Katholische Kirche in Australien auf schwierigem Reformkurs

Laien werfen Bischöfen Verzögerungstaktik vor

Anfang Mai wurde der australischen katholischen Bischofskonferenz der von ihr in Auftrag gegebene Report zur Leitungs- und Verwaltungsreform übergeben. Nun veröffentlichter Inhalt des Dokuments führt auch zu Kritik.

Den richtigen Weg nehmen / © James Wheeler (shutterstock)
Den richtigen Weg nehmen / © James Wheeler ( shutterstock )

In einem Punkt sind sich die katholischen Bischöfe, Priester und Laien sowie eine breite mediale Öffentlichkeit Australiens einig: Die Kirche befindet sich durch den Missbrauchsskandal in einer tiefen Krise.

Uneinigkeit besteht aber in der Analyse der Ursachen. Für die einen sind Klerikalismus, mangelnde Transparenz und die Dominanz der Männer die Wurzeln des Übels. Die konservativen Kräfte einschließlich ihrer publizistischen Freunde in den Medien des Presseimperiums von Medienmogul Rupert Murdoch dagegen sehen den Missbrauch von Kindern als Verfehlungen Einzelner. Eine grundlegende Reform der Kirche sei daher nicht nötig.

Mit Blick auf die Konsequenzen, die aus dem Missbrauchsskandal gezogen werden müssen, sind die Fronten denn auch verhärtet. Das zeigt auch der Umgang mit dem Report einer Expertenkommission, mit dem die Bischöfe auf die Reformempfehlungen der staatlichen Missbrauchskommission reagieren wollten. Geplant war, ihn zum Plenarkonzil im Oktober diesen Jahres zu veröffentlichen und zudiskutieren. Das wurde aber wegen der Corona-Krise inzwischen um ein Jahr verschoben.

Report: Räte paritätisch mit Frauen und Männern besetzen

"Die Verzögerung der Veröffentlichung des Berichts sendet genau die falsche Botschaft an die Gemeinden, nämlich die einer Fortsetzung der bischöflichen Kontrolle und Geheimhaltung und nicht den versprochenen neuen Geist der Inklusivität, Offenheit und Transparenz", betonte Theologieprofessor John Warhurst in einer Presseerklärung der "Concerned Catholics Canberra Goulburn".

Warhurst ist Vorsitzender dieser führenden katholischen Reformgruppe und war zudem einer der Autoren des Reports. Trotz der geplanten Verschiebung wurden Inhalte des Dokuments nun der US-Zeitschrift National Catholic Reporter (NCR) zugespielt und veröffentlicht. Diese führten auch zu kritischen Stimmen.

Zu den wesentlichen Empfehlungen des Reports gehört die Einrichtung paritätisch mit Frauen und Männern besetzter Räte auf allen Hierarchieebenen, die gemeinsam mit dem Bischof Entscheidungen treffen. Zudem sollen zur besseren Verwaltungsführung in kirchlichen Einrichtungen professionelle Managementstandards und regelmäßige Rechenschaftsberichte eingeführt werden, wie sie in Unternehmen üblich sind.

Kanonisches Recht, so die Autoren, stehe einer "wahren partizipativen Partnerschaft zwischen Laien und Klerus" für "gute Regierungsführung, Transparenz und Rechenschaftspflicht" nicht im Weg. "Richtig genutzt" biete es vielmehr Raum für "die kollaborative Beteiligung der Laien" im Einklang mit der "letztendlichen kanonischen Verantwortung eines Bischofs".

"Unsere Bischöfe hören uns immer noch nicht zu"

Einen besonderen Schwerpunkt legt der Bericht auf die Verpflichtung von Bistümern, Gemeinden und kirchlichen Institutionen zur finanziellen Transparenz. Kirchliche Einrichtungen sind bislang von der gesetzlichen Verpflichtung von Unternehmen und Organisationen zur Veröffentlichung von Bilanzen ausgenommen.

Der Frust vieler Katholiken wird aber, neben der Verschiebung, auch durch die Zusammensetzung des Plenarkonzils hervorgerufen. 70 Prozent der 276 Delegierten hätten offizielle Posten in der Kirche inne und die 76 Laiendelegierten seien von den Bischöfen hinter verschlossenen Türen ausgewählt worden, klagte die Gruppe "Katholiken für Erneuerung" im Mai. Ihr Fazit: "Unsere Bischöfe hören uns immer noch nicht zu."

Manche Bischöfe seien über die Verschiebung des Plenarkonzils um ein Jahr "nicht unglücklich", erklärte Warhurst gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "Ich denke, das erste Treffen in Adelaide hätte auch nur um sechs Monate bis März oder Mai 2021 verschoben werden sollen", meint Warhurst. "Jetzt besteht die Gefahr, dass die Dynamik verloren geht."

Theologieprofessor Massimo Faggioli, ebenfalls einer der Autoren des Reports, warnte im NCR, der Bericht werde "für viele Jahre von Theologen, Kirchenhistorikern, Experten des kanonischen Rechts und all jenen mit einem Interesse an der Verbindung von spiritueller und institutioneller Reform der Kirche diskutiert werden". Er forderte: "Bevor sie das tun, lasst die gewöhnlichen Gläubigen in Australien die ersten sein, die ihn studieren."

Von Michael Lenz


Quelle:
KNA
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