Meta soll das Projekt "Instagram for Kids" aufgeben

Religionsführer machen Druck auf Zuckerberg

Instagram will Kindern ab zehn Jahren eine Variante der App anbieten. Nach heftigen Protesten hat der Facebook-Konzern allerdings eine Pause eingelegt. Religionsführer fordern, das Projekt ganz zu stoppen.

Autor/in:
Thomas Spang
Instagram auf einem Smartphone / © Nopparat Khokthong (shutterstock)
Instagram auf einem Smartphone / © Nopparat Khokthong ( shutterstock )

Der Druck auf Mark Zuckerberg wächst. Eine ökumenische Koalition fordert den Chef des zu Meta umbenannten Facebook-Konzerns auf, das Projekt eines "Instagram for Kids" aufzugeben. Die Unterzeichner gehören zwanzig verschiedenen Glaubensgemeinschaften an. "Eine Pause ist nicht genug", schreiben sie in einem offenen Brief an Zuckerberg. Und fügen ein Argument an, das den Facebook-Gründer in die Ecke drängt. "Instagram stellt nach Ihrer eigenen Forschung eine Gefahr für junge Menschen dar."

Von 75 Rabbis, Priestern und Predigern unterzeichnet

Die Koalition der Religionsführer weist darauf hin, dass 72 Prozent der Teenager auf Instagram schon jetzt mehr als fünf Stunden in dem Dienst verbringen. Dabei ist Instagram offiziell erst für Jugendliche ab 13 Jahren freigeschaltet. Tatsächlich ist es aber ein Leichtes auch für jüngere Nutzer, Zugang zu finden. Das räumt der Meta-Konzern selber ein.

Die 75 Unterzeichner des Offenen Briefes kommen als Rabbis, Priester und Prediger zu dem Schluss, "dass die sozialen Medienplattformen nicht voll entwickelte Gehirne ins Visier nehmen, unmoralische Datensammlung betreiben und, getrieben von Profitstreben, kein Werkzeug zum höheren Wohl der Kinder sind." Soziale Medien brächten "emotionale, physische und psychologische Gefahren für unsere Kinder mit sich", darunter Depressionen, Angststörungen und Selbstmordgedanken.

Social Media/Soziale Medien

Der Begriff Social Media beschreibt Webseiten und Apps, über die Nutzer Inhalte kreieren sowie teilen und sich vernetzen können. Zentrales Merkmal von Social Media ist die Interaktivität. Soziale Interaktion zwischen Nutzern sowie kollaboratives Schreiben prägen den Online-Dialog, die sogenannte Many-to-many-Kommunikation. Nutzer erstellen Inhalte (User Generated Content), über die ein permanenter, zeitlich unbegrenzter Austausch mit anderen stattfindet.

Symbolbild: Jugendlicher mit Handy / © Angelika Warmuth (dpa)
Symbolbild: Jugendlicher mit Handy / © Angelika Warmuth ( dpa )

Instagram führt oft zu Problemen mit eigenem Körperbild

Bisher macht der Mutterkonzern Meta keine Anstalten, von dem Projekt "Instagram for Kids" abzulassen. Nach der Anhörung von "Whistleblowerin" Frances Haugen, die im Oktober dem Senat eine ziemlich verheerende Innensicht des Konzerns geliefert hatte, bekräftigte der Chefentwickler Adam Mosseri, es bleibe trotz Pause bei dem Ziel, eine Instagram-Version für Kinder an den Markt zu bringen.

"Die Realität ist, dass die Kinder schon online sind, und wir glauben, dass altersgerechte Angebote, die speziell für sie geschaffen sind, für Eltern viel besser sind", argumentiert Mosseri, ohne auf die zentralen Vorwürfe Haugens und einer überparteilichen Gruppe an Senatoren und 44 Generalstaatsanwälten aus den Bundesstaaten einzugehen. Sie alle forderten bereits schriftlich das Ende des Projekts.

Haugen hatte nach ihrem Ausscheiden als Produktmanagerin Anfang vergangenen Jahres interne Forschungsergebnisse an das "Wall Street Journal" weitergegeben. In einer Serie von Artikeln, die auf dem durchgestochenen Material beruhten, heißt es, Facebook wisse, dass die Instagram-App bei jedem dritten Mädchen Probleme mit dem eigenen Körperbild verursache.

Einigkeit bei Republikanern und Demokraten

Auf einer internen Präsentation heißt es zu Befunden hausinterner Forscher: "Teenager geben Instagram die Schuld an zunehmender Angst und Depression." Demnach führten sechs Prozent der US-amerikanischen Jugendlichen mit Suizidgedanken diese auf Erfahrungen auf Instagram zurück.

Mark Zuckerberg / © Peter Dasilva (dpa)
Mark Zuckerberg / © Peter Dasilva ( dpa )

"Wir haben jetzt tiefen Einblick in Facebooks unerbittliche Kampagne zur Rekrutierung und Ausbeutung junger Nutzer", empörte sich der demokratische Senator Richard Blumenthal nach Anhörung der Whistleblowerin im Kongress. In seltener Einigkeit verlangte auch seine republikanische Kollegin Marsha Blackburn Konsequenzen. "Sie haben unser Vertrauen verloren", schrieb sie Zuckerberg ins Stammbuch.

Forderung der Religionsführer nach Einstellung des Projektes

Trotz massiven Drucks aus dem Kongress, den Bundesstaaten und von Nutzern blieb es bisher bei der im Herbst freiwillig verhängten Entwicklungspause. Die Religionsführer wollen, dass Meta ganz auf das neue Projekt verzichtet und erinnern an die Bemühungen Zuckerbergs, seine Dienste zu einer Plattform religiöser Erfahrung im Internet zu machen. Eigens dafür gründete der Konzern eine Abteilung.

Der Theologe Kutter Callaway vom "Fuller Theological Seminary", der das Schreiben mitunterzeichnete, findet das Verhalten des Konzerns "empörend". Als Vater von drei Töchtern und Psychologe wünsche er sich, dass Meta Abstand davon nimmt, eine Plattform für Kinder zu entwickeln. "Auf diesem Weg voranzuschreiten, mit dem vollen Wissen über die krank machenden Effekte von Instagrams Algorithmen", sagt Callaway, "ist nicht weniger als nacktes Streben nach Profit zulasten der verwundbarsten Gruppe in unserer Gesellschaft."

Quelle:
KNA