Komponist Frisina glaubt an universelle Kraft der Musik

Uraufführung immer "Gänsehautmoment"

"Surrexit dominus vere - Der Herr ist wahrhaft auferstanden", so heißt das neue Osteroratorium des renommierten Komponisten Monsignore Marco Frisina. Es feierte am Ostermontag in der Kölner Kirche Sankt Ursula seine Uraufführung.

Autor/in:
Hilde Regeniter
Reliquienbüste, umrandet von vergoldeten Schnitzereien, in der Goldenen Kammer der Kirche Sankt Ursula in Köln / © Henning Schoon (KNA)
Reliquienbüste, umrandet von vergoldeten Schnitzereien, in der Goldenen Kammer der Kirche Sankt Ursula in Köln / © Henning Schoon ( KNA )

Ein großer Moment war das, erzählt Marco Frisina, als sein Osteroratorium endlich zum ersten Mal erklingen konnte, opulent gestaltet vom Rheinischen Kammerorchester, dem Figuralchor und natürlich den Solisten. Auf Einladung des erzbischöflichen Musikdirektors Richard Mailänder in der Kölner Kirche Sankt Ursula war es nach mehrfacher Corona-Verzögerung endlich soweit.

Monsignore Marco Frisina. Pressekonferenz des päpstlichen Almosenamtes am 30. April 2015. Das päpstliche Almosenamt hat 2014 nach eigenen Angaben deutlich mehr Geld an Bedürftige verteilt als im Vorjahr. / © Cristian Gennari (KNA)
Monsignore Marco Frisina. Pressekonferenz des päpstlichen Almosenamtes am 30. April 2015. Das päpstliche Almosenamt hat 2014 nach eigenen Angaben deutlich mehr Geld an Bedürftige verteilt als im Vorjahr. / © Cristian Gennari ( KNA )

Über 650 religiöse Stücke hat der römische Geistliche schon geschrieben, aber eine Urführung wird ihm jedes Mal von neuem zum Gänsehaut-Moment: "Es ist, als würdest du dein Kind zum ersten Mal lebendig sehen." Die der Märtyrerin Ursula und ihrer Gefährtinnen geweihte romanische Basilika sei doch der perfekte Uraufführungsort für ein Oratorium, das den Triumph des Lebens über den Tod feiert, meint Frisina und schwärmt vom Kölner Publikum, das mit Leib und Seele dabei gewesen sei.

Die Auferstehung in Musik zu übersetzen hat Frisina als große Herausforderung empfunden. "Schließlich geht es da um ein Geheimnis, das alle unsere menschlichen Kategorien bei weitem überschreitet." Andererseits, so der 1954 in Rom geborene Priester weiter, sei von allen Künsten die Musik wohl am ehesten dazu geeignet von der Auferstehung zu sprechen, weil sie die Grenzen der Sprachen überspringe und selbst zur universellen Sprache werde.

Beim Komponieren des Osteroratoriums habe er sich vor allem von der Vorstellung eines aufstrahlenden Lichts leiten lassen. Sich überlagernde Dissonanzen etwa würden zu einem immateriellen, lichten Gewebe, meint der passionierte Musiker. Gerade auch getragene Passagen der Streicher, der Violinen und Violas, der Celli und Kontrabässe lösen laut Frisina bei Hörenden lichthafte Assoziationen aus. Für ihn persönlich rufen zudem besonders Trompeten und andere Blechbläser Gefühle von Feierlichkeit und Licht hervor.

Monsignore Marco Frisina: Italienischer Geistlicher, Chorleiter und Komponist

"So wie alle Farben zusammen weiß ergeben, ist die Klangfarbe eines ganzen Orchesters mit all seinen Stimmen und Tönen ebenfalls weiß."

"Beim Klang von Trompeten sehe ich ein sattes Gelb vor meinem inneren Auge, ein Goldgelb - wie das von sich verfärbendem Laub im Herbst." Auch die Stimme des Soprans eigne sich gut dazu, Vorstellungen von hellem, ja sogar grellem Sonnenlicht zu erzeugen. Am meisten erinnert Marco Frisina aber das Zusammentreffen aller Klänge und Stimmen an Licht: "So wie alle Farben zusammen weiß ergeben, ist die Klangfarbe eines ganzen Orchesters mit all seinen Stimmen und Tönen ebenfalls weiß."

Dass sakrale Musik wie zum Beispiel die des Osteroratoriums oft auch Leute tief berührt, die mit Kirche und Religion sonst keine Berührungspunkte haben, versteht Frisina als Chance. Musik, so seine Überzeugung, verbindet die Menschen auf geheimnisvolle Weise mit ihrem tiefsten Innern, mit ihrer Ebenbildlichkeit Gottes, ganz unabhängig davon, ob sie sich dessen bewusst sind oder nicht.

In diesem Zusammenhang gefällt ihm das Bild vom kostbaren Diamanten, den jeder und jede in sich trägt, oft ohne davon zu wissen. Viele, so beschreibt er weiter, hätten diesen Diamanten mit dichtem Dunkel umhüllt. "Aber sobald auch nur ein Funke Licht auf den Diamanten fällt, fängt er selbst an zu strahlen, wirft das Licht gleichsam zurück."

Monsignore Marco Frisina: Italienischer Geistlicher, Chorleiter und Komponist

"All diese jungen Menschen aus so unterschiedlichen Ländern und Kulturkreisen davon singen zu hören, dass Jesus ihr Leben ist, das sei einfach überwältigend gewesen."

Mit dieser Vorstellung im Kopf schreibt Marco Frisina seine Melodien und Texte, seine Lieder und Stücke, wie etwa den Hit des Weltjugendtags 2005 in Köln "Jesus Christ, you are my life". All diese jungen Menschen aus so unterschiedlichen Ländern und Kulturkreisen davon singen zu hören, dass Jesus ihr Leben ist, das sei einfach überwältigend gewesen. "Für einen Priester gibt es doch nichts Größeres!"

Überhaupt berührt es den italienischen Geistlichen sehr, wie viele seiner Songs eine Eigendynamik entwickelt haben und um die Erde gewandert sind. Wenn seine Kompositionen aus Tausenden Kehlen in Afrika und Asien, Europa und Amerika erklingen, versteht Marco Frisina, was Gott von ihm will: "Die Menschen zum Singen bringen!"

Monsignore Marco Frisina: Italienischer Geistlicher, Chorleiter und Komponist

"Du musst nicht argumentieren, nicht deine Überzeugungskraft spielen lassen; es ist die Musik selbst, die die Herzen öffnet!"

Musik ist für den Komponisten Mission und Möglichkeit zugleich. "Du musst nicht argumentieren, nicht deine Überzeugungskraft spielen lassen; es ist die Musik selbst, die die Herzen öffnet!" Gerade jetzt, wo in Europa wieder Krieg herrscht, sei das doch eine nicht zu unterschätzende Erkenntnis, meint Marco Frisina. Zwar sind auch seine in Russland geplanten Passions-Aufführungen Putins Angriff auf die Ukraine zum Opfer gefallen. An die grenzüberschreitende Kraft der Musik glaubt er aber uneingeschränkt weiter: "Nationen haben vielleicht Grenzen; die Politik, die Wirtschaft. Der Mensch nicht; weil Gott ihn als Menschen nach seinem Willen geschaffen hat." Die Musik unterscheide nicht, sie sehe nur den Menschen. "Darin liegt ihre Schönheit. Hoffen wir das Beste!"

Richard Mailänder

Richard Mailänder ist schwer zu erwischen - zwischen Rom und Russland ist er viel unterwegs. Immer mit seinem Herzensanliegen: gute Kirchenmusik. Kirchenmusik, die mehr als Beiwerk oder Schmuck im Gottesdienst - sondern ein eigener Weg zu Gott sein kann.

 (DR)
Quelle:
DR