Lidl-Skandal: Erzbischof Schick über Umgang mit religiösen Symbolen

"Wir fordern Toleranz ein"

Es geht nur um kleine Details, doch die Aufregung um die wegretuschierten Kreuze auf der Käsepackung beim Discounter Lidl ist riesig. Die Empörung besonders bei Christen ist groß. Sollten Christen ihre Symbole verteidigen?

Lidl-Eigenmarke sorgt für Aufregung / © Sebastian Gollnow (dpa)
Lidl-Eigenmarke sorgt für Aufregung / © Sebastian Gollnow ( dpa )

domradio.de: Warum ist es Ihnen so wichtig, dass die Kreuze nicht weg retuschiert werden, es geht ja nur um Verpackungsmaterial für Käse…

Ludwig Schick (Erzbischof von Bamberg): Wir reden hier über Wahrheit und Fälschung! Es ist Aufgabe der Kirche darauf hinzuweisen, dass es Fälschungen nicht geben darf und dass man immer der Wahrheit die Ehre geben muss. Wenn man Fotos mit Kirchen gemacht hat, auf denen Kreuze zu sehen sind, dann dürfen die nicht wegretuschiert werden.

domradio.de: Warum, glauben Sie, hat Lidl die Kreuze überhaupt wegretuschiert, Griechenland ist nun mal ein christliches Land und das Motiv waren Kirchen… Warum muss dann das Kreuz weg?

Schick: Das ist mir auch ein Rätsel. Aber diese Frage muss eigentlich Lidl beantworten…

domradio.de: Auch der Fußballverein Real Madrid wurde kritisiert, als er bei einer Reise durch ein arabisches Land das Kreuz im Vereinswappen weggelassen hat. Warum ist das Verstecken oder Weglassen von Kreuzen so ein sensibles Thema?

Schick: Generell sind religiöse Symbole ein sensibles Thema. Wahrnehmung von Religion im öffentlichen Raum ist aber wichtig und deshalb sollte man religiöse Symbole nicht wegnehmen oder wegretuschieren, sondern belassen – das ist auch ein Zeichen von gegenseitiger Toleranz innerhalb der Religion. Diese zu fördern, muss uns ein wichtiges Anliegen sein. Wir werden als Religion nur dann in Gesellschaften und weltweit zum Frieden beitragen, wenn wir gegenseitig unsere Symbole zulassen, sie anerkennen, wo auch immer sie sind. In etlichen Ländern – ich spreche zum Beispiel von Israel, von Jerusalem, da sehen Sie alle Symbole der großen abrahamitischen Religionen auf engstem Raum zusammen – das kann zur Toleranz beitragen. Sie wegzunehmen oder weg zu retuschieren – das trägt nicht zum Frieden und zum gegenseitigen Akzeptieren bei.

domradio.de: Was halten Sie in diesem Zusammenhang von Forderungen, dass wir als Christen offensiver auftreten und auf andere religiöse Befindlichkeiten weniger Rücksicht nehmen sollten?

Schick: Wir sollten unsere Symbole nach wie vor zeigen, wir stehen dazu! Das ist das Kreuz, das sind auch andere Statuen, wie etwa die Mutter Gottes. Wir sollten aber nicht offensiver oder gar aggressiver auftreten. Wir müssen den Inhalt der Symbole den Menschen immer wieder erklären und sagen, was für uns das Kreuz bedeutet, was für uns Marienstatuen bedeuten oder Heiligenfiguren. Unsere Symbole sollen im öffentlichen Raum bleiben und dass ohne Aggression und oder ohne dass wir übertrieben Propaganda dafür machen. Aber wir stehen dazu und fordern dafür Toleranz ein.

domradio.de: Mit der AfD gibt es eine Partei der selbsternannten Retter des Abendlandes. Wie kann man verhindern, dass man bei so einer Sache wie Lidl nicht von der falschen Seite Applaus bekommt oder sogar instrumentalisiert wird?

Schick: Das kann man nur, in dem man seine Auffassung "sine ira et studio" – also ohne Aggressionen und ohne übertriebenen Eifer – deutlich macht. Das versuche ich und ich denke, das dient der Wahrheit und dem inneren Frieden und der Toleranz.

Das Interview führte Mathias Peter.


Quelle:
DR