Jesuiten bieten Ein-Minuten-Predigten online an

Locker, leicht und nicht von der Kanzel

Auf den Punkt: Bei der "One Minute Homily" (Ein-Minuten-Predigt) gibt ein Jesuit kurze Impulse zum Tagesevangelium. Die erste Predigt ist seit Aschermittwoch online. Wie funktioniert das und was sind die Schwierigkeiten?

 (DR)

DOMRADIO.DE: Sie sind eine Gruppe von zehn jüngeren Jesuiten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die mit ihren Mini-Predigten die Botschaft Jesu in verständlicher Alltagssprache ins Netz bringen wollen. Die Predigten werden an jedem Sonn- und kirchlichen Feiertag veröffentlicht. Wie kann man in einer Minute die Botschaft des Tagesevangeliums auf den Punkt bringen? Ist das überhaupt möglich?

Dag Heinrichowski SJ (Deutsche Provinz der Jesuiten): Gerade manche Texte sind nicht immer sofort verständlich. Insofern, glaube ich, ist es wichtig, – und das fällt auch uns Jesuiten manchmal schwer – einen klaren Gedanken zu haben, nicht zu viel um die Ecke zu denken, sondern sich möglichst natürlich einen Punkt rauszusuchen und den frei in die Kamera rüberzubringen.

DOMRADIO.DE: Die Idee zu den "One Minute Homilies" stammt von jungen Jesuiten aus den USA. Und Sie haben diese Idee dann im Advent für den deutschsprachigen Raum getestet. Anscheinend mit Erfolg. Wie waren denn da die Rückmeldungen und Ihre Erfahrungen?

Heinrichowski: Wir haben das im Rahmen von Instagram erstmal ausprobiert. Ich arbeite am Jesuiten-Kolleg in Berlin (Canisius-Kolleg) in der Jugendarbeit. Und wir haben dort einen Instagram-Account, wo wir versuchen, Jugendlichen Impulse zur Verfügung zu stellen. Und da ist die Idee gekommen, dieses Format auszuprobieren. Die Rückmeldung war überraschend positiv. Das ist auch über das Kolleg hinaus gut angekommen.

Wir dachten dann, für Instagram ist das Format mit knapp einer Minute Laufzeit fast zu lang, aber auf Facebook und Youtube könnte das noch ein bisschen besser laufen. Ich habe gemerkt, das macht Spaß und ist eine gute Herausforderung, wenn man sich nochmal fragt: Was ist an der Botschaft Jesu für den Alltag relevant und wie bringe ich das in einer Sprache rüber, die locker und leicht ist und nicht sperrig von der Kanzel kommt?

DOMRADIO.DE: In Ihrer "One Minute Homily" vom Aschermittwoch schauen Sie auf die Versuchung, das Fasten zur Selbstoptimierung und Performance zu nutzen. Gelingt das ohne erhobenem Zeigefinger?

Heinrichowski: Ob das gelingt, müssen andere entscheiden. Über Performance zu sprechen und sich dann im Internet mit einem Video zu präsentieren, da ist natürlich eine gewisse Spannung enthalten. Aber genau damit spielt die Predigt. Die Idee dafür steckt im Evangelium, wenn Jesus sagt, macht kein finsteres Gesicht, habt ein sauberes Gesicht, wenn ihr fastet, und direkt danach bekommt man dann ein Aschekreuz, was ja nun mal alles andere als ein sauberes Gesicht gibt.

Aber mit dieser Spannung arbeitet auch die Predigt. Es geht eben nicht darum, mir zu beweisen, dass ich alles umsetzen kann. Sondern es geht darum, die Fastenzeit zur Ehrlichkeit zu nutzen: Wo hapert es denn? Wo gelingt es mir nicht, meinen Fastenvorsatz durchzusetzen? Und dort, wo es mir nicht gelingt, kann ich Gott nochmal eine Chance geben, an mir zu handeln.

DOMRADIO.DE: Wen wollen Sie damit erreichen?

Heinrichowski: Einerseits erreichen wir über die kirchlichen Medien die Leute, die wir eh schon erreichen. Aber unsere Idee geht darüber hinaus. Wir wollen Leute erreichen, die sonntags vielleicht nicht in die Kirche kommen. Menschen, die im Netz unterwegs sind – das Netz ist für die Kirche ja manchmal noch eine Art Grenzbereich. Aber wir Jesuiten wollen auch an den Grenzen arbeiten und kirchenfernen Leuten einen Impuls geben. Menschen die denken, die Botschaft Jesu ist für sich nicht relevant. Denen wir wollen den Anstoß geben, warum die Botschaft auch für sie gute Inputs beinhaltet und warum es sich lohnt, hinzuhören.

Das Interview führte Tobias Fricke.


Quelle:
DR