Mandelas Enkelin will Erbe des Freiheitskämpfers fortsetzen

Bürgerrechtsaktivistin Ndileka Mandela in großen Fußstapfen

Das Bild machte Geschichte: Am 11. Februar 1990 marschierte Nelson Mandela mit gereckter Faust in die Freiheit. 30 Jahre später appelliert seine älteste Enkelin, das Friedensprojekt ihres Großvaters fortzusetzen.

Autor/in:
Markus Schönherr
2011: Südafrikas früherer Präsident Nelson Mandela und seine Enkelin Ndileka Mandela reichen sich die Hände  / © Elmond Jiyane (dpa)
2011: Südafrikas früherer Präsident Nelson Mandela und seine Enkelin Ndileka Mandela reichen sich die Hände / © Elmond Jiyane ( dpa )

"In dem Moment, in dem wir uns zum ersten Mal sahen, wurden wir zu Freunden: Ich und der große Mann, den ich durch eine Glasscheibe küsste und berührte." Noch gut erinnert sich Ndileka Mandela an jenen Tag im Jahr 1981, an dem sie ihren Großvater kennenlernte. Damals war sie 16 Jahre alt, gerade alt genug geworden, um die Gefängnisinsel Robben Island vor Kapstadt betreten zu dürfen. Und der Mann hinter Gittern? Er war noch weit davon entfernt, Friedensnobelpreisträger und erster demokratisch gewählter Präsident seines Landes zu werden.

Zum 30. Jahrestag von Nelson Mandelas Freilassung und der Wiederzulassung des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) erinnert Mandelas Enkelin nun an das Wirken des Anti-Apartheid-Aktivisten - und weshalb seine politischen Erben auf seinen Weg zurückfinden sollten.

27 Jahre politischer Haft enden

Die Faust in die Luft gereckt, an der Seite seiner Frau Winnie marschierte Nelson Mandela am 11. Februar 1990 in die Freiheit. Der Tag läutete nach mehr als 60 Jahren Rassentrennung die Demokratie in Südafrika ein. Für Mandela endeten damit 27 Jahre politischer Haft.

Die Zeit hatte ihn ergrauen lassen und seinen Körper geschwächt, doch seinen Willen, für eine multikulturelle, gleichberechtigte Nation einzutreten, nur gestärkt.

Selbst die Tatsache, dass das Apartheidregime ihm 1969 die Teilnahme an der Beerdigung seines Sohns, Ndilekas Vater, verweigerte, konnte den Friedensaktivisten nicht brechen. Nach seiner Freilassung suchte Mandela Versöhnung statt Rache. "Hass verdirbt und vergiftet dich und derjenige, gegen den du Groll hegst, hat die Macht über dich", erzählt Ndileka. Und eines wollte Mandela keinesfalls: dass seine Kerkermeister weiter Macht über ihn hätten.

Erste demokratische Wahlen

Vier Jahre, nachdem der ANC-Bann aufgehoben und Mandela freigelassen wurde, kam es in Südafrika zu den ersten demokratischen Wahlen. Bürgeraktivistin und Buchautorin Ndileka Mandela sieht seither große Fortschritte: Die Südafrikaner lebten als multikulturelle, multireligiöse und multiethnische Nation zusammen. "Wir sind das einzige Land auf der Welt mit elf offiziellen Sprachen, das untermauert unseren Vielvölkerstaat."

Allerdings plagten den jungen Schwellenstaat auch etliche Probleme: 55 Prozent leben in Armut, etwa 30 Prozent sind arbeitslos. Die Einkommensschere steht so weit offen wie nirgendwo sonst. Hinzu kommen die Korruptionsskandale der vergangenen Jahre, die eine Richterkommission jetzt nach und nach aufdeckt. "Vor allem unter Jugendlichen sind Armut und Arbeitslosigkeit weit verbreitet", sagt Ndileka. "Grund dafür sind Gier, Egoismus und Korruption unserer sogenannten Anführer, die die Bedeutung dieses Wortes vergessen haben: Wer führen will, muss den Interessen des Volks dienen statt seiner eigenen."

Um Armut zu besiegen und Vertrauen zurückzugewinnen, müsse der ANC unter Präsident Cyril Ramaphosa wieder auf das Rezept seiner Gründungsväter setzen: Ethische Führung, Rechenschaft, Verantwortung, ein moralischer Kompass und Kompetenz. "Das waren nicht bloß die Werte meines Großvaters, sie sind gleichzeitig der Inbegriff guter Regierungsführung", so die Mitt-Fünfzigerin.

Nachname ist Fluch und Segen zugleich

Ndileka Mandela will ihren Teil zu einem besseren Südafrika beitragen. Angespornt durch ihre beiden Großeltern gründete sie die nach ihrem Vater benannte Thembekile Mandela-Stiftung, mit der sie sich in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Jugendentwicklung engagiert. Ihr Nachname ist dabei Fluch und Segen zugleich. "Ich werde fortdauernd an meinem Großvater gemessen. Das kann manchmal frustrierend sein, da ich eine eigenständige Person bin."

Zudem müsse sie als älteste Mandela-Enkelin stets mit gutem Beispiel vorangehen - nicht einfach bei einer Familie, die sich zuweilen als "eigen- und starrsinnig" präsentiert. Doch der Name Mandela öffne auch Türen: "Zu den Privilegien zählt eindeutig, dass ich reisen und die Mandela-Familie oder eine ihrer Gedenkinstitutionen auf der ganzen Welt vertreten kann." Die Begegnung mit den führenden Köpfen komme wiederum ihrem Aktivismus zugute.


Nelson Mandela / © N.N. (KNA)
Nelson Mandela / © N.N. ( KNA )
Quelle:
KNA