Minister Laschet über die EU-Hilfe für Irak-Flüchtlinge

"Bedrohung für Christen größer"

Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Armin Laschet und der stellvertretende Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Wolfgang Bosbach, haben Jordanien und Syrien besucht, um sich dort über die Lage der Irak-Flüchtlinge zu informieren. Im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur zog Laschet am Donnerstag in Düsseldorf eine Bilanz.

 (DR)

KNA: Herr Minister, wie groß ist die Not der Irak-Flüchtlinge in Syrien und Jordanien?
Laschet: Nicht nur die geflohenen Iraker selbst, auch die einheimische Bevölkerung in den beiden Ländern leidet unter großen Belastungen. In Syrien haben über eine Million Iraker Zuflucht gesucht, von denen das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR 220.000 registriert hat. In Jordanien gibt es 50.000 registrierte und insgesamt bis zu 500.000 Irakflüchtlinge, was für das Land mit sechs Millionen Einwohnern eine überaus große Zahl ist. Die Flüchtlinge leben nicht nur in den UNHCR-Lagern. Sie nutzen die ganze öffentliche Infrastruktur mit. So werden in Schulklassen statt 40 nun 60 bis 80 Kinder unterrichtet.

KNA: Die EU will 10.000 Irak-Flüchtlinge aufnehmen und dabei neben Traumatisierten und alleinstehenden Frauen und deren Kindern besonders Opfern religiöser Minderheiten helfen. Sind es tatsächlich Angehörige religiöser Minderheiten, die Sie in Syrien und Jordanien angetroffen haben?

Laschet: In den Ländern finden sich Flüchtlinge aller religiöser Gruppen. Allerdings fällt der hohe Anteil von Christen auf. Während sie im Irak gerade mal drei Prozent der Bevölkerung stellten, machen sie unter den Flüchtlingen einen zweistelligen Prozentsatz aus. Das zeigt, dass die Bedrohung für die Christen größer ist als für andere religiöse Gruppen. Deshalb sollten die EU und Deutschland vor allem Christen aufnehmen. Da es sich vor allem um chaldäische Christen handelt, hätten diese in den bestehenden Gemeinden in Deutschland eine Anlaufstelle, die die Integration erleichtert.

KNA: Gehen Sie davon aus, dass die Flüchtlinge dauerhaft hier bleiben?
Laschet: Ja. Einige haben vielleicht eine Rückkehr-Perspektive. Im Rahmen des «resettlement»-Programms des UNHCR erhalten die Flüchtlinge aber einen dauerhaften Aufenthaltstitel, der auf eine langfristige Integration mit Sprach- und Orientierungskursen zielt.

Diese Flüchtlingshilfe ist ganz anders angelegt als etwa das Engagement für die Menschen aus dem Kosovo und bislang einmalig für Deutschland. Im übrigen finden sich unter den Irak-Flüchtlingen viele hoch qualifizierte Menschen, die unser Land gut gebrauchen kann.

KNA: Von den 10.000 Flüchtlingen sollen 2.500 in Deutschland ein neues Zuhause finden. Reichen denn die Plätze aus?
Laschet: Das ist momentan schwer zu sagen. Angesichts von insgesamt 1,5 Millionen Flüchtlingen ist die Zahl 10.000 sehr gering. Aber was Deutschland betrifft, müssen die jährlich rund 7.000 Asylbewerber aus dem Irak gedanklich noch hinzugerechnet werden. Wenn sich zeigt, dass die Integration gelingt und die Not fortbesteht, sollte Deutschland aber auch mehr tun.