Madrid nach Ende des Weltjugendtages

Hoffen auf den WJT-Effekt

Madrid kommt nicht so rasch zur Ruhe: Inzwischen sind Papst Benedikt XVI. und die meisten der 470.000 Pilger des Weltjugendtags wieder zu Hause. Dennoch war das Zentrum der spanischen Hauptstadt auch am Montag noch immer fest in der Hand von jungen Katholiken.

Autor/in:
Manuel Meyer
 (DR)

150.000 Mitglieder des Neokatechumenalen Wegs hielten auf dem Cibeles-Platz ihr bereits traditionelles Berufungstreffen. Auf der Bühne vor dem Madrider Rathaus, von der wenige Tage zuvor noch der Papst sprach, trat jetzt Kiko Argüello auf. Der spanische Künstler gründete 1964 hier in Madrid den Neokatechumenalen Weg, ein Bildungs- und Lebensprogramm zur Glaubensunterweisung. Für die Gemeinschaft, die den christlichen Glauben durch Mission in die Welt tragen will, sind die großen Weltjugendtage wie auch andere papstnahe Großveranstaltungen ein Betätigungsfeld ersten Ranges. Umso mehr engagierten sich der Neokatechumenale Weg und andere Kirchenbewegungen finanziell, logistisch und mit einer starken Teilnehmerpräsenz bei dem Jugendtreffen in ihrem Ursprungsland Spanien.



Natürlich sehen die christlichen Gemeinschaften in der internationalen Bühne des Weltjugendtags auch eine Möglichkeit, einem sehr gläubigen, internationalen Publikum ihre Glaubensphilosophie und Lebensart näherbringen zu können. "Die vergangenen Weltjugendtage haben immer wieder gezeigt, dass sich hinterher viele Teilnehmer für ein Priesteramt und ein Leben nach dem Worte Gottes entscheiden. Auch die neuen kirchlichen Bewegungen haben danach traditionell mehr Zulauf", glaubt Madrids Erzbischof, Kardinal Antonio Maria Rouco Varela.



So waren Anhänger des Neokatechumenalen Wegs mit ihren Gitarren und Gesängen auf allen Veranstaltungen des Weltjugendtags unüberhörbar. Aber auch "Regnum Christi", ein Laien-Zweig des aus Mexiko stammenden neuen Ordens der "Legionäre Christi" bot Informationstreffen. Ebenso machte die konfessionsübergreifende Bewegung "Charismatische Erneuerung" mit Konzerten und Veranstaltungen auf sich aufmerksam, Gemeinschaften wie "Emmanuel" und die Schönstatt-Bewegung luden zu Feiern ein.



Opus Dei in Madrid

Vor allem die in Spanien gegründete Laienorganisation Opus Dei (Werk Gottes) beteiligte sich aktiv am Weltjugendtag. Die päpstliche Personalprälatur zählt weltweit 90.000 Mitglieder; von ihnen stammen 30.000 allein aus Spanien. "Ich denke, von denen haben auch alle am Weltjugendtag teilgenommen", sagt Ricardo Calleja, Direktor eines Studentenheims des Opus Dei in Madrid. Während des Weltjugendtags waren dort Dutzende freiwilliger Helfer einquartiert.



"Von den 30.000 Ehrenamtlichen dürften rund 3.000 von Opus Dei gestammt haben", meint Calleja. Diese Gemeinschaft des heiliggesprochenen Priesters Josemaria Escriva ist eine der einflussreichsten Kirchenbewegungen überhaupt in Spanien - nicht nur in der Breite, sondern vor allem durch Mitglieder in Entscheidungspositionen. Auch der Exekutivdirektor des Weltjugendtags, Yago de la Cierva, gehört zum Opus.



Halt und Zuflucht

Ricardo Calleja gibt unumwunden zu, dass das "Werk Gottes" sich vom Weltjugendtag mehr Interesse gerade seitens katholischer Studenten erhofft. Der Aufruf des Papstes, die jungen Christen sollen ihren Glauben nicht verstecken, sondern sich in Pfarreien und Bewegungen einbinden zu lassen, könnte einige ermutigen, sich Organisationen wie dem Opus Dei anzuschließen.



Das Opus wie auch andere konservative katholische Gemeinschaften steht für hohe christlich-moralische Werte in einer konsumorientierten Gesellschaft des Laissez-faire, meint Calleja. Diese Einschätzung teilt auch der Soziologe Roberto Barbeito von der Madrider Juan-Carlos-Universität: "Mit den starken laizistischen Strömungen in der spanischen Gesellschaft und Politik suchen immer mehr junge Katholiken Halt und Zuflucht bei Organisationen wie dem Opus Dei oder dem Neokatechumenalen Weg". Wer noch Entscheidungshilfe brauchte, konnte sie beim Weltjugendtag finden.