Malteser sehen hohe Nachfrage nach Besuchsdienst

"Es muss für beide Seiten passen"

Die Corona-Pandemie hat viele Menschen in Deutschland einsam gemacht. Doch auch jetzt - wo Kontaktbeschränkungen gefallen sind - steigt bei Sozialdiensten die Nachfrage nach Besuchsangeboten. Die Malteser im Erzbistum Köln reagieren.

Besuchsservice der Malteser mit hoher Nachfrage / © pikselstock (shutterstock)
Besuchsservice der Malteser mit hoher Nachfrage / © pikselstock ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Obwohl Kontakte wieder möglich sind, steigt die Nachfrage nach Besuchsangeboten. Was glauben Sie, woran das liegt?

Kerstin Fischer (Referentin für soziales Ehrenamt bei den Maltesern im Erzbistum Köln): Die Nachfrage ist wirklich deutlich gestiegen. Wir können im Bereich soziales Ehrenamt gerade sehr viele neue Dienste starten im Bereich persönlicher Kontakt. Das sind zum Beispiel unsere Besuchs- und Begleitungsdienste.

Kerstin Fischer, Malteser im Erzbistum Köln

"Ich glaube, durch Corona ist noch mal deutlich geworden, wie wichtig der zwischenmenschliche Kontakt ist."

Wir sind gerade dabei, einen solchen Dienst in der Stadt-Niederlassung Hennef aufzubauen, weil dort aus unserem Telefon-Besuchsdienst, der gerade zu Zeiten von Corona sehr groß geworden ist, immer wieder die Nachfrage kam: Wir sind so einsam zu Hause und wir möchten gerne nicht nur telefonisch kontaktiert werden, sondern wir möchten wirklich jemanden in Person vor uns haben und gemeinsame Freizeit verbringen. Das stellen wir nicht nur in Hennef fest, sondern an vielen Orten. Ich glaube, durch Corona ist noch mal deutlich geworden, wie wichtig der zwischenmenschliche Kontakt ist. Den kann man nicht nur übers Telefon abbilden. Von daher sind wir gerade dabei, viele neue Dienste in dem Bereich aufzubauen.

DOMRADIO.DE: Gehen Ihnen dann jetzt die Ehrenamtler aus?

Fischer: Nein, das kann ich gar nicht sagen. Gerade durch Corona ist es so, dass die Hilfsbereitschaft deutlich zugenommen hat. Ich hatte auch eher so die Befürchtung, es lässt nach, wenn Corona jetzt - hoffentlich - eher in den letzten Zügen ist, dass die Menschen dann auch eher wieder ihrem Alltag nachgehen. Aber nein, das ist nicht so! Es gibt sehr viel Anfrage von Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren wollen.

Kerstin Fischer, Malteser im Erzbistum Köln

"Erst wenn das wirklich passt und beide Zufriedenheit äußern, kann man sagen, dass dieser Dienst dann auch läuft."

Und es ist so, dass die Menschen bei uns - das ist schon besonders bei den Maltesern - sehr gut auf ihre Tätigkeit vorbereitet werden. Es gibt zahlreiche Schulungen, die wir anbieten, damit die Menschen dann auch fit in ihren Dienst gehen. Im Rahmen dieser Schulungen lerne ich die Ehrenamtlichen oder zukünftigen Ehrenamtlichen auch immer kennen. Wir haben eine ganz große Range von Menschen zwischen 18 bis 95, die einfach ihre Lebenszeit verschenken wollen, noch mal eine sinnvolle Tätigkeit suchen und selber auch festgestellt haben, wie wichtig zwischenmenschliche Kontakte sind.

Malteser in Deutschland

Die Gemeinschaft der Malteser geht zurück auf ein vom seligen Gerhard gegründetes Hospiz in Jerusalem. Dessen Bruderschaft schlossen sich 1099 die ersten Ritter aus dem Abendland an. 1113 wurde der Orden vom Papst bestätigt. Durch die Jahrhunderte verlagerte sich der Hauptsitz über Rhodos nach Malta – daher der Name "Malteser" – und schließlich nach Rom. Ab 1310 wurde ein Hospital- und Sanitätswesen aufgebaut, das die weltweite Bekanntheit des Malteserordens begründete.

Eine Person mit einer Jacke des Malteser Hilfsdienstes, auf der das Logo mit dem Malteserkreuz angebracht ist, beim Gottesdienst zu Fronleichnam am 11. Juni 2020 in Köln. / © Harald Oppitz (KNA)
Eine Person mit einer Jacke des Malteser Hilfsdienstes, auf der das Logo mit dem Malteserkreuz angebracht ist, beim Gottesdienst zu Fronleichnam am 11. Juni 2020 in Köln. / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wie läuft denn so ein Besuch in der Regel ab oder kann man das gar nicht so pauschal sagen?

Fischer: Das Ganze hat schon einen bestimmten Rahmen. Die Menschen werden zu Hause besucht, wenn sie das wünschen, dann gibt es Freizeitaktivitäten. Bereiche wie Pflege oder Hauswirtschaft haben wir definitiv ausgeschlossen. Das ist bei uns definitiv nicht im Dienst inbegriffen. Aber die Menschen können sich gemeinsam mit ihrem Helfenden überlegen: Wie verbringe ich die Freizeit? Möchte ich spazieren gehen? Möchte ich einen Kaffee trinken? Wollen wir über irgendein interessantes Thema diskutieren? Da sind eigentlich den Helfenden und auch den Menschen, die besucht werden, keine Grenzen gesetzt.

DOMRADIO.DE: Wie findet man heraus, wer zu wem passt? Oder ist gar keine Zeit, darüber nachzudenken, wer jetzt wohin geschickt wird?

Fischer: Doch das wird bei uns erstmal sehr gründlich erforscht. Dadurch, dass wir in den Schulungen die Helfenden kennenlernen und wir auch Gespräche mit den Zukünftigen - ich nenne sie jetzt mal - Kunden führen, ist schon gegeben, dass unsere Dienstleitungen da ein gutes Pärchen matchen. Die gucken, wie passen die Hobbys vielleicht zusammen, die Vorlieben, die Abneigungen. Wo ist der Wohnort, so dass es wohnortnah Einsätze gibt. Das wird sehr gut aus ausgelotet.

Es gibt am Anfang auch eine Erprobungsphase, wo die beiden sich erstmal kennenlernen - also der Kunde und auch der ehrenamtlich Helfende. Und erst wenn das wirklich passt und beide Zufriedenheit äußern, kann man sagen, dass dieser Dienst dann auch läuft.

DOMRADIO.DE: Welches Feedback haben Sie denn bisher schon bekommen, von beiden Seiten?

Fischer: Also von den Menschen, die wir zu Hause besuchen, bekommen wir ein durchweg positives Feedback. Sie fühlen sich nicht mehr so einsam, sie haben wieder Anteil am sozialen Leben. Das ist sehr positiv besetzt. Und auch von den Helfenden höre ich Positives und erlebe das auch in den Schulungen. Ich habe da 18-jährige, wo ich sagen muss: Chapeau! Die sagen mir: Ich habe schon so viel Positives erlebt in meinem Leben und möchte wieder was zurückgeben. Und ich habe auch 95-jährige, die sagen: Ich bin jetzt noch nicht so weit, dass ich selber Hilfe brauche, ich möchte lieber noch helfen. Die haben noch mal eine interessante, eine sinnstiftende Aufgabe gefunden. Die freuen sich, die gestalten die Dienste mit. Das ist echt ein sehr positives Feedback.

Kerstin Fischer, Malteser im Erzbistum Köln

Es ist so, dass immer mehr Bedarf ist an zwischenmenschlicher Beziehungen oder zwischenmenschlichem Kontakt.

DOMRADIO.DE: Warum sind Aktionen wie diese so besonders wichtig?

Fischer: Wichtig finde ich, dass wir jetzt immer wieder neue Dienste aufbauen, denn wir haben eine zunehmend alternde Gesellschaft. Und es ist so, dass immer mehr Bedarf ist an zwischenmenschlicher Beziehungen oder zwischenmenschlichem Kontakt. Von daher versuchen wir immer, dort Dienste aufzubauen, wo eben die Nachfrage besteht. Und dann sind solche Aktionen eben einfach wichtig. Denn wir suchen natürlich nicht nur die Menschen, die besucht werden wollen, wir suchen natürlich auch Helfende, die sagen: Ich bin bereit, ich möchte gerne in einen Haushalt gehen, jemanden besuchen oder aber: Ich möchte auch sogar in der Dienstleitung tätig werden. Wobei auch hier immer eine gute Einarbeitung Voraussetzung ist.

Das Interview führte Dagmar Peters.

Quelle:
DR