Milchbauern kämpfen bislang vergeblich um höhere Erzeugerpreise

Proteste ohne Wirkung

Der Kampf der Landwirte für einen angemessenen Milchpreis scheint vergeblich. Ein Lieferstopp im Frühsommer 2008 und viele Protestaktionen - darunter ein Hungerstreik vor dem Bundeskanzleramt - konnten die Lage der rund 95.000 deutschen Milchbauern nicht ändern.

Autor/in:
Ralf Beunink
 (DR)

"Die Situation hat sich sogar noch weiter verschlechtert", sagte der Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter (BDM), Romuald Schaber, am Freitag in Berlin. Im vergangenen Jahr bekamen sie durchschnittlich noch 28 bis 33 Cent pro Liter, heute sind es noch 18 bis 24 Cent. Gleichzeitig zahlt der Verbraucher im Supermarkt nicht einmal mehr 50 Cent für den Liter Frischmilch.

Vor dem EU-Agrarministertreffen am Montag in Brüssel warnte Schaber vor dem Verlust Tausender Arbeitsplätze. "Zu diesen Preisen kann niemand existieren, sagte er. Verantwortlich sei die "verrückte Agrarpolitik", kritisierte er das 2003 beschlossene Auslaufen der Milchquoten und verwies auf mehr als 600 Millionen Euro Steuergelder, die allein in diesem Jahr für Lagerhaltung und Exportsubventionen ausgegeben werden müssten, weil in der EU zu viel Milch produziert werde. 79 Prozent der rund 95 000 Milchbauern sähen ihre Höfe in Gefahr, sollten die Milchpreise nicht bald wieder steigen.

Exportsubventionen abschaffen?
Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU), EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel und die Minister der anderen Mitgliedsstaaten müssten auf der Sitzung am Montag eine wirksame Mengenreduktion für die Milcherzeugung beschließen, forderte Schaber. Zudem müssten die Exportsubventionen umgehend abgeschafft werden. "Nur so können Butterberge und Milchseen abgebaut und trockengelegt und die Einkommen der Milcherzeuger nachhaltig stabilisiert werden", erläuterte Schaber, der sich dadurch einen kostendeckenden Erzeugerpreis von 40 Cent pro Liter erhofft.

Rückendeckung erhielt der Verband von Umwelt- und Tierschutzverbänden. "Die Lage ist auch dramatisch für Natur-, Landschafts- und Artenschutz", sagte Friedrich Ostendorff vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Mit dem Rückgang der Milchwirtschaft beziehungsweise der zunehmenden Haltung der Kühe in den Ställen gingen die Grünlandflächen empfindlich zurück. Der Deutsche Tierschutzbund wies auf die Folgen des Preiskampfes bei der Milch für die Kühe. Eine artgerechte Haltung sei kaum noch möglich, bemängelte Norbert Mauren. Die Tiere würden zunehmend ausschließlich in Ställen gehalten und kaum noch auf der Weide. Dadurch sinke das Lebensalter deutlich und Krankheiten nähmen stark zu.

"Der Bauernverband vertritt nicht die Interessen der Bauern"
DBV-Präsident Gerd Sonnleitner hat bereits am Donnerstag Hilfen für die Milchbauern gefordert. Im Gegensatz zum BDM setzt er aber vor allem auf eine Absatzsteigerung sowie auf ein Vorruhestands- und Umschulungsprogramm für Bauern, die ihre Milchproduktion aufgeben wollen. Vom Bauernverband will der BDM allerdings nichts wissen. Der sei für die schlechte Entwicklung mitverantwortlich, sagte BDM-Chef Schaber. "Der Bauernverband vertritt nicht die Interessen der Bauern, sondern die der Industrie", pflichtete ihm Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf (Grüne) von der Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft (AbL) bei.

Der DBV wies die Vorwürfe als "Unsinn" zurück. Sie entbehrten jeder sachlichen Begründung. "Wir vertreten die Interessen aller Bauern, auch die der Milchbauern", sagte Verbandssprecher Michael Lohse. Das schrittweise Auslaufen der Milchquote sei nun einmal beschlossen. Es sei wichtig, den Milchbauern zu helfen, sich dem freien Wettbewerb zu stellen, erläuterte er. "Wir müssen sehen, dass wir den Milchbauern nun kurzfristig helfen", sagte er und dies sei mit den Vorschlägen des DBV möglich.