Kusch bietet wieder Suizidhilfe an - und erntet die Kritik der Deutschen Hospiz Stiftung

"Menschenverachtend"

Der frühere Hamburger Justizsenator Roger Kusch bietet nun doch weiter Sterbehilfe an. Kusch sei ein "menschenverachtender Tötungshelfer", so die Reaktion der Deutschen Hospiz Stiftung. Die Patientenschutzorganisation fordert, dem Juristen "endgültig das Handwerk" zu legen.

Autor/in:
Jana Werner
 (DR)

Er habe erneut in zwei Fällen Hilfe beim Selbstmord geleistet, sagte der 55-Jährige am Freitag in Hamburg. Weitere "20 bis 30 Personen mit konkreter Suizidabsicht" hätten sich bei ihm gemeldet. Dafür habe er eigens einen neuen Verein gegründet. Noch im Februar 2009 hatte der Jurist angekündigt, dass er keine Sterbehilfe mehr leisten wolle.

Mit seinem Rückzug vor knapp einem Jahr hatte Kusch die Konsequenzen aus einem Urteil des Hamburger Verwaltungsgerichts gezogen, das ihm kurz zuvor die Beihilfe zum Suizid untersagt hatte. "Ich finde diese Entscheidung zwar falsch, ich werde den Beschluss aber respektieren - ich biete die Suizidbegleitung nicht mehr an", zitierte das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" damals den Ex-Senator.

Dennoch wurden danach noch "zwei Personen in den Tod begleitet", sagte Kusch. Allerdings habe er dabei nicht mehr selbst den Sterbenden zur Seite gestanden, sondern anonyme Sterbehelfer seien dabei gewesen. Dieses Vorgehen wolle er weiter praktizieren und sich somit an das Verbot des Gerichts halten, sagte er.

"SterbeHilfeDeutschland"
Künftig soll die Sterbehilfe kostenlos sein und nur Mitgliedern des Kusch-Vereins "SterbeHilfeDeutschland" gewährt werden. Der Jahresbeitrag koste 100 Euro oder einmalig 1000 Euro für lebenslange Mitgliedschaft. Früher verlangte Kusch für seine Selbstmordhilfe 6500 Euro plus 1500 Euro für einen Psychiater. "Die Verknüpfung von Sterbehilfe mit einer Honorierung war ein Fehler", betonte Kusch. Ferner würden nun vier regional beauftragte Sterbebegleiter und Ärzte in Berlin, Köln, Frankfurt und Stuttgart den tödlichen Medikamenten-Mix verschreiben.

Der frühere Politiker rechnet damit, dass Polizei und Staatsanwaltschaft auch seinen neuen Verein durchleuchten werden. Er selbst sieht dafür keinen Ansatz. Sein Vorbild sei der Schweizer Verein "Exit" mit mehr als 50 000 Mitgliedern, an dem er sich "exakt" orientieren werde. Außerdem seien vor einem Jahr "hamburgspezifische Gründe das Problem gewesen". Sein neuer Verein sitze jedoch im schleswig-holsteinischen Oststeinbek. Das Hamburger Amtsgericht lehnte die Eintragung des Vereins wegen des Verdachts der "Förderung von Selbsttötung" ab.

Kusch sagte, dass er sich nicht mehr allein um "Sterbewillige mit unerträglichen Zukunftsperspektiven" kümmert. Vielmehr stehe eine zweistellige Anzahl an Vereinsmitarbeitern für die Gespräche zur Verfügung. Trotz Anfragen aus Polen und Österreich bietet er eine Vereins-Mitgliedschaft ausschließlich innerhalb Deutschlands an. "Sterbetourismus" wolle er nicht fördern, sagte Kusch.

Kritik der Deutschen Hospiz Stiftung
Die Deutsche Hospiz Stiftung hat derweil gefordert, "einem menschenverachtenden Tötungshelfer wie Kusch" endgültig das Handwerk zu legen. "Diejenigen, die geglaubt hatten, der organisierten Suizidbeihilfe sei ohne gesetzliche Regelungen beizukommen, sind nun auf entsetzliche Weise eines Besseren belehrt worden", sagte der Geschäftsführende Vorstand der Patientenschutzorganisation, Eugen Brysch. Eine Änderung des Strafrechts sei unumgänglich.

Kusch war von 2001 bis 2006 Hamburger Justizsenator unter Bürgermeister Ole von Beust (CDU) und trat bei der Bürgerschaftswahl 2008 als Spitzenkandidat der Partei Heimat Hamburg an. In den vergangenen Jahren hatte der Jurist eine bundesweite öffentliche Debatte über aktive Sterbehilfe entfacht, weil er mehrere Menschen bei der Selbsttötung begleitet hatte.