Eine Million Jugendliche feiern mit dem Papst die Vigil unter erschwerten Bedingungen

Glaubensfreude trotz Hitze und Unwetter

Der Gebetsgottesdienst mit Papst Benedikt XVI. zum Abschluss des Weltjugendtags in Madrid ist teilweise einem Gewitter zum Opfer gefallen: Eine halbe Stunde nach Beginn brach ein kräftiger Regensturm los, Benedikt XVI. verlor durch eine Bö sein weißes Scheitelkäppchen; ein weiterer Windstoß warf das Weltjugendtagskreuz um.

 (DR)

Der Papst musste seine Predigt nach wenigen Sätzen abbrechen. Zwei Helfer, unter ihnen der päpstliche Zeremonienmeister Guido Marini, waren damit bemüht, Benedikt XVI.

mit einem Schirm zu schützen.



Gegen 21.00 Uhr betrat der Papst die Altarbühne, um mit den Teilnehmern des Weltjugendtag den Abschluss des am Dienstag eröffneten Glaubenstreffens zu begehen. Eröffnet wurde die Zeremonie mit einer feierlichen Prozession, in der Jugendliche aus unterschiedlichen Ländern das von Johannes Paul II. gestiftete "Kreuz der Jugend" herbeitrugen und neben dem Altar aufrichteten.



Die rund eine Million Jugendlichen begrüßten den dann einsetzenden Regen mit Jubel und Ausgelassenheit. Nachdem der Papst seine Ansprache aussetzte, kamen Sprechchöre auf: "Esta es la juventud del Papa." ("Wir sind die Jugend des Papstes") Die Organisatoren versuchten es mit Humor und riefen die Menge zum Gebet gegen den Regen auf. "Es regnet schon weniger", meinte ein Moderator. "Betet mehr! Es funktioniert."



Nach 20 Minuten konnte Benedikt XVI. seine Rede fortsetzen, verzichtete aber auf die Predigt und hielt lediglich einige Grußworte in verschiedenen Sprachen. "Danke für euer Fröhlichkeit und eure Ausdauer", rief er auf Spanisch. "Der Herr schenkt euch mit dem Regen viel Segen." Auf Deutsch rief er die Jugendlichen auf, ihre Wünsche und Sehnsüchte "nicht ins Leere laufen" zu lassen, sondern sich auf Christus zu orientieren.



Bühnenarbeiter mussten aus Sicherheitsgründen Teile der Stoffverkleidung von den Gerüsten des Altaraufbaus entfernen. Benedikt XVI. erteilte ungeachtet der vorangegangenen Turbulenzen den sakramentalen Segen.



Hinweise per Twitter

Zuvor hatte die Polizei auch per Twitter Hinweise an die Teilnehmer gesendet. Unter anderem wurden die Jugendlichen aufgerufen, im Gedränge Wellen und Tumulte zu vermeiden. Zudem riefen die Organisatoren per Lautsprecher dazu auf, Zelte abzubauen, weil sie Hindernisse darstellten.



Die Teilnehmer litten im Vorfeld der Vigil unter extremer Hitze. Mehr als 700 Jugendliche mussten nach Angaben des spanischen Rettungsdienstes Samur mit Hitzschlag, akutem Wassermangel oder Kreislaufproblemen behandelt werden. Die Lufttemperatur auf dem Veranstaltungsgelände "Cuatro Vientos" lag bei 38 Grad.



Der Rettungsdienst ist mit acht mobilen Lazaretten sowie 400 Ärzten und Sanitätern vor Ort. Mitarbeiter des Roten Kreuzes forderten die Pilger auf, mindestens drei bis vier Liter Wasser zu trinken. Die Feuerwehr beregnete an einigen Stellen die Menge aus Löschschläuchen, um den Jugendlichen Abkühlung zu verschaffen.



Stunden vergeblich um Trinkwasser angestanden

Teilnehmer erzählten, sie hätten zwei Stunden vergeblich um Trinkwasser angestanden. Viele Weltjugendtagsgäste hatten Strandschirme mitgebracht, können sie aber in dem ausgetrockneten Boden nicht verankern.



Nach Angaben der Organisatoren sollten mehrere Hunderttausend Wasserflaschen zur Verteilung an die Jugendlichen bereitstehen. Zahlreiche Teilnehmer auf dem Areal sind offenbar inzwischen aber darauf angewiesen, Mineralwasser in Halbliterflaschen zu zwei Euro zu kaufen.



Zu dem Abendgebet, das als atmosphärischer Höhepunkt der Weltjugendtage gilt, war auch Spaniens Thronfolger Felipe mit seiner Gemahlin Letizia gekommen. Daneben hatten sich zahlreiche Kardinäle und Bischöfe eingefunden.





Besuch in der grünen Lunge

Am Morgen hatte Benedikt XVI. einen Ausflug in den Park El Retiro unternommen, die grüne Lunge Madrids. Dort findet seit vergangenem Sonntag ein "Fest der Vergebung" statt, bei dem die jungen Katholiken an 200 futuristischen "Beichtsegeln" bei Priestern unterschiedlicher Nationen ihre Sünden bekennen und Vergebung im Namen der Kirche empfangen können. Der 84-jährige Papst nahm für etwa eine halbe Stunde die Rolle eines Beichtvaters ein und spendete drei Jugendlichen das Bußsakrament.



Anschließend feierte Benedikt XVI. in der Kathedrale der Hauptstadt eine Messe mit angehenden Priestern aus aller Welt. In der Basilika selbst finden 1.300 Personen Platz; rund 3.000 Seminaristen verfolgen den Gottesdienst draußen vor Großbildschirmen. Die Geschichte der Kirche "Santa Maria la Real de la Almudena" nahe dem Königspalast ist mit dem Begründer der Weltjugendtage, Papst Johannes Paul II. (1978-2005), besonders verbunden: Er weihte sie 1993 ein.



Benedikt XVI. erhob bei der Messe den spanischen Theologen und Prediger Johannes von Avila (1499-1569) zum Kirchenlehrer, das teilte er selbst in der Almudena-Kathedrale von Madrid mit. Johannes von Avila, Autor mehrerer theologischer Schriften, war 1894 selig- und 1970 heiliggesprochen worden. Er wird auch als "Apostel von Andalusien" bezeichnet. Die letzte Erhebung in den Stand des Kirchenlehrers galt 1997 der heiligen Therese von Lisieux (1873-97).



Zehn Kilometer zu Fuß

Mittags war Benedikt XVI. in der Residenz von Madrids Kardinal Antonio Maria Rouco Varela zu Gast. An dem Mittagessen nahmen auch die übrigen spanischen Kardinäle sowie die Bischöfe der Provinz Madrid teil.



Kurz traf der Papst mit Oppositionsführer Mariano Rajoy Brey zusammen Die Begegnung mit dem Chef des konservativen Partido Popular dauerte nach vatikanischen Angaben etwa zehn Minuten.



Vatikansprecher Federico Lombardi sagte vor Journalisten, der Termin sei wegen der hohen ninstitutionelle Bedeutung des Oppositionsführers in der spanischen Politik ins Programm genommen worden. Ähnlich habe Johannes Paul II. bei seinem Spanienbesuch 2003 mit dem damaligen Oppositionsführer und jetzigen Ministerpräsidenten Jose Luis Rodriguez Zapatero gesprochen. Generell handle es sich um Höflichkeitsbegegnungen, bei denen keine Entscheidungen getroffen würden.



Nach spanischen Medien ging es bei der Unterhaltung zwischen Rajoy und dem Papst um die schwierige Wirtschaftslage des Landes. Rajoy kam in Begleitung seiner Ehefrau Elvira Fernandez. Als Geschenk überreichte er ihm zwei CDs mit gregorianischen Gesängen aus der nordspanischen Benediktinerabtei Santo Domingo de Silos.



Der Politiker war Benedikt XVI. bereits im Juli 2006 in Valencia und im November 2010 in Santiago de Compostela begegnet. Rajoy gilt als Spitzenkandidat für das Regierungsamt bei den bevorstehenden Wahlen im November.



Papst spricht mit norwegischen Jugendlichen über Utoya-Massaker

Papst Benedikt XVI. will beim Weltjugendtag außerplanmäßig mit norwegischen Jugendlichen zusammentreffen, um ihnen seine Anteilnahme an dem Massaker von Oslo und Utoya zu bekunden. Wie Vatikansprecher Federico Lombardi am Samstag in Madrid erklärte, wolle der Papst den jungen Norwegern ein "Botschaft der Ermutigung" angesichts der "großen Tragödie" geben. Die Begegnung ist vor dem Beginn der Gebetsfeier geplant, die am Samstagabend mit voraussichtlich einer Million Menschen auf einem Flughafengelände stattfindet.



Lombardi sagte weiter, für die von Benedikt XVI. angekündigte Erhebung des spanischen Theologen Johannes von Avila (1499-1569) zum Kirchenlehrer stehe noch kein Termin fest. Dieser Akt werde feierlich im Petersdom erfolgen. Der Papst hatte diese hohe und seltene Auszeichnung nach einer Messe mit Priesterseminaristen in der Kathedrale von Madrid am Samstagvormittag bekanntgegeben.



Der Vatikansprecher erklärte, die Ehrung von Johannes von Avila erfolge eher mit Rücksicht auf seine spirituellen Schriften, weniger wegen seiner theologischen Werke. Lombardi erinnerte an eine Parallele zu Therese von Lisieux (1873-97). Papst Johannes Paul II. kündigte die Erhebung der französischen Ordensfrau zur Kirchenlehrerin beim Weltjugendtag 1997 in Paris an; die feierliche Proklamation erfolgte wenige Monate später im Vatikan. Es war die bisher letzte derartige Auszeichnung.



Lombardi gab auch Details zur Beichte einiger Jugendlicher beim Papst bekannt. Demnach wurden am Samstagmorgen im Park El Retiro anders als vorgesehen vier statt drei Jugendliche zu Benedikt XVI.

vorgelassen, um ihre Sünden zu bekennen und die Vergebung zu empfangen. Laut dem Sprecher handelte es sich um zwei Franzosen, die in ihrer Muttersprache beichteten; mit einer Person aus der Schweiz habe der Papst ein Beichtgespräch auf Deutsch geführt, eine Spanierin habe auf Italienisch gebeichtet. Grund für die Zulassung einer weiteren Person war Lombardi zufolge, dass mehr Zeit zur Verfügung stand.



Der Sprecher betonte, es sei das erste Mal der Fall gewesen, dass der Papst bei einem Weltjugendtag persönlich Beichte hörte. Benedikt XVI. habe damit die Bedeutung und Aktualität dieses Sakraments hervorheben wollen, das heute bedeutend weniger praktiziert werde.



Am Sonntag endet der Weltjugendtag dann endgültig. domradio.de überträgt die Abschlussmesse mit Papst Benedikt XVI. live ab 9.20 Uhr. Am Ende dieser Messe, die den WJT beschließt, wird der Heilige Vater den Ort bekannt geben, an dem der nächste Weltjugendtag stattfinden wird.