Kurschus räumt Versäumnis gegenüber Sinti und Roma ein

Auch EKD hat Schuld an Ausgrenzung

Bei der Ausgrenzung von Sinti und Roma trägt nach Worten der Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Präses Annette Kurschus, auch ihre Kirche Schuld. Kurschus äußerte sich in einem Gottesdienst im Berliner Dom.

Gedenkstätte für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma / © Michael Kappeler (dpa)
Gedenkstätte für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma / © Michael Kappeler ( dpa )
Annette Kurschus / © Paolo Galosi (epd)
Annette Kurschus / © Paolo Galosi ( epd )

"Die evangelische Kirche hat an vielen Stellen in der Geschichte Schuld auf sich geladen. Sie war daran beteiligt, Menschen zu verraten und der Verfolgung und Vernichtung auszuliefern", erklärte Kurschus am Sonntagabend. Auch in der Kirche seien antiziganistische Stereotype weitergetragen und Menschen dadurch erneut in ihrer Würde verletzt worden. "Es ist wichtig, dass wir uns mit dieser bis in die Gegenwart reichenden Schuldgeschichte der Kirchen auseinandersetzen."

In diesem Rahmen wurde eine Erklärung des EKD-Rates zur Bekämpfung von Antiziganismus, also Feindschaft gegenüber Sinti und Roma, sowie zur Zusammenarbeit mit dieser Gruppe vorgestellt. Hintergrund ist der 40. Jahrestag der Gründung des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma. Am Abend in Berlin sprachen der Zentralratsvorsitzende Romani Rose sowie die EKD-Bevollmächtigte Anne Gidion Grußworte.

Gegen Antiziganismus vorgehen

"Gemeinsam mit Angehörigen der Minderheit von Sinti und Roma wollen wir der Diskriminierung im Alltag von Kirche und Gesellschaft und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit insgesamt entgegenwirken", so Kurschus. Der Rat der EKD nehme außerdem die Arbeitsdefinition von Antiziganismus der Internationalen Allianz zum Holocaust-Gedenken (IHRA) an. Geplant seien darüber hinaus Bildungsprojekte. Zudem nehme die EKD weiterhin teil an dem bundesweiten Netzwerk "Sinti, Roma, Kirchen". Über die Mitarbeit darin sollten "Vertrauen, politischer Dialog und Zusammenarbeit auf Augenhöhe" gestärkt werden, hieß es. 

Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma / © Monika Skolimowska (dpa)
Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma / © Monika Skolimowska ( dpa )

Der Zentralrat nannte die Erklärung der EKD "historisch". Rose betonte: "Die Evangelische Kirche bekennt sich darin erstmalig in dieser offiziellen Form vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte zu ihrer Verantwortung auch für unsere Minderheit. Die EKD setzt damit ein starkes Zeichen, um den seit Jahrhunderten tief in unserer Gesellschaft verankerten Antiziganismus zu ächten und um das Bewusstsein in Kirche und Gesellschaft über den Holocaust an 500.000 ermordeten Sinti und Roma im NS-besetzten Europa zu stärken."

Sinti und Roma

"Roma" ist der international gebräuchliche und akzeptierte Oberbegriff für viele Gruppen, die in fast allen Ländern Europas leben. Er wird nach längeren internen Debatten von den meisten auch als Eigenbezeichnung genutzt.

Als "Sinti" bezeichnen sich diejenigen, die schon seit dem 15. Jahrhundert in Deutschland ansässig sind. Andere sind im 19. Jahrhundert zugewandert, sie verstehen sich nicht als Sinti, sondern als deutsche Roma.

Sinti und Roma (KNA)
Sinti und Roma / ( KNA )
Quelle:
KNA