Weshalb es keine Verschärfungen für Gottesdienste gibt

"Man hat sich besonnen"

Für Veranstaltungen aller Art wird es verschärfte Test- und Impfregeln geben. Eine Ausnahme machen Gottesdienste, obwohl sie in der ursprünglichen Beschlussvorlage der Bund-Länder-Konferenz mit angedacht waren. Wie kam es zu der Ausnahme?

Gottesdienstbesucher tragen eine Maske / © Fabian Sommer (dpa)
Gottesdienstbesucher tragen eine Maske / © Fabian Sommer ( dpa )

DOMRADIO.DE: Gottesdienstbesuche fallen weiterhin nicht unter die 3G-Regel. Was heißt das für die Kirchen? Weiterhin nur Maskenpflicht?

Prof. Dr. Burkhard Kämper (Justitiar und stellvertretender Leiter des Katholischen Büros NRW): Äußerlich betrachtet schon, aber die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Bundesländer werden sich darauf besonnen haben. In einem ersten Entwurf für die gestrige Konferenz war noch eine Regelung auch für die Teilnahme an Gottesdiensten oder anderen religiösen Zusammenkünften in Innenräumen vorgesehen. Man hat sich dann offensichtlich aber im Verlauf der Gespräche darauf besonnen, dass es bereits in der Vergangenheit gute Erfahrungen mit kircheneigenen Regelungen gegeben hat.

Es hat ja bundesweit, zumindest soweit mir bekannt ist, keine Auffälligkeiten, keine Inzidenzen bei Gottesdiensten oder sonstigen kirchlichen Veranstaltungen gegeben. Man hat sich dann offensichtlich darauf besonnen, dass es ausreichend ist, darauf zu vertrauen, dass die Kirchen wie bisher durch eigene Regelungen, durch eigene Vorkehrungen zu dem gleichen Ergebnis beitragen, sodass man also keine Regelungen für Kirchen benötigt.

DOMRADIO.DE: Hatten sich die Bistümer denn im Vorfeld für diese Regelung eingesetzt?

Kämper: Die Kirchen haben sich bundesweit, als es bekannt wurde, dass vorgesehen war, auch die Teilnahme an Gottesdiensten der 3G-Regel zu unterwerfen, bei den Staatskanzleien ihrer Bundesländer dafür stark gemacht, wie bisher darauf zu vertrauen, dass kircheneigene Regelungen hier ausreichend seien. Das hat offensichtlich zum Erfolg geführt.

DOMRADIO.DE: Könnte man aber nicht auch sagen, dass es eigentlich auch für die Gottesdienstbesucher und -besucherinnen sicherer wäre, wenn die 3G-Regel angewendet würde und wenn dann eben Ungeimpfte einen Test vorweisen müssten?

Kämper: Das ist völlig klar. Damit jetzt hier kein Missverständnis entsteht: Natürlich haben auch die beiden großen Kirchen das Ziel der Bundesregierung und der Landesregierungen im Auge und unterstützen es, dass es wichtig ist, zur weiteren Bewältigung der Corona-Pandemie eine höhere Impfquote zu erreichen und eben auch Maßnahmen vorzusehen, die eine Sicherheit auch von Gottesdienstbesucherinnen und Gottesdienstbesuchern zum Ergebnis haben. Das ist völlig unstreitig.

Aber wir haben eben in der Vergangenheit gesehen, dass durch eigene Regelungen die Kirchen hier auch zu gleichen Ergebnissen gut beitragen konnten und dass es keine staatlichen Regelungen für den kirchlichen Bereich bedarf. Wir glauben, dass das auch weiterhin so sein wird. Es wird natürlich erforderlich sein, auch hier die kirchlichen Regelungen, die aktuell gelten, nochmal daraufhin zu überprüfen. Es wird jetzt auch landesseitig nochmal einer Umsetzung der gestrigen Beschlüsse bedürfen. Es gilt ja nicht automatisch das, was gestern beschlossen worden ist. Das ist ein Beschluss dieser Konferenz, aber der bedarf nochmal einer Umsetzung in den Bundesländern.

Das heißt also in NRW beispielsweise muss dann die Corona-Schutzverordnung, die aktuell gilt, natürlich nochmal angepasst werden. So wie die Corona-Schutzverordnungen in den Bundesländern und auch in NRW anzupassen sind, müssen natürlich auch die kirchlichen Regelungen nochmal daraufhin überprüft werden, ob sie noch aktuell sind. Hier wird es mit Sicherheit auch Anpassungsbedarf geben.

DOMRADIO.DE: Ab dem 11. Oktober sind bis auf einige Ausnahmen die Tests tatsächlich kostenpflichtig. War das vielleicht auch ein Grund, sich gegen die 3G-Regel zu wehren, weil einigen Gläubigen dann der Gottesdienst zu teuer werden könnte?

Kämper: Das hat sicher im Hinterkopf mit eine Rolle gespielt, aber es geht nicht darum, wenn man es jetzt mal ganz hart formulieren würde, von einer Kostenpflichtigkeit des Gottesdienstbesuches zu sprechen, sondern wir haben eher umgekehrt argumentiert, ohne dass wir jetzt solche Argumente nach vorne geschoben haben. Es hat doch in der Vergangenheit gut funktioniert, dass wir mit unseren eigenen Regelungen unsere eigenen verantwortungsbewussten Gläubigen, die den Gottesdienst besuchen, erreicht haben. Wir sind wirklich fest davon überzeugt, dass das auch in Zukunft so sein wird.

DOMRADIO.DE: Das eine ist der Gottesdienstbesuch. Haben die neuen Regeln aber auch einen Einfluss auf die Chöre in den Kirchen, können die wieder singen?

Kämper: Die Chöre können ja schon jetzt singen. Es müssen nur eben bestimmte Regeln eingehalten werden, Abstandsregeln. Das ist natürlich etwas, was Chöre jetzt auch in zunehmendem Maße in Frage stellen, weil natürlich auch, da braucht man kein Geheimnis draus zu machen, gerade im kirchlichen Bereich Chöre natürlich häufig von der Altersgruppe her aus Personenkreisen zusammengesetzt sind, die wahrscheinlich inzwischen durchgeimpft sind, sodass natürlich in zunehmendem Maße Fragen aufkommen, ob es hier noch weiter erforderlich ist, an diesen Regelungen festzuhalten.

Hier gibt es aber noch keine konkreten Ergebnisse und die Interessenlage, das muss man auch zumindest für NRW sagen, ist auch da nicht einheitlich. Da gibt es unterschiedliche Sichtweisen. Tendenziell wird man natürlich hier auch gucken müssen, dass es da, wo durchgeimpfte Personen in Chören singen, möglicherweise auch zu Lockerungen kommen wird. Aber das ist jetzt jedenfalls in den gestrigen Regelungen nicht enthalten.

Das Interview führte Michelle Olion.


Dr. Burkhard Kämper (Bistum Essen)
Quelle:
DR