Kritik am emeritierten Papst reißt nicht ab

"Benedikt XVI. hat sich lächerlich gemacht"

Der Mitbegründer der Initiative Sauerteig in der bayerischen Kirchengemeinde in Garching an der Alz, Stefan Tiefenthaler, sieht die Glaubwürdigkeit des ehemaligen Papstes Benedikt XVI. und des katholischen Klerus massiv beschädigt.

Gesicht von Benedikt XVI. auf einem Plakat (KNA)
Gesicht von Benedikt XVI. auf einem Plakat / ( KNA )

"Benedikt hat sich mit seinen Aussagen lächerlich gemacht. Ich weiß nicht, wie die Kirche mit diesem Imageschaden klarkommen will", sagte der Physiker im Interview der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Montag). "Eigentlich müsste auch ein Papst das Gleiche tun, was Kardinal Marx getan hat: Er müsste seine persönliche Schuld eingestehen und persönlich bei den Opfern um Entschuldigung bitten. Ratzinger macht das Gegenteil und streitet persönliche Verantwortung ab."

In Garching an der Alz war mit Kenntnis höchster kirchlicher Kreise mehr als zwanzig Jahre der pädophile Priester Peter H. tätig. Die Initiative Sauerteig kämpft dafür, Pfarrgemeinden in Missbrauchsfällen künftig nicht mehr alleinzulassen.

An Geistliche höhere Ansprüche

Erzbistum München und Freising

Das Erzbistum München und Freising ist mit rund 1,61 Millionen Katholiken (Stand: Mai 2021) das größte unter den sieben bayerischen Bistümern und eine der bedeutendsten Diözesen in Deutschland. Sie erstreckt sich über eine Fläche von 12.000 Quadratkilometern vorwiegend auf Oberbayern und ging hervor aus dem Hochstift Freising, das der heilige Bonifatius 739 errichtete. Nach der Säkularisation 1821 wurde der Bischofssitz nach Münchenverlegt und die Erhebung zum Erzbistum verfügt.

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Mit Blick auf die Rolle des Münchner Kardinals Reinhard Marx sagte Tiefenthaler, Marx sei der einzige, der persönliche Verantwortung übernommen habe. "Ich möchte gar nicht, das Marx zurücktritt. Mit ihm können wir sicher noch ein paar kleine Schritte machen, auch auf dem synodalen Weg." Ihn enttäusche am meisten, dass die im Gutachten Befragten ihre Rolle relativiert und Verantwortung auf Untergebene abgeschoben hätten, obwohl ihnen die Anwälte persönliche Verstrickung nachgewiesen hätten. "Man hat an Geistliche einfach höhere Ansprüche als an andere Menschen. Und jetzt müssen wir lernen, dass viele von ihnen nicht einmal normalen Ansprüchen genügen."

Der langjährige Einsatz des Missbrauchstäters habe in der Gemeinde massive Zerrüttungen verursacht, so Tiefenthaler. "Das Thema hatte so viel Sprengstoff, dass es verboten war, im Pfarrgemeinderat darüber zu sprechen." Er warf der Leitung der Diözese Versagen bei der Einbindung der Katholiken vor. "Als Peter H. 2017 verurteilt wurde, hat man uns nicht informiert, es dauerte weitere drei Jahre, bis das vonseiten des Bistums eingeräumt wurde." Jahrzehnte lang hätten die Verantwortlichen dafür gesorgt, dass niemand etwas erfuhr, dass alles vertuscht wurde.

Stabsstelle der falsche Weg

Wenn der Münchner Generalvikar Christoph Klingan nun eine Stabsstelle schaffe, bei der sich betroffene Gemeinden melden könnten, sei das der falsche Weg. "Es ist wichtig, dass offen darüber informiert wird, was in den Pfarreien passiert ist und was passiert sein könnte. Das ist der Beginn, dass die Pfarreien sich damit beschäftigen können. Danach müssen sie durch unabhängige Personen unterstützt werden." Das Gutachten stelle dem Ordinariat jedenfalls "eine Monsteraufgabe. Aber so wie sich das bei der Pressekonferenz angehört hat, wird man nur wenig unternehmen".

Quelle:
KNA
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