Mainzer Missbrauchsstudie will Umfeld von Taten beleuchten

Aufklärung ab 1945

An diesem Freitag wird eine unabhängige Studie zu sexuellem Missbrauch im Bistum Mainz vorgestellt. Laut Bistum wird Bischof Peter Kohlgraf die Ergebnisse der Studie erst dann erfahren und sich am 8. März ausführlich dazu äußern.

Akten in einem Archiv / © Julia Steinbrecht (KNA)
Akten in einem Archiv / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Im Oktober 2020 hatte der beauftragte Regensburger Rechtsanwalt Ulrich Weber bereits eine Zwischenbilanz zu Missbrauchsfällen im Bistum Mainz vorgelegt. Weber sprach damals von einem "Fehlverhalten" früherer Bistumsleitungen im Umgang mit Fällen sexueller Gewalt.

Mainzer Dom / © Julia Steinbrecht (KNA)
Mainzer Dom / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Das betreffe auch die Amtszeiten der bis heute populären Kardinäle und langjährigen Mainzer Bischöfe Karl Lehmann (1983 bis 2016) und Hermann Volk (1962 bis 1982). Seit Juni 2019 ist Weber im Auftrag des Bistums Mainz damit befasst, als unabhängiger Ermittler Missbrauchsfälle in der Diözese seit 1945 aufzuklären.

Studie nimmt Umfeld in den Blick 

Weber will in seinem Bericht offenbar nicht nur Einzelfälle, sondern auch das Umfeld und die systemischen Ursachen von Missbrauchstaten in den Blick nehmen. Am Freitag betonte Weber in seiner Presseeinladung, die Studie wolle Antworten darauf geben, wie es sein konnte, dass eine Bistumsleitung "trotz klarer Indizien für eine Täterschaft Priestern ein unerschütterliches Vertrauen" entgegengebracht habe. Außerdem wolle sie beantworten, wie es möglich gewesen sei, dass ein Umfeld von Missbrauchsbetroffenen Taten von Klerikern mit deren "gutem seelsorgerischen Wirken" aufwiege und relativiere.

Peter Kohlgraf, Bischof von Mainz, in einem Gespräch in seinem Büro in Mainz am 31. März 2022. / © Bert Bostelmann (KNA)
Peter Kohlgraf, Bischof von Mainz, in einem Gespräch in seinem Büro in Mainz am 31. März 2022. / © Bert Bostelmann ( KNA )

Der seit August 2017 amtierende Mainzer Bischof Peter Kohlgraf sprach von einem "Schritt der Aufarbeitung massiven Unrechts". Kohlgraf hatte am Aschermittwoch in einer Predigt im Mainzer Dom gesagt: "Viele Menschen haben eine Seite der Kirche erlebt, die unerträglich ist."

Live übertragene Pressekonferenz

Weber will die Ergebnisse am 3. März um 11.00 Uhr in Mainz in einer auch live online übertragenen Pressekonferenz erklären. Der Bericht mit dem Titel "Erfahren - Verstehen - Vorsorgen" (EVV) soll dann auch auf Webers Internetseite (https://www.uw-recht.org/) zur Verfügung stehen.

Kohlgraf - dem die Ergebnisse der Studie laut Bistum "bis zum 3. März nicht bekannt sind", will an jenem Tag zunächst ein kurzes Pressestatement geben und sich am 8. März in einer Pressekonferenz ausführlich äußern.

Missbrauchsstudie der Deutschen Bischofskonferenz

Laut einer von der Deutschen Bischofskonferenz in Auftrag gegebenen Studie hat es in den vergangenen Jahrzehnten 3.677 Opfer sexueller Übergriffe von mindestens 1.670 Priestern gegeben. Bei den zwischen 1946 und 2014 erfassten Opfern handelte es sich überwiegend um männliche Minderjährige, mehr als die Hälfte von ihnen war zum Tatzeitpunkt jünger als 14 Jahre, wie es in der Zusammenfassung der Ergebnisse heißt.

Vorstellung der Missbrauchsstudie auf der DBK-Vollversammlung / © Arne Dedert (dpa)
Vorstellung der Missbrauchsstudie auf der DBK-Vollversammlung / © Arne Dedert ( dpa )
Quelle:
KNA