Merkel warnt Russland vor Verlust der internationalen Glaubwürdigkeit

EU-Sondergipfel zu Georgien

Die Europäischen Union wird sich auf einem Sondergipfel Anfang kommenden Monats mit dem Konflikt im Kaukaus befassen. Der amtierende EU-Ratspräsident und französische Staatschef Nicolas Sarkozy lud am Sonntag zu dem außerordentlichen EU-Gipfel ein, der am 1. September in Brüssel stattfinden soll. Zuvor gab es deutliche Worte der Bundeskanzlerin in Richtung Moskau.

Autor/in:
André Spangenberg
 (DR)

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuvor Russland aufgefordert, die Zusagen aus dem Friedensabkommen umzusetzen und seine Truppen aus Georgien weitestgehend abzuziehen. Hier stehe die internationale Glaubwürdigkeit Russlands auf dem Spiel, sagte Merkel am Sonntag.

Merkel verwies darauf, dass Russland seine Truppen nicht so zurückgezogen habe wie vereinbart. Die georgische Hafenstadt Poti beispielsweise liege in keiner Sicherheitszone. "Das ist ein Verstoß gegen den Sechs-Punkte-Plan", sagte sie. Daher könne Europa nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.

"Es darf keinen neuen Kalten Krieg geben"
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) nannte den Kaukasus-Konflikt eine tiefe und ernste Krise. Ausdrücklich warnte er: "Es darf aber keinen neuen Kalten Krieg geben." Ziel müsse es jetzt sein, aus dem noch immer sehr fragilen Waffenstillstand in Georgien einen dauerhaften Waffenstillstand zu machen.

Die Kanzlerin wies Befürchtungen zurück, es könnte mit dem Kaukasus-Konflikt zu einer neuen Eiszeit in den deutsch-russischen Beziehungen kommen oder es drohe gar ein neuer Kalter Krieg. "Das glaube ich überhaupt nicht", antwortete Merkel auf eine entsprechende Frage. Man habe heute eine völlig andere Situation als vor einigen Jahrzehnten.

Der SPD-Politiker Egon Bahr warnte jedoch vor einer neuen "Politik der Konfrontation". Angesichts der Kaukasus-Krise sowie des Abkommens zur geplanten US-Raketenabwehr in Polen könnte eine Aufrüstungsspirale mit Kurzstreckenraketen und konventionellen Waffen in Gang gesetzt werden, die nicht auf Polen, Russland und Amerika beschränkt bleibe.

"Georgien und die Ukraine werden Mitglieder der NATO sein"
Vor dem Hintergrund der neuen Spannungen betonte Merkel die Bereitschaft der NATO, für neue Mitglieder auch in der Kaukasus-Region offen zu sein. Russland müsse anerkennen, dass die ehemaligen Sowjetrepubliken im Kaukasus heute eigenständige Staaten sind. Sollten diese in die NATO streben, werde das westliche Bündnis darüber entscheiden und nicht Moskau. Merkel bekräftigte zugleich ihre Vorbehalte gegen eine rasche Mitgliedschaft Georgiens im Bündnis, stellte aber auch klar: "Georgien und die Ukraine werden Mitglieder der NATO sein." Einen Zeitpunkt dafür nannte sie nicht.

FDP-Chef Guido Westerwelle rief zur Zurückhaltung auf. "Wir wissen zu wenig über die demokratischen und rechtsstaatlichen Entwicklungen in Georgien", sagte er. Daher sollte an die Frage eines georgischen NATO-Beitritts mit Vorsicht herangegangen werden.