Am 6. August 1945 explodierte über Hiroshima die erste Atombombe, drei Tage später folgte Nagasaki. Die Atombombenabwürfe markieren nicht nur das Ende des Zweiten Weltkriegs, sondern auch den Beginn eines neuen Zeitalters - des nuklearen Zeitalters. Die Katastrophe, der Tod hunderttausender Menschen sowie das kollektive Trauma, das sich daraus entwickelte, haben tiefe Spuren in der Kunst hinterlassen.
Überlebende als Zeitzeugen in der Kunst
In Japan entstanden nach 1945 zahlreiche Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen, die das unfassbare Leid der Bevölkerung dokumentieren.
Viele Überlebende, sogenannte Hibakusha, verarbeiteten ihre Erfahrungen und schufen erschütternde Bilder von verbrannten Körpern, zerfallenen Städten und leerem Himmel. Diese Werke sind einerseits Zeugnisse, andererseits Anklagen und Mahnmale. Viele von ihnen werden heute im Friedensmuseum Hiroshima ausgestellt.
Ein berühmtes Beispiel ist die Serie "Hiroshima Panels" des Künstlerpaares Iri und Toshi Maruki. Die großformatigen Bilderzyklen entstanden ab 1950 und verbinden Elemente traditioneller japanischer Malerei mit expressiver Modernität. Die Marukis zeigen brennende Menschen, tote Mütter mit Kindern, verwundete Tiere - ein kollektives Leid, das sie als weltweite Warnung verstanden wissen wollten. Die Panels sind auch auf der Webseite der Galerie der Marukis online einzusehen.
Bildhauerei und Mahnmale
Das Friedensdenkmal in Hiroshima (Genbaku Dome) ist das einzige Bauwerk, das in der Nähe des Hypozentrums der ersten Atombombe noch steht - und das sich in dem Zustand von unmittelbar nach der Explosion befindet. Die Unesco nahm es 1996 in das Weltkulturerbe auf: Das Friedensdenkmal "ist nicht nur ein starkes und kraftvolles Symbol für die zerstörerischste Kraft, die je von der Menschheit geschaffen wurde, sondern drückt auch die Hoffnung auf Weltfrieden und die endgültige Abschaffung aller Atomwaffen aus", hieß es.
Auch die Bildhauerei setzte Zeichen: Der japanisch-amerikanische Künstler Isamu Noguchi (1904-1988) wollte schon kurz nach Kriegsende ein Friedensdenkmal für Hiroshima errichten, um die Versöhnung zwischen Japan und den USA zu symbolisieren. Zwar wurde sein Entwurf damals abgelehnt, aber sein Werk prägte später die Debatte über die künstlerische Erinnerung an die Atombombenopfer.
Literatur: Vom Report bis zum Roman
In der Literatur gilt der US-amerikanische Journalist John Hersey als einer der ersten Chronisten. Sein Text "Hiroshima", 1946 im Magazin "New Yorker" erschienen, gilt als Meilenstein des literarischen Journalismus. Hersey schilderte das Inferno aus der Perspektive von sechs Überlebenden und machte das Leid greifbar, bevor die US-amerikanische Öffentlichkeit genau wusste, was in Hiroshima und Nagasaki passiert war und welche Folgen es hatte.
Der japanische Schriftsteller Masuji Ibuse (1898-1993) verarbeitete in "Schwarzer Regen" (1965) wiederum Augenzeugenberichte zu einem Roman, der die Strahlenkrankheit und das Stigma der Überlebenden beschreibt. Auch Kenzaburo Oe, Literaturnobelpreisträger von 1994, setzte sich in "Hiroshima Notes" essayistisch mit den moralischen Folgen auseinander und forderte ein globales Nachdenken über Verantwortung.
Musik als akustisches Mahnmal
Die Musik reagierte früh auf die atomare Katastrophe - vor allem in der klassischen Avantgarde und später auch im Pop- und Rockbereich.
Ein herausragendes Werk ist "Threnos für die Opfer von Hiroshima" (1960) des polnischen Komponisten Krzysztof Penderecki. Das Stück für 52 Streicher nutzt extreme Spieltechniken, Dissonanzen, Cluster und Geräusche, um Schmerz, Zerstörung und Verzweiflung hörbar zu machen.
Es ist ein intensives Klangbild von Leid, das ohne Text oder programmatische Anleitung auskommt.
In der Popmusik wurde das Thema mit anderen Mitteln verarbeitet. Ein großer Erfolg, besonders in Deutschland, war der Song "Hiroshima" von Wishful Thinking (1971). Inhaltlich beschreibt der Song eindrucksvoll die unmittelbare Zerstörungskraft der Atombombe und das unermessliche Leid, das die Explosion über die Bewohner Hiroshimas brachte.
Symbolisch steht im Text der Schatten eines Mannes für das fortbestehende Gedächtnis an die Opfer.
Nach Bomber benannter Song
Noch expliziter wird der Synthiepop-Song "Enola Gay" von Orchestral Manoeuvres in the Dark (1980). Der Songtitel verweist direkt auf den US-Bomber Enola Gay, von dem die erste Atombombe über Hiroshima abgeworfen wurde. Die Band wollte mit dem Song auf die verheerenden Folgen von Atomwaffen und Krieg aufmerksam machen und zum Nachdenken über die Folgen menschlicher Entscheidungen anregen.
Kunst und Musik geben den Opfern von Hiroshima und Nagasaki nun seit 80 Jahren eine Stimme und bewahren das unermessliche Leid jener Tage im kollektiven Gedächtnis. Sie mahnen die Vergangenheit nicht zu vergessen und sich für eine friedliche Zukunft einzusetzen.