Landeskirche sagt sorgfältige Prüfung der Vorwürfe von Neuschäfer zu

Thüringens Bischof fordert differenzierte Rassismus-Debatte

In der Debatte über Rassismus in Thüringen hat der evangelische Landesbischof Christoph Kähler eine "sehr differenzierte Bewertung" einzelner Veröffentlichungen angemahnt. "Fremdenfeindlichkeit ist kein Kavaliersdelikt", sagte Kähler am Dienstag vor Journalisten in Erfurt. Zugleich erinnerte der Bischof daran, dass in der ostthüringischen Stadt Kirche und Kommune in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus in der Vergangenheit "erhebliche Erfolge erzielt" hätten.

 (DR)

Als Beispiele nannte Kähler das internationale Weltmusik-Festival TFF sowie die Verhinderung eines rechten Aufmarschs im Ortsteil Volkstedt auf maßgebliche Initiative der Kirchengemeinde. Die über Medien bekannt gewordenen Übergriffe auf die Familie des evangelischen Schulbeauftragten Reiner Andreas Neuschäfer in Rudolstadt würden von der Landeskirche «in aller Sorgfalt» geprüft, fügte der Bischof hinzu.

Der 2000 aus dem Rheinland gekommene evangelische Theologe Neuschäfer hatte im Herbst 2007 mit seiner Familie in Nordrhein-Westfalen einen «Zweitwohnsitz» bezogen. Als Begründung dafür gab er anhaltende Fremdenfeindlichkeit gegenüber den fünf Kindern und ihrer indischstämmigen Mutter an und sorgte damit bundesweit für Aufsehen.

Der Eisenacher Oberkirchenrat Christhard Wagner hatte am Dienstag ein Gespräch mit Neuschäfer geführt und ihn dabei um eine chronologische Auflistung der Vorfälle gebeten. Neuschäfer solle innerhalb einer Woche auch darüber informieren, wen er selbst um Hilfe gebeten habe «und wie dies ausgegangen ist», teilte die Landeskirche nach dem Gespräch mit.

Der Bildungsdezernent habe zudem die Erwartung geäußert, dass der Pfarrer seine Tätigkeit als Schulbeauftragter für Südthüringen «mit aller Kraft fortsetzt». Dies betreffe insbesondere die Organisation des Religionsunterrichts für das neue Schuljahr. Schließlich solle der Pfarrer gegenüber der Kirche die Vorstellungen von seiner beruflichen und privaten Perspektive erläutern.

Neuschäfer sagte dem epd, er sehe seine Zukunft weiter als Pfarrer in Thüringen. «Ich bin hier gern Schulbeauftragter», stellte er fest. Gleichzeitig sei er jedoch offen für andere Möglichkeiten. Der Zweitwohnsitz im Rheinland sei lediglich «eine Übergangslösung», fügte er hinzu. Das Treffen habe erneut unterschiedliche Auffassungen zur Fremdenfeindlichkeit verdeutlicht, ergänzte Neuschäfer. Er finde es bedauerlich, wenn Rassismus als Form des Rechtsextremismus aufgefasst und nicht als allgemeines gesellschaftliches Problem wahrgenommen werde.