Kommt ein bundesweiter katholischer Arbeitskreis der CDU?

Konzentration auf den christlichen Kern

In der CDU könnte es bald einen bundesweiten Arbeitskreis für Katholiken geben. Denn das Thema steht auf der Tagesordnung des Parteitags im September. Der Journalist Heinrich Wullhorst erklärt Hintergründe und Chancen.

CDU-Logo auf Schlüsselbändern / © Christoph Schmidt (dpa)
CDU-Logo auf Schlüsselbändern / © Christoph Schmidt ( dpa )

DOMRADIO.DE: Das "C" in der CDU steht für christlich. Da verwundert es den Laien schon etwas, dass es bisher keinen bundesweiten katholischen Arbeitskreis gibt. Woran liegt das? 

Heinrich Wullhorst (Journalist): Das liegt an der Entstehungsgeschichte der CDU. Sie ist sehr stark aus dem katholischen Milieu heraus entstanden. Das heißt, in der Gründungsphase haben sich viele Leute engagiert, die bei Kolping oder bei der KAB (Katholische Arbeitnehmer-Bewegung, Anm. d. Red.) aktiv waren und dort ihre Prägung gefunden hatten. Dazu viele, die ehemals der katholischen Zentrumspartei angehört hatten und dann nach der Gründung in die CDU gegangen sind. Das heißt, die CDU galt in weiten Kreisen als katholische Partei.

Heinrich Wullhorst

"Die CDU galt in weiten Kreisen als katholische Partei."

Im Jahr 1952, als Gustav Heinemann seine gesamtdeutsche Volkspartei nach dem Streit mit Konrad Adenauer gegründet hat, hatte man die Sorge: Jetzt hauen uns die Protestanten als Mitglieder und Wähler eventuell ab zu Heinemann. Deshalb wollte man mehr für die Protestanten tun und hat den Evangelischen Arbeitskreis gegründet. Dabei ist es geblieben und man hat eigentlich nie die Veranlassung gesehen, einen katholischen Arbeitskreis zu haben. 

DOMRADIO.DE: Es gab schon mal mit dem Kardinal-Höffner-Kreis einen Ansatz dazu. Den gibt es ja auch schon länger, er ist aber kein bundesweiter Arbeitskreis. 

Wullhorst: Nein, der Kardinal-Höffner-Kreis ist ein Zusammenschluss von Bundestagsabgeordneten - gegründet übrigens aus der Initiative des Bundes katholischer Unternehmer heraus, als Gesprächskreis zwischen Abgeordneten und Unternehmern, aber nicht als Parteiorganisation, sondern als allgemeiner Zusammenschluss. 

DOMRADIO.DE: Was würde ein katholischer Arbeitskreis was erweiterten Rechte angeht in der Praxis bedeuten? 

Wullhorst: Da geht es beispielsweise um Antragsrechte. Es war auch schwierig, diesen Antrag Bundesvereinigung zu werden, überhaupt auf den Parteitag zu bekommen. Man braucht dazu nämlich 500 Stimmen von normalen Mitgliedern. Das ging dann online und war dennoch schwierig. Letztlich hat ein Kreisverband den Antrag gestellt, denn die sind antragsberechtigt. Die Bundesvereinigungen sind auch antragsberechtigt. Außerdem werden, so viel ich weiß, die Vorsitzenden der Bundesvereinigung auch als kooptierte Mitglieder im Bundesvorstand der CDU zumindest mit beratender Stimme tätig. 

DOMRADIO.DE: Blicken wir nochmal auf die CDU allgemein. Manche sprechen davon, dass das Christliche kaum noch eine Rolle spielt. Wie schätzen Sie das ein? 

Heinrich Wullhorst

"Ich denke, dass wir diese Werte wie Personalität, Solidarität, Subsidiarität, aber auch Nachhaltigkeit und Gemeinwohlorientierung wirklich als Kern dieser Partei sehen sollten."

Wullhorst: Das ist ein großes Problem, das die CDU hat. Da sind viele Mitglieder und Wähler im Zweifel verloren gegangen. Es geht vielen gar nicht darum, das Ganze dogmatisch zu sehen, sondern sich auf den Kern zu berufen - das ist die katholische Soziallehre oder sagen wir die christliche Gesellschaftslehre.

Kardinal-Höffner-Kreis

Der Kardinal-Höffner-Kreis ist ein Zusammenschluss von christlichen Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sowie Unternehmern und Wissenschaftlern. Der 1993 gegründete Kreis versteht sich als Forum engagierter Christen an der Nahtstelle zwischen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Die Mitglieder treffen sich in regelmäßigen Abständen, um mit hochrangigen Vertretern der katholischen Kirche über gesellschaftspolitische Fragen zu diskutieren.

Der ehemalige Kölner Erzbischof Joseph Kardinal Höffner (Mitte) mit seinem Geheimsekretär Manfred Melzer (Erzbistum Köln)
Der ehemalige Kölner Erzbischof Joseph Kardinal Höffner (Mitte) mit seinem Geheimsekretär Manfred Melzer / ( Erzbistum Köln )

Ich denke, dass wir diese Werte wie Personalität, Solidarität, Subsidiarität, aber auch Nachhaltigkeit und Gemeinwohlorientierung wirklich als Kern dieser Partei sehen sollten.

Ich hoffe, dass die Debatte um die sogenannte Grundwerte-Charta, die beim Parteitag ja auch diskutiert wird, nochmal in diese Diskussion mit einfließen wird - dass die Prinzipien der katholischen Soziallehre wieder eine stärkere Rolle spielen und dieses Element dann auch nochmal deutlicher in den Diskurs innerhalb der Partei kommt.

Ich glaube, das ist auch wichtig, um das "C" der CDU noch mal zu stärken. 

DOMRADIO.DE: 1001 Delegierte treffen sich im September zum Parteitag in Hannover. Wie viele davon müssen so einem Vorschlag eigentlich zustimmen? Und wie schätzen Sie die Chancen ein, dass das auch geschieht? 

Wullhorst: Die Einrichtung eines solchen Arbeitskreises wäre mit einfacher Mehrheit wahrscheinlich möglich. Da das aber dann in der Satzung als Bundesvereinigung verankert werden muss, gehe ich davon aus, dass man satzungsändernd eine Zweidrittelmehrheit dafür benötigt. Ob die dann zustande kommen wird, weiß ich nicht.

Interessant ist natürlich, dass gleichzeitig wohl die Anerkennung des LSU, der Lesben und Schwulen in der Union ansteht und auch der Evangelische Arbeitskreis, der gestärkt und auch zur Bundesvereinigung erhoben werden soll. Also von daher ein ganz spannendes Thema.

Ob man dann sagen wird: Zwei nehmen wir jetzt da oben rein und den dritten, die Katholiken, lassen wir dann draußen? Das wird natürlich auch insgesamt eine Diskussion sein, die die Partei an diesem Parteitag bewegen wird. 

Das Interview führte Bernd Hamer.

Quelle:
DR