Leiter der Glaubensbehörde erhält Drohbriefe

"Wir werden Sie vernichten"

Seit seinem Amtsantritt als Leiter der Glaubensbehörde im Vatikan sorgt Kardinal Victor Fernandez für Wirbel. Offenbar nicht ohne Folgen. Denn der Papst-Vertraute erhält Drohbriefe, wie er jetzt in einem Interview erzählte.

Papst Franziskus und Victor Manuel Fernandez (r.) / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus und Victor Manuel Fernandez (r.) / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Der Chef-Dogmatiker des Papstes, Kardinal Victor Fernandez, erhält Drohbriefe. Über deren Inhalt sprach er im Interview der italienischen Zeitung "La Stampa" (Donnerstag).

Die Botschaft "Wir werden Sie vernichten" habe er dreimal erhalten, so der Argentinier, der seit September die Glaubensbehörde im Vatikan leitet. Das Gefühl, gehasst zu werden, sei nicht schön. Er selbst komme zurecht, versicherte der 61-Jährige. Das Problem sei aber, dass durch solche Reaktionen Einheit und Harmonie in der Kirche verletzt würden.

In der Kritik vor allem konservativer Kirchenvertreter

Seit geraumer Zeit steht der Chef-Dogmatiker des Papstes in der Kritik vor allem konservativer Kirchenvertreter. Vor Jahrzehnten verfasste Büchern zu Glaube und Sexualität sorgten für eine Vielzahl negativer Reaktionen, derzeit auch die Vatikan-Erklärung "Fiducia supplicans" (Das flehende Vertrauen). In der kurz vor Weihnachten veröffentlichten Erklärung der Glaubensbehörde erlaubt die katholische Kirche erstmals auch eine Segnung homosexueller Paare.

Homosexuelles Paar mit Armbändern in Regenbogenfarben / © chayanuphol (shutterstock)
Homosexuelles Paar mit Armbändern in Regenbogenfarben / © chayanuphol ( shutterstock )

Dokumente wie dieses verursachten nicht die Spaltungen in der Kirche, so Fernandez im Interview; sie brächten sie lediglich zum Vorschein.

Erneut bekräftigt der frühere Bischof von La Plata, dass solche Segnungen weder sakrilegisch noch blasphemisch sein könnten - ein häufig geäußerter Vorwurf. Sie seien ein Akt der Seelsorge, nicht der Liturgie, und sie sanktionierten weder etwas noch qualifizierten oder autorisierten oder anerkennten sie. 

Hingegen bezeichnete es Fernandez als Sakrileg oder Blasphemie, "die Kommunion mit Hass im Herzen zu empfangen oder zu akzeptieren, dass ein Mensch nur wegen seiner sexuellen Orientierung eingesperrt oder ermordet wird".

Segensdauer von 15 Sekunden

Nach teils heftigen innerkirchlichen Reaktionen sah sich der Vatikan in der vergangenen Woche zu weiteren Ausführungen zu "Fiducia supplicans" gezwungen. Fernandez nennt darin ein praktisches Beispiel für einen solchen Segen, dessen Dauer in diesem Fall mit 10 bis 15 Sekunden angegeben ist. Diese kurze Zeitspanne sorgte wiederum in liberalen kirchlichen Kreisen für Empörung.

Priester Heiner Dresen segnet ein homosexuelles Paar beim Segnungsgottesdienst mit dem Titel Liebe gewinnt in der Kirche Sankt Martin in Geldern am 6. Mai 2021. / © Rudolf Wichert (KNA)
Priester Heiner Dresen segnet ein homosexuelles Paar beim Segnungsgottesdienst mit dem Titel Liebe gewinnt in der Kirche Sankt Martin in Geldern am 6. Mai 2021. / © Rudolf Wichert ( KNA )

Eines der Merkmale der nicht-rituellen Art solcher Segnungen sei ihre kurze Dauer, bekräftigte Fernandez nun. "Ich wusste, dass man sich über dieses 15-Sekunden-Detail lustig machen würde; aber ich bin das Risiko eingegangen, um deutlich zu machen, dass mit diesen Segnungen nicht die Welt untergeht."

Glaubenskongregation

Die Glaubenskongregation ist die älteste und in dogmatischen Fragen höchste vatikanische Kurienbehörde. 1542 unter Papst Paul III. als "Kongregation der Römischen und Universalen Inquisition" ins Leben gerufen, sollte sie nach der Reformation den katholischen Glauben rein erhalten, Glaubensverstöße untersuchen und gegebenenfalls bestrafen. 1908 wurde die Inquisitions-Kongregation zum "Heiligen Offizium".

Gebäude der Kongregation für die Glaubenslehre, Palazzo del Sant Uffizio / © Romano Siciliani (KNA)
Gebäude der Kongregation für die Glaubenslehre, Palazzo del Sant Uffizio / © Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA