Mein Sommer: Pfarrer Stefan Hippler

"Wenn das Leben plötzlich anhält"

Journalisten sprechen gerne vom Sommerloch. Von der Zeit im Jahr, in der scheinbar nichts passiert und eine Nation Auszeit nimmt. Aber Auszeit wovon genau? domradio.de hat Menschen aus Kirche und Gesellschaft gefragt. Diesmal in der Sommerreihe: Stefan Hippler, Pfarrer der deutschsprachigen römisch-katholischen Gemeinde in Kapstadt.

 (DR)

"Sommerferien - das heißt ja eigentlich Winterferien, wenn man am anderen Ende der Welt lebt. Sommerferien sind bei mir immer verbunden mit Reisen, Abenteuer, Ausflügen, Zeltlagern - so lange ich denken kann und schon als Kind gab es nichts Schöneres, als die Sachen zu packen und sich dem "Zigeunerleben" auszusetzen. Heimweh habe ich noch nie in meinem Leben verspürt.

Waren es anfangs die Reiterferien, später die Zeltlager und Jugendfreizeiten - dann die Motorradtouren, die mich bis an die russische Grenze oder die Sahara gebracht haben - es war immer spannen. Und für mich war diese Zeit immer eine Zeit des Lernens gewesen; über den Tellerrand schauen heißt zu erleben, dass die eigenen Selbstverständlichkeiten eben keine sind.

Auch heute ist es für mich gleich geblieben - die Lust zu reisen und ferne Länder und Menschen zu erleben, ihnen zu begegnen, sie mit allen Sinnen zu spüren. Allerdings hat das Wort "Sommerloch" in diesem Zusammenhang eine andere Bedeutung bekommen: Wenn man aus dem Arbeitsstress und der Tretmühle des Alltages in den Urlaub fährt, dann erlebe ich immer erst einmal am Anfang ein Loch - es ist, wie wenn das Leben plötzlich anhält, das Alltagskarussell stehen bleibt - und man sich erst einmal verwundert fragt, wo man ist und wie man sich fühlt. Es braucht immer ein paar Tage, bevor man sich wirklich hineinbegeben kann in das Fremde, das auf einen wartet.

Und ob Müßigkeit aller Laster Anfang ist? Nein, gar nicht, wer hart arbeitet, muss auch die Kunst beherrschen, total müßig zu sein - und nur Menschen, die es dabei mit sich selber gut aushalten, sind auch in meinen Augen oder in meiner Erfahrung angenehme Zeitgenossen."

Zur Person:
Der katholische Pfarrer Stefan Hippler ist noch Leiter der deutschsprachigen katholischen Gemeinde im südafrikanischen Kapstadt. Der Befürworter des Kondomgebrauchs im Kampf gegen Aids beendet Ende September seine Tätigkeit.

Der Geistliche hatte 2007 mit dem langjährigen Afrika-Korrespondenten der "Zeit", Bartholomäus Grill, und dem schwedischen Bestsellerautor Henning Mankell das Buch "Gott, Aids, Afrika" veröffentlicht und darin den Papst aufgefordert, Aidskranken den Kondomgebrauch zu gestatten.

Im November 2008 wurde Hippler für seine Arbeit mit Aidskranken mit dem Erich-Kästner-Preis des Presseclubs Dresden ausgezeichnet. Wenig später sagte er einen Auftritt in der ARD-Sendung "Beckmann" und eine Lesereise ab. Die Bischofskonferenz hatte zu dem Buch erklärt, dass die katholische Kirche einen ganzheitlichen Ansatz im Kampf gegen Aids betone und eine rein medizinische Betrachtungsweise zu kurz greife. Eine wirksame Aids-Prävention stehe im Zusammenhang von Armutsbekämpfung, Persönlichkeitsbildung und Wertevermittlung.