Mertes kritisiert Missbrauchsaufarbeitung der Politik

"Einen schlanken Fuß gemacht"

Der Jesuitenpater Klaus Mertes hat eine stärkere staatliche Verantwortungsübernahme bei der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Schutzbedürftige gefordert. Damit steht er bei weitem nicht alleine da.

Pater Klaus Mertes / © Julia Steinbrecht (KNA)
Pater Klaus Mertes / © Julia Steinbrecht ( KNA )

"Bisher hat sich die Politik eher einen schlanken Fuß gemacht, ist am Zaun stehen geblieben und hat gelegentlich kritische Kommentare getwittert", erklärte Mertes in einer Analyse für die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung. Das werde "dem Ernst des Themas aber nicht gerecht, und auch nicht der Verantwortung".

Dabei machte er sich für eine "unabhängige Aufarbeitung mit Entscheidungskompetenz" durch eine "staatliche Kommission" stark. Er schloss sich damit entsprechenden Forderungen des langjährigen Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, an.

Dieser hatte in einem Papier vom Staat verlangt, dass er "die unabhängige Aufarbeitung sexueller Gewalt ernst nimmt und alles dafür tut, damit diese unterstützt, kritisch begleitet und kontrolliert wird", etwa durch die Aufwertung der Unabhängigen Aufarbeitungskommission (UBSKM).

Inhalt fehlt.

"Befriedende Wirkung für gesamte Gesellschaft"

Laut Mertes wäre dies "der Beginn einer nationalen Anstrengung mit befriedender Wirkung für die gesamte Gesellschaft - und mit entlastender Wirkung auch für alle Institutionen, die der Natur der Sache nach mit der Aufarbeitung überfordert sind, wenn sie sie selbst, ohne Unterstützung von außen, in die Hand nehmen sollen".

Dabei bezog er sich besonders auf die Aufarbeitung des Missbrauchs in der katholischen Kirche. Die Aufarbeitung in Institutionen gehe über das hinaus, "was rechtlich fassbar ist", betonte der Jesuit. "Strafrechtliche Aufarbeitung ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für gelingende Aufarbeitung", so Mertes.

Gerade die Staatsanwaltschaften sowie die staatlichen Behörden funktionierten nach einer Rechts- und Verfahrenslogik, "die jedenfalls bisher in Deutschland nicht wirklich zu Rechtsfrieden bei der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der Kirche - und in anderen Institutionen - beigetragen hat".

Unabhängige Aufarbeitung nicht geregelt

Alle diese Institutionen stünden alleine da. Ein Verfahren, das eine wirklich unabhängige Aufarbeitung jenseits einer rein strafrechtlichen überhaupt regelt, existiere nicht. Daraus ergebe sich die Anfrage an die Politik, "welche Verfahren sie in Betracht kommenden Institutionen überhaupt zur Verfügung stellen will, um unabhängige Aufarbeitung mit Entscheidungskompetenz zu ermöglichen".

Auch der Vorsitzende der Bischofskonferenz Georg Bätzing habe sich gegenüber der Einrichtung einer parlamentarischen Wahrheitskommission offen gezeigt. Eine solche Kommission wie in den USA oder Irland verlange aber von der Kirche, dass sie "aus eigener Initiative auf den Staat zugehen und ihn mandatieren" müsse, eine Kommission zu bilden, so Mertes.

Denn laut deutscher Verfassung "ordnet und verwaltet" jede Religionsgemeinschaft "ihre Angelegenheiten selbstständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes".

Quelle:
KNA