Methodisten lehnen Erinnerungsstätte an Präsidentschaft ab

Widerstand gegen George-W.-Bush-Bibliothek

Zu den Hinterlassenschaften jedes US-Präsidenten der vergangenen 50 Jahre gehört eine Bibliothek. Die "Presidential Libraries" sind als ein der Forschung zugängliches Archiv von Dokumenten aus der Amtszeit des jeweiligen Präsidenten angelegt, aber durchaus auch als Besucher-Attraktion gedacht. Ronald-Reagan und Gerald Ford haben eine, auch George W. Bush würde gerne in ihre Fußstapfen treten.

 (DR)

Demonstration politischen Erbes
Für Gerald Ford wurde das Gelände "seiner" Bibliothek vor wenigen Tagen die letzte Ruhestätte. Vor allem die moderneren unter ihnen wie die Kennedy-Bibliothek in Boston, die Ronald Reagan Library an den Berghängen Kaliforniens oberhalb von Santa Barbara und die neue Bill-Clinton-Bibliothek in Little Rock, Arkansas, sind darüber hinaus didaktisch exzellent ausgestattete Museen.

Wohl nirgendwo wird das politische Erbe eines Präsidenten so eindrücklich demonstriert wie in der Ronald-Reagan-Bibliothek. Der Besucher sieht einen Film mit Höhepunkten aus Reagans Amtszeit. Der Streifen endet mit seinem berühmten Auftritt vor der Berliner Mauer: "Mr. Gorbachev, tear down this +wall!" Der Kinoausgang führt auf eine Terrasse, auf der sich dem im plötzlichen Licht blinzelnden Besucher ein Relikt des Kalten Krieges vor dem immerblauen kalifornischen Horizont präsentiert:
ein Stück Mauer aus Berlin.

Bush schmidet bereits seit 2001 an Bibliotheksplan
Kein Wunder, dass auch der amtierende 43. US-Präsident von einer solchen Bibliothek träumt: einem Ort der Verehrung für den Namensgeber, an dem freundlich gesonnene Historiker ausgewähltes Quellenmaterial durchforsten, um möglichst positive Biografien zu verfassen. Aber, George W. Bushs Plan für eine eigene Bibliothek, dessen Grundzüge bereits im Herbst 2001 - früher als bei jedem anderen Präsidenten - festgelegt wurden, stößt auf Widerstand. Die Institution nämlich, der die Ehre einer George W.
Bush-Library auf ihrem Campus zuteil werden sollte, zeigt wenig Begeisterung. Undiplomatischer formuliert: Starke Kräfte an der Southern Methodist University wollen sie nicht.

Die Verbindungen der Bush-Familie zu der in Dallas gelegenen Universität sind eng. Die Bushs sind Methodisten. Vor allem Ex-Präsident George Bush senior und seine Frau Barbara waren während ihrer Zeit in Texas stets in der Kirchengemeinde aktiv. Laura Bush, die First Lady, ist Mitglied des Universitätsvorstandes. Die Stiftung, die als Träger einer solchen präsidentiellen Bibliothek fungiert, soll mit rund 400 Millionen Euro ausgestattet sein. Ein beträchtlicher Teil davon dürfte aus der Ölindustrie stammen.

Denkschrift von Theologen, Professoren und Fakultätsmitgliedern
Doch die Methodisten von Dallas zeigen sich wenig beglückt, wie eine am Wochenende bekannt gewordene Denkschrift von 68 Theologen, Professoren und Fakultätsmitgliedern belegt. Sie fragen sich, ob die Geisteswelt, die in dieser Bibliothek sichtbar werden würde, mit den religiösen und akademischen Werten der Kirche und ihrer Hochschule vereinbar wären. In dem Brief, der der "New York Times" zugespielt wurde, werden als Grund für die Ablehnung des Projektes die "schlechten Noten" angeführt, die man Bush geben müsse.

Argumente für diese "Benotung" sehen die Verfasser in großer
Zahl: Erosion der Bürgerrechte, Abstreiten globaler Erwärmung, Missachtung internationaler Abkommen, Entfremdung von vielen Verbündeten Amerikas und nicht zuletzt der Krieg im Irak. Der pensionierte Professor für Liturgie, Bill McElvaney, sieht gar eine "permanente Bush-Präsenz auf unseren Campus" zukommen. Und auch jenseits der 11.000-Studenten-Universität hat eine rege Diskussion begonnen. So veröffentlichte die Tageszeitung "Fort Worth Star-Telegram" den Leserbrief einer Frau, die darauf hinwies, dass Dallas bereits wegen der Ermordung eines Präsidenten (John F. Kennedy im November 1963) einen schlechten Ruf habe. Nun solle es auch noch "durch die Ehrung des schlechtesten Präsidenten aller Zeiten bekannt werden".