Wie das Wort mit C Redaktionsarbeit und Stadtleben umkrempelt

Mehr Abstand als eine #Armlänge

Redakteure schreiben in der Corona-Krise an die Zentrale: Persönliches und Politisches, Trauriges und Tröstliches von den Mitarbeitern der Katholischen Nachrichten-Agentur. Diesmal: eine E-Mail aus dem nicht immer ganz heiligen Köln.

Autor/in:
Thomas Winkel
Fast leere Domplatte in Köln / © Theodor Barth (KNA)
Fast leere Domplatte in Köln / © Theodor Barth ( KNA )

Ausgerechnet beim Laufen drängt sich das blöde C-Wort plötzlich ganz nach vorne. "Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper" - das schien lange selbstverständlich, doch jetzt erinnert das entsprechende Firmenlogo auf den Joggingschuhen an Corona und Co. Gesundheit kann ja zerbrechlich sein wie Glück und Glas...

Mit diesem Gedanken beginnt die Runde durch den nahen Königsforst. Gegen Ende schnurstracks dem Abendstern über Köln entgegen. Am Morgen heißt es dann, schnell das Mobile Arbeiten vorbereiten: Notebook, Monitor und so weiter draußen aufbauen. Denn wieder ist ein Sonnentag. Bald meldet sich das Telefon. Über das weitergeleitete Festnetz regt ein Abonnent mehr Infos zum Verbot öffentlicher Gottesdienste an.

Homeoffice bei der KNA

Auf der anderen Seite des Agenturbetriebs dürfte kaum spürbar sein, dass von einzelnen, wechselnden Ausnahmen abgesehen das gesamte KNA-Team zuhause arbeitet, auch im Früh-, Spät-, und Wochenenddienst. Das gilt für gut 50 Personen allein im redaktionellen Bereich, an allen in- und ausländischen Standorten.

So wird weiter recherchiert und produziert, interviewt und informiert, fotografiert und disponiert, gemeldet und gesendet - nur irgendwie anders, meist digitaler. Dass auch weiterhin alle Produkte erscheinen, ist vielen flinken Fingern und kreativen Köpfen zu verdanken.

Online-Pressekonferenzen, Chats und virtuelle Konferenzräume

Manche Absprache, manche "Orga" ist nun ein bisschen komplizierter. Die meisten Pressekonferenzen laufen nur noch online. Und wo früher eine spontane Kleinrunde im Großraum reichte, sind nun Chats, virtuelle Konferenzräume oder mehrere Anrufe erforderlich. Angesichts der Umstände verkraftbar.

Anderes fällt dagegen stärker ins Gewicht. Alle fest vereinbarten Praktika der KNA-Volos in anderen Redaktionen sind fürs Erste abgesagt. Manche von ihnen aber haben nach hinten kaum Luft, weil ihre Ausbildung im Herbst endet.

In unserem Viertel in der "Stadt mit K" (so ein Hit aus der fünften Jahreszeit) läuft es vergleichsweise gut. Einer der Söhne erledigt den Wocheneinkauf, mit Maske. Überhaupt funktioniert in der Doppelhaussiedlung das Schwätzchen auf der Straße weiterhin - getreu dem Songtext "Ich bruch dä FC un die Minsche he" ("Ich brauche den FC und die Menschen hier") und doch mit gebührendem Abstand. Also deutlich größer als die nach der übergriffigen Silvesternacht 2016 propagierte #Armlänge.

Distanz liegt dem Kölner an sich nicht

So viel Distanz liegt dem Kölner an sich nicht. Corona-Partys am Weiher finden offenbar zwar nicht mehr statt, aber bei Sonnenschein lockt es ihn gerne an den großen Strom - etwa auf die Hohenzollernbrücke oder an die Uferterrassen auf der rechten Rheinseite. Eben dorthin, wo auch andere Kölner sind.

Denn Artikel 3 des Kölschen Grundgesetzes lautet: "Et hätt noch immer jot jejange" ("Es ist noch immer gutgegangen"). Wobei nicht nur die ortsansässigen Fußballfans wissen: Der Paragraf gilt nicht immer.

In der viertgrößten Stadt Deutschlands gibt es Mitte April rund 2.100 bestätigte Covid-19-Infektionen und 60 Tote. Deshalb machen die Behörden Ernst: Ordnungsamt und Polizei ahndeten 1.200 Verstöße gegen das Versammlungsverbot - in einer Woche.

Auch im Kölner Dom herrscht Leere

Das Verbot betrifft natürlich ebenso die Kirchen, auch den weltberühmtem Kölner Dom. Jährlich strömen rund sechs Millionen Touristen aus aller Welt durch die Kathedrale, doch in diesen Tagen ein anderes Bild: nur noch einzelne Gottesdienste unter Ausschluss der Gläubigen. Keine Führungen mehr, lediglich wenige Kerzen. "Zutritt nur zum Gebet" steht auf einer Tafel am Hauptportal.

Für Kardinal Rainer Maria Woelki kein Dauerzustand: "Ich hoffe sehr, dass wir mit Augenmaß und Sorgfalt schon bald wieder Gottesdienste feiern können", schreibt er auf Twitter. Politik und Religionsvertreter wollen nach den verlängerten Corona-Einschränkungen den künftigen Rahmen ausloten.

Kölner Dom ist Herzenssache

Der Dom im Herzen der Stadt ist auch für nicht praktizierende Kölner Katholiken eine Herzenssache. In Hits und Evergreens wird er besungen, beschunkelt, beschworen. Und je nachdem wie sich Corona entwickelt, zitieren Kölner und Kölnerinnen wahlweise Paragraf 1 oder 5 ihres Grundgesetzes: "Es ist wie es ist" oder "Nichts bleibt wie es war."

Und schon jetzt freuen sich fast alle darauf, irgendwann wieder um die Häuser zu ziehen und zu fragen "Drinkste ene met?" ("Trinkst du einen mit?"). So lautet nämlich Paragraf 10.


Menschenleerer Kölner Dom / © Theodor Barth (KNA)
Menschenleerer Kölner Dom / © Theodor Barth ( KNA )

Leerer als sonst: Kölns Straßen / © Oliver Berg (dpa)
Leerer als sonst: Kölns Straßen / © Oliver Berg ( dpa )
Quelle:
KNA