Millionen Jecke feierten ausgelassen Rosenmontag

Alaaf und Helau

Millionen Jecken haben in den rheinischen Karnevalshochburgen den Rosenmontagszügen zugejubelt. In Köln schätzte die Stadtverwaltung die Zuschauerzahl auf rund eine Million. Viele hätten schon seit dem frühen Morgen bei bedecktem Himmel und kühlen Temperaturen dem Umzug entgegen geschunkelt. Die rund 10.000 Zugteilnehmer brauchten für die sieben Kilometer lange Strecke etwa vier Stunden.

 (DR)

Im Kölner Zug unter den Motto «Mir all sin Kölle» (Wir alle sind Köln) fuhren unter anderem Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU), Schauspielerin Mariele Millowitsch ( «Nikola» ) und Ex-Fußballmanager Reiner Calmund mit. Die Handball-Weltmeister Florian Kehrmann und Carsten Lichtlein vom TBV Lemgo - verziert mit dem typischen Heiner-Brand-Oberlippenbart - durften Zugleiter Christoph Kuckelkorn begleiten.

In Düsseldorf zogen 5500 Jecken auf der mehr als fünf Kilometer langen Stecke durch die Düsseldorfer Innenstadt. Mit der umstrittenen Hitler-Figur, die die NPD ausscheidet und zwei bis an die Zähne bewaffneten Mullahs machte der Düsseldorfer Umzug seinem Ruf als besonders politische Karnevalsveranstaltung alle Ehre.
Der Düsseldorfer Zug lockte nach Polizeiangaben in diesem Jahr mehr Besucher als 2006 an. Es wurden rund 900 000 Besucher gezählt im Vergleich zu etwa 800 000 im Vorjahr. Es seien rund 730 Polizisten im Einsatz gewesen.

Bis zum frühen Abend hätten die Jecken weitgehend friedlich gefeiert, sagte ein Sprecher der Düsseldorfer Polizei am Montag. Auch die Kölner Polizei konnte bis von einem eher ruhigen Rosenmontag berichten. «Wir sind angenehm überrascht», sagte eine Sprecherin auf Anfrage. Wie in den Vorjahren seien die Einsatzzahlen nach dem Ende des Umzuges allerdings spürbar angestiegen. Es wurden überwiegend «karnevalstypische» Delikte wie Beleidigungen, Körperverletzungen und Ruhestörungen verzeichnet.

Auch die Kölner Rettungsdienste sprachen am Abend von einem insgesamt ruhigen Einsatztag. Gemessen an der Zahl der Menschen am Zugweg habe es relativ wenige Einsätze gegeben, die auch mühelos abgearbeitet werden konnten, berichtete der Malteser Hilfsdienst. Noch vor der offiziellen Bilanz zeichne sich eine Einsatzzahl auf dem niedrigen Niveau des vergangenen Jahres ab.

Auch in Westfalen und dem Ruhrgebiet feierten Karnevalisten ausgelassen ihren größten Festtag. Mit geschätzten 200 000 Jecken am Straßenrand verzeichnete Münster nach Angaben der Veranstalter einen neuen Zuschauerrekord. In der überschaubaren ostwestfälische Kleinstadt Rietberg bei Gütersloh lockte das närrische Treiben 50 000 Menschen auf die Straßen. In Dortmund schätzt die Polizei die Zahl der Zuschauer an der Rosenmontagsstrecke auf rund 220 000.


Auch die Kirche lief mit
In den Rosenmontagszügen von Köln und Düsseldorf konnten die Narren diesmal auch religiöse Motivwagen entdecken. In Köln warb ein eigener Wagen mit Fußtruppe und Kamelle-Werfern für den evangelischen Kirchentag, der im Juni in Köln stattfindet.

Der Kölner Kirchentagswagen griff das Fisch-Logo des Protestantentreffens auf und zeigte unter dem Kirchentagsmotto "Lebendig und kräftig und schärfer" einen grinsenden Haifisch, der mit einem Sprung eine Kirche verlässt. Auf seinem Rücken konnte sich ein Pfarrerpärchen gerade noch an den Flossen festhalten. Kirchenvertreter sehen in dem eigenen Karnevalswagen eine einmalige Chance, den Kirchentag in der Karnevalshochburg bekannt zu machen.

Die Einladung zur Teilnahme am diesjährigen Rosenmontagszug kam vom Festkomitee des Kölner Karnevals. Das Komitee entscheidet darüber, wer sich ausnahmsweise aus aktuellem Anlass neben den Karnevalsgesellschaften in den Rosenmontagszug einreihen darf.

Zoch vor dem Zoch
Über hundert kostümierte Globalisierungskritiker haben beim Kölner Rosenmontagszug mit Pappnasen und Schmähliedern gegen den G8-Gipfel im Juni im Ostseebad Heiligendamm protestiert. Im traditionellen "Zoch vor dem Zoch" trieben nach Angaben des Netzwerks attac meterhohe Puppen als gut gekleidete Jungmanager und Politiker "den globalen Pöbel" vor sich her in Gestalt von Soldatengerippen, angeketteten Bauern und zerlumpten Obdachlosen.

Daneben verteilten die Kritiker fair gehandelte Süßigkeiten und imitierte Bahnfahrkarten, die für einen Sonderzug nach Heiligendamm zum Demonstrieren gegen den G8-Gipfel warben. Auf dem G8-Gipfel Anfang Juni in Heiligendamm treffen sich die acht größten Industrienationen.

Für den Rosenmontagszug hatten die Globalisierungskritiker eigens bekannte Schunkellieder umgedichtet. So hieß es zu der Melodie des Karnevalsklassiker Viva Colonia von der Gruppe "De Höhner": "Da simma dabei, dat is priiima, mir scheissen aufs Kliiiima, die Kohle, die Wälder, die Zukunft wird verpufft, den Reichen geb'n ma Subvention', den Armen heisse Luft."

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