Zwei Männer fegen akkurat das Herbstlaub auf dem Hof der Erstaufnahme-Einrichtung zusammen. Es sind Flüchtlinge aus Syrien, die vor Kurzem in Leipzig gestrandet sind. Ihr vorläufiges Zuhause ist das ehemalige Lehrlingswohnheim, das die Malteser in Leipzig-Dölitz für gut 430 Asylbewerber betreiben.
Die katholische Hilfsorganisation betreut in Sachsen zudem die Erstaufnahme-Unterkünfte in Chemnitz und Schneeberg - insgesamt Plätze für mehr als 2.100 Menschen. Mit ihrem umfangreichen Konzept sind die Malteser zwar nicht die günstigste Variante für den Freistaat, wohl aber eine verlässliche, die frühe Integration und friedliches Miteinander erfolgreich praktiziert.
Verschiedene Beschäftigungsangebote
Fußball-Training, Yoga für Frauen, Schach, Kickerturnier, Tischtennis, Stricken, Museumsbesuch, Fahrt zur Stadtbibliothek - eine große Pinnwand in der Unterkunft informiert über die Freizeitangebote. In Kürze kommt noch Boxen hinzu. "Dank vieler Ehrenamtlicher, auch Vereine, können wir unsern Bewohnern eine ganze Palette anbieten", sagt der Leiter der Unterkunft, Tassilo Wolff-Metternich.
"Beschäftigung ist sehr wichtig. Wir binden unsere Bewohner auch bei kleineren Tätigkeiten ein, wie Hofsäuberung, Betreuung der Wäscherei, einige sind hier als Frisöre aktiv." Das alles, ebenso wie ein strukturierter Tagesablauf, helfe, den Flüchtlingen einen Wiedereinstieg in ein geregeltes (Arbeits)leben zu erleichtern. "Und es hilft, einen Teil der Fluchttraumata zu verarbeiten", so der 28-jährige Wolff-Metternich. Dazu gehört auch, dass die Flüchtlinge Rückzugsräume haben, um zur Ruhe zu kommen. Familien werden in separaten Räumen untergebracht.
Trennung nach Geschlecht und Ethnien
Ebenso ist eine Trennung nach Geschlecht und Ethnien bei den Maltesern bewährter Standard, der möglichst umgesetzt wird. Bis zu acht Menschen teilen sich einen Raum. Jeder hat ein Bett, einen Stuhl, einen Stahlspind aus Bundeswehr-Altbeständen. Ein Mutter-Kind-Raum bietet Still- und Wickelmöglichkeiten, auch eine Hebamme ist regelmäßig dort. Sogar einen eigenen kleinen Kindergarten gibt es für die rund 100 Kinder in der Einrichtung. "Viele kommen hierher, wenn ihre Eltern zum Deutschkurs gehen", berichtet ein Erzieher. "Die Kleinen lernen das bei uns. Sie saugen alles auf wie ein Schwamm."
Fünf Tage die Woche bieten die Malteser Deutschunterricht für alle Altersklassen an. Das rege angenommene Angebot ist keine Selbstverständlichkeit. Viele Asylbewerber müssen andernorts Monate bis zur ersten Deutschstunde warten. Daneben gibt es zwei permanent geöffnete Gebetsräume: einen für Muslime mit Gebetsteppichen und Orientierung gen Mekka, einen für Christen mit mehrsprachigen Bibeln, einem Misereor-Hungertuch an der Wand, Stühlen und einem schmalen Tisch, der einmal pro Woche als Altar dient.
Gottesdienste gehören zum Alltag
Pfarrer Bertram Wolf wechselt sich mit seinen evangelischen Kollegen wöchentlich ab, um mit den christlichen Flüchtlingen Gottesdienst zu feiern. Er findet in der Regel in englischer Sprache mit arabischer Übersetzung statt. Zur Lesung lesen der Reihe nach Flüchtlinge den entsprechenden Bibelabschnitt in ihrer Heimatsprache vor. "Manche wollen dann gar nicht mehr aufhören vorzulesen", berichtet Wolf. "Mit einem klassischen Gottesdienst ist es nicht vergleichbar. Vieles ergibt sich aus der Situation."
Am intensivsten seien die Fürbitten. Dort dürfe jeder frei seine Anliegen vortragen. "Viele beten für ihre Familien daheim", so Wolf. Einige bitten den Priester auch um Gespräche außerhalb. "Ich erlebe es als große Chance, diesen Menschen nahe zu sein." Inzwischen haben sich auch Gottesdienst-Lotsen etabliert: Sie bringen sonntags die Flüchtlinge zu Gottesdiensten in den benachbarten Pfarreien.
Planungen zum Weihnachtsfest laufen
Aktuell laufen die Überlegungen zu Weihnachten. "Wir werden es natürlich mit all unsern Bewohnern feiern, schließlich gehört es zu unserer Kultur und wir sind ein katholischer Träger", sagt Wolff-Metternich. "Wir sorgen für eine festliche Stimmung, schmücken ein wenig, und für jeden Asylbewerber wird es ein Geschenk geben." Die christliche Weihnachtsbotschaft sei schließlich in Teilen ein universeller Appell. Denn auch Jesus war ein Flüchtling.