Bedford-Strohm: Lage von Flüchtlingen an EU-Grenze wird vergessen

Kritik an Umgang in Pandemie

Die Situation von Flüchtlingen an den europäischen Außengrenzen gerät nach Worten des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, in der Corona-Pandemie in Vergessenheit.

Eine Geflüchtete trägt einen Koffer / © Photolines (shutterstock)
Eine Geflüchtete trägt einen Koffer / © Photolines ( shutterstock )

Wir seien "so sehr mit uns selbst beschäftigt", sagte Bedford-Strohm bei einem virtuellen Ortsbesuch an der bosnisch-kroatischen Grenze am Donnerstagabend. In der Region sind Tausende Schutzsuchende gestrandet, die in der Hoffnung, in die Europäische Union zu gelangen, unter verheerenden Bedingungen ausharren.

Gegen Europa und das Christentum

Was dort geschehe, widerspreche allem, wofür Europa stehe und wofür das Christentum stehe, betonte Bedford-Strohm. Wenn Deutschland und die EU die Aufgaben an den europäischen Außengrenzen an die dortigen Länder delegierten, seien sie auch in der Verantwortung, dafür zu sorgen, dass die Rechte dort geschützt würden. Europa dürfe die christlichen Werte nicht nur vor sich hertragen, sondern müsse danach handeln.

Heimliche Arbeit

Die Ärztin Kristina Hilz, die jüngst vor Ort war, um medizinische Hilfe zu leisten, sagte, die meisten der Menschen, die in Bosnien verharrten, lebten nicht in Camps, sondern in leerstehenden Häusern.

Sie habe dort nicht legal helfen dürfen, sondern nachts und versteckt arbeiten müssen. Meist sei sie bei afghanischen Familien gewesen, die "noch nicht einmal Trinkwasser hatten". Sie habe systematische "Pushbacks" erlebt, zahlreiche illegale Zurückweisungen von Männern, Frauen und Kindern, die es bereits über die Grenze in die EU geschafft hätten. Die Menschen seien von der Polizei geschlagen, gefoltert und bedroht worden, ihnen seien Handys und Geld abgenommen worden.

Kritik auch von anderen Seiten

Auch die Juristin und Menschenrechtsverteidigerin Antonia Pindulic vom Zentrum für Friedensstudien in Zagreb sagte, dass es systematisch gewalttätige «Pushbacks» gebe. «Brot für die Welt»-Präsidentin Dagmar Pruin kritisierte, dass diese Praktiken im Namen Europas passierten.

"Wir dürfen uns nicht daran gewöhnen", betonte sie. Die Veranstaltung wurde von der EKD und der Evangelischen Akademie zu Berlin ausgerichtet.


Heinrich Bedford-Strohm / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Heinrich Bedford-Strohm / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
epd