DOMRADIO.DE: Vor allem in katholischen Gegenden hat sich bis heute der Brauch gehalten, am 15. August einen Kräuterstrauß zu binden und segnen zu lassen. Was steckt dahinter?
Sr. Christa Weinrich OSB (Ordensfrau und Gartenbau-Ingenieurin): Mitte August scheint die Sonne oft noch einmal kräftig. In dieser Zeit sind die Wirkstoffe der Pflanzen besonders konzentriert. Das ist der ideale Moment, um Kräuter zu sammeln. Viele Pflanzen, die unserer Gesundheit dienen, stehen jetzt zudem in voller Blüte.
DOMRADIO.DE: Und wie hängt dieser Brauch mit dem christlichen Fest Mariä Himmelfahrt zusammen?
Weinrich: Das Datum selbst geht bis in vorchristliche Zeit zurück. Ob es exakt der 15. August war, lässt sich nicht sagen. Aber um diese Zeit sammelten bereits Germanen und Kelten Kräuter und weihten sie ihren Gottheiten – meist der Göttin Freya.
DOMRADIO.DE: Heute ist die Weihe Maria gewidmet. Wie kam es dazu?
Weinrich: In den ersten Jahrhunderten des Christentums war die Kräuterweihe zunächst verboten, weil sie als heidnisches Relikt galt. Die Menschen hielten dennoch daran fest – schlicht, weil die Kräuter in dieser Zeit besonders wirksam sind. Schließlich wurde der Brauch umgedeutet und Maria geweiht. Der Termin blieb bestehen und wurde auf den 15. August festgelegt.
DOMRADIO.DE: Was kommt in einen Kräuterbüschel zu Mariä Himmelfahrt?
Weinrich: Das variiert je nach Region. Grundsätzlich kann man alles verwenden, was im Garten blüht, Heilkräfte besitzt oder einfach schön aussieht. In den letzten Jahren sind vermehrt auch Zierblumen hinzugekommen, die zwar keine medizinische Wirkung haben, aber die Seele erfreuen – und auch das ist eine Form von Heilung.
Deshalb dürfen sie den Strauß bereichern, damit er auch optisch ein Fest ist. Traditionell haben sich in vielen Gegenden sieben Hauptkräuter etabliert: die Königskerze, die in der Mitte stehen soll, Beifuß, Wermut, Kamille oder Mutterkraut (eine Kamillenart), Johanniskraut, Salbei und Ringelblume.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.