicht arbeiten, sind auf die Hilfe von Dritten angewiesen."

Menschenrechtspolitiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Vertreter der beiden großen Kirchen hatten sich in Syrien und Jordanien über die Lage geflüchteter irakischer Christen informiert. Etwa zwei Millionen Iraker sind bislang in die Nachbarländer geflohen. Syrien und Jordanien tragen damit die Hauptlast und sind an die Grenzen ihrer Aufnahmekapazität gestoßen. Die Lage verschärft sich zusehends und birgt die Gefahr einer massiven Destabilisierung der gesamten Region.

Die Kirchen fordern seit längerem die Aufnahme irakischer Christen in Deutschland. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) strebt eine Aufnahme in mehrere europäische Länder an. Gemeinsam mit den Länderinnenministern Deutschlands hat er aber auch Bereitschaft für eine Aufnahme in Deutschland signalisiert, er möchte allerdings in erster Linie christliche Flüchtlinge aufnehmen.

Vor dieser Einschränkung warnt Oehring jedoch. Dies wäre ein falsches Signal und schlecht für die Christen vor Ort, da dann aus der muslimischen Welt schnell wieder der Vorwurf eines "Europäischen Club der Christen" laut würde. Daher sollten auch nicht-christliche Härtefälle eine Möglichkeit der Einreise erhalten.

UNO-Flüchtlingshilfe: Nicht nur Christen Asyl gewähren
Auch die UNO-Flüchtlingshilfe fordert, dass nicht nur Christen, sondern auch andere religiöse Minderheiten sowie Folter- und Gewaltopfer, alleinstehende Frauen mit Kindern und ältere Flüchtlinge geholfen werde. Entscheidend für eine Aufnahme müsse allein die Schutzbedürftigkeit der Betroffenen sein. Das Leid einzelner Gruppen dürfe nicht gegeneinander ausgespielt und nur Christen Schutz gewährt werden.

missio für Aufnahme von 30.000 Flüchtlingen - und zwar dauerhaft
missio hat dafür plädiert, in Deutschland ein Kontingent von 30.000 Angehörigen verfolgter religiöser Minderheiten aus dem Irak aufzunehmen. Zugleich engagiert sich das Hilfswerk dafür, dass sich die Irak-Flüchtlinge in Deutschland integrieren können. Eine Rückkehr dieser Menschen in ihre Heimat, vor allem wenn sie Christen sind, sei mittelfristig unrealistisch, ist Otmar Oehring überzeugt. Die Flüchtlinge hätten ihr ganzes Hab und Gut zurückgelassen, das sich nun im Besitz ihrer Verfolger befinde. Außerdem gebe es in den Städten weite Gebiete, die zu Christen-freien Zonen erklärt worden seien. Unter diesen Umständen ist laut Oehring ein friedliches Zusammenleben schwer vorstellbar.