Merkel fordert Solidarität mit Juden und dem Staat Israel

Einsatz für Versöhnung

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat zu Solidarität mit Israel und zum Vorgehen gegen Antisemitismus und Extremismus aufgerufen. "Das sollte unser Leben insgesamt leiten", sagte Merkel am Mittwochabend bei der Entgegennahme der Josef-Neuberger-Medaille der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf. Sie verstehe die Auszeichnung, die sie für ihre Verdienste um die Juden in Deutschland erhielt, als Ansporn und Verpflichtung.

 (DR)

Merkel betonte, die Deutschen seien es den Opfern der Shoah und ihrer eigenen Geschichte schuldig, gegen die Feinde der Demokratie aufzustehen und etwa den Parolen der rechtsextremen NPD zu widersprechen.

Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat müssten täglich aufs Neue geschützt und verteidigt werden, sagte die Kanzlerin in ihrer Rede vor rund 900 Gästen im Düsseldorfer Schauspielhaus. «Wir müssen der Gesellschaft ein menschliches Gesicht verleihen.» Vehement trat Merkel für das Lebens- und Existenzrecht Israels ein. «Der Einsatz jeder Bundesregierung für die Sicherheit Israels ist Teil deutscher Staatsräson», sagte sie. Die Bedrohung Israels durch den Iran dürfe deshalb nicht als «Privatproblem Israels» abgetan werden, warnte Merkel, die im März auch eine Rede vor dem israelischen Parlament gehalten hatte. »Wir lassen Israel nicht allein.« Der Iran bedrohe mit Israel auch alle freien und demokratischen Völker der Welt.

Merkel stehe für eine neue Herzlichkeit gegenüber Israel und wende sich im In- und Ausland klar gegen Antisemitismus, sagte »Zeit«-Herausgeber Josef Joffe in seiner Laudatio. Mit ihr würden aber auch alle vorherigen Bundeskanzler geehrt, die sich allesamt um die deutsch-israelischen Beziehungen verdient gemacht hätten. Als »Quantensprung« wertete Joffe, dass Merkel das Lebensrecht und die Sicherheit Israels zur deutschen Staatsräson erklärte. Sie drücke damit aus, dass Israels Wohlergehen auch im deutschen Interesse liege.

Auch der Vorsitzende der Düsseldorfer Jüdischen Gemeinde, Juan-Miguel Strauss, forderte »Signale im Kampf gegen Rechts». Er zeigte sich besorgt über eine hohe Zahl antisemitischer Straftaten, die Schändung jüdischer Friedhöfe, den «offenbar unüberwindlichen Alltagsrassismus in unserer Gesellschaft» und die Stimmengewinne rechtsradikaler Parteien. Er unterstütze den Vorstoß des Bundestages, regelmäßig einen Antisemitismusbericht eines unabhängigen Expertengremiums zu veröffentlichen, sagte Strauss. Merkels Haltung gegenüber Israel und den deutschen Juden drücke den Rückhalt des deutschen Staates aus.

Unter den 900 Gästen im Schauspielhaus waren auch NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU), die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, und der israelische Botschafter in Deutschland, Yoram Ben Zeev. Die seit 1991 vergebene, undotierte Josef-Neuberger-Medaille ist nach dem früheren NRW-Justizminister (SPD, 1902-1977) benannt. Neuberger war auch Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, mit 7.400 Mitgliedern die drittgrößte in Deutschland. Erster Träger der Medaille war 1991 der damalige NRW-Ministerpräsident und spätere Bundespräsident Johannes Rau (SPD), zu den weiteren Preisträgern zählen Ex-Bundespräsident Roman Herzog und die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (beide CDU).