"Brot statt Böller" ruft zur Spende des Feuerwerksgeldes auf

"Man kann damit auch Sinn stiften"

In diesem Jahr gibt es kein Silvesterfeuerwerk zu kaufen. Und wer noch welches hat, wurde gebeten, es nicht zu benutzen. Die Aktion "Brot statt Böller" des evangelischen Hilfswerks "Brot für die Welt" wirbt schon lange dafür, das Geld lieber zu spenden.

Abgebrannte Silvester-Böller / © Kay Nietfeld (dpa)
Abgebrannte Silvester-Böller / © Kay Nietfeld ( dpa )

DOMRADIO.DE: Vielleicht erklären Sie noch mal ganz kurz. Was macht "Brot statt Böller" denn eigentlich jedes Jahr? Was möchten Sie erreichen?

Cornelia Füllkrug-Weitzel (Präsidentin von "Brot für die Welt"): Das ist eine Aktion, die es schon weit über 20 Jahre gibt. Sie hat einmal eine Kirchengemeinde erfunden. Dabei geht es schlicht darum, statt sinnlos Geld in die Luft zu ballern – immerhin waren es im letzten Jahr 130 Millionen Euro in Deutschland – das Geld in langlebige, nachhaltige, sinnstiftende und Freude bereitende Zwecke zu investieren, nämlich in die Hungerbekämpfung und in die Bekämpfung von Armut. Damit kann man Kindern eine Zukunft schenken.

DOMRADIO.DE: Jetzt ist es in diesem Jahr so, dass gar kein Geld für Böller ausgegeben wurde. Man konnte ja keine Böller kaufen, zumindest hier nicht. Dennoch kann man schlecht sagen, dass jetzt alles gut ist, oder?

Füllkrug-Weitzel: Viele Leute sparen sich das ja durchaus zusammen und legen das für das Jahresende zurück. Das Geld, was sie verböllern möchten, haben Sie jetzt. Wir laden sie dazu ein und rufen sie dazu auf, das Geld jetzt zu spenden. Denn: In anderen Teilen der Welt sind aufgrund der Folgen der Pandemie Menschen wirklich an den existenziellen Abgrund geraten. Das kann man sich hier überhaupt nicht vorstellen, was in anderen Teilen der Welt los ist. Die Zahl der extrem Hungernden, das heißt der vom Hungertod Bedrohten, hat sich verdoppelt. Die Zahl der extrem Armen steigt unablässig.

Da macht es jede Menge Sinn zu sagen: Mensch, das Geld habe ich ja jetzt für nichts anderes gebraucht und damit könnte ich wirklich Menschen helfen, die eben keinen Rettungsschirm und keine sozialen Sicherungssysteme haben und die jetzt einfach vor dem Nichts stehen, weil sie täglich nicht zur Arbeit gehen können.

DOMRADIO.DE: Aber jetzt ist es ja in diesem Jahr so, dass nicht geböllert wird. Haben Sie dann Angst, dass die Spendenbereitschaft vielleicht auch nachlässt, weil man gar nicht erst darauf aufmerksam gemacht wird, dass dieses gesparte Geld auch für Hilfswerke gespendet werden könnte, wie zum Beispiel "Brot für die Welt"?

Füllkrug-Weitzel: Ja, deswegen gibt es ja "Brot statt Böller", um genau darauf aufmerksam zu machen. Man kann damit auch Sinn stiften. Und man kann damit tatsächlich Menschen davor bewahren, völlig ihre Existenzgrundlage zu verlieren und ihnen helfen zu überleben. Ich glaube, etwas Schöneres gibt es nicht fürs neue Jahr, als zu sagen: Ich habe einer Familie oder zwei Familien zum Beispiel in Kenia geholfen, mindestens für einen Monat Lebensmittel und Hygienepakete zu haben, und ich habe dafür die 40 Euro gespendet, die ich nicht verschossen habe.

DOMRADIO.DE: Also glauben Sie, dass da trotzdem auch dieses Jahr einiges zusammenkommt?

Füllkrug-Weitzel: Ich hoffe das, ja. Ich habe sogar mehr Hoffnung als in den vergangenen Jahren, falls das Verzichten manchen dann doch schwerfällt, aber in diesem Fall ist der Verzicht ja auferlegt. Das Geld ist da und es wird extrem dringend benötigt. Die Auswirkungen der Corona- Pandemie in Afrika, Asien, Lateinamerika sind dramatischer, als hier überhaupt jemand davon träumen kann.

DOMRADIO.DE: Im vergangenen Jahr wurden allein in Deutschland Feuerwerk und Böller im Wert von über 130 Millionen Euro verkauft. Auch die Umwelt freut sich ja, wenn nicht geböllert wird. Wieviel Feinstaub "sparen" wir dieses Jahr dadurch, dass nicht geböllert wird?

Füllkrug-Weitzel: Wir sparen 2.050 Tonnen Feinstaub an Silvester. Das ist die jährliche Zahl. Das entspricht ungefähr einem Prozent der insgesamt freigesetzten Menge von Feinstaub in Deutschland in so einem Jahr laut Aussagen des Umweltbundesamtes. Das macht also schon einen richtig großen Unterschied.

Das Interview führte Michelle Olion.


Cornelia Füllkrug-Weitzel / © Hermann Bredehorst (Brot für die Welt)
Quelle:
DR