Lehmann beklagt Abstumpfung gegenüber letzten Fragen

Keine Frage nach dem Warum und Wohin

Der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, hat eine Abstumpfung gegenüber den letzten Fragen von Leben, Sterben und Endgericht beklagt. Unheil, Unglück und Tod erschienen oft wie Naturkatastrophen, die keine Frage nach dem Warum und Wohin erlaubten, so Lehmann.

 (DR)

Demgegenüber hob der Kardinal die Bedeutung der christlichen Hoffnung auf ein ewiges Leben hervor. Lehmann äußerte sich am Samstag in Berlin zum Abschluss eines dreitägigen internationalen Symposiums des Guardini-Kollegs in der Humboldt-Universität zu Berlin.

Es scheine, dass das "Wahrnehmungsvermögen und der Sinn schon für die Frage nach so etwas wie "ewiges Leben" beinahe ausgetrocknet sind", sagte Lehmann. Die christliche Besinnung auf das ewige Leben entleere nicht das diesseitige Leben "durch falsche Träume über ein Jenseits". Stattdessen mache es den Menschen dazu bereit, "das sterbliche Leben ganz anzunehmen, ohne ihm jedoch zu verfallen".



Zugleich hob der Bischof die geschichtliche und gesellschaftliche Bedeutung einer Lehre vom ewigen Leben hervor. "Einzig nämlich im unvergesslichen Gedenken Gottes sind die Namen derer unauslöschlich eingeschrieben, die wir Menschen oft vergessen, verachten und übersehen." Nur mit ihm sei auch eine "letzte Rettung des menschlich Verlorenen, des einsam Guten, des sozial "Unnützen" und des unheilbar Kranken verheißen".



Der Christ sei der Überzeugung, dass Gott die Wunden heile und jede Ungerechtigkeit zurechtrücke, sagte der Kardinal. Der absolute Rang der Menschenwürde auch des geringsten Bruders sei aber nicht nur eine große endzeitliche Hoffnung, sondern habe auch eine tiefe gesellschaftliche Rückwirkung. So würden auch die anonymen Opfer der Kriege, der Hungerkatastrophen und der menschlichen Rücksichtslosigkeiten im lebendigen Gedächtnis Gottes ihren unverwechselbaren Namen behalten.