Kölner Ursulinenschule nimmt ukrainische Mädchen auf

"Sie müssen im Alltag zurechtkommen"

Viele Frauen mit Kindern haben seit Kriegsbeginn die Ukraine verlassen. In Deutschland stellt sich für die Geflüchteten auch die Frage, wie es mit einem Schulbesuch aussieht. Das Ursulinengymnasium in Köln hat da bereits reagiert.

Symbolbild Kinder im Unterricht / © Marcel Kusch (dpa)
Symbolbild Kinder im Unterricht / © Marcel Kusch ( dpa )

DOMRADIO.DE: Fünf junge Ukrainerinnen haben sie bislang aufgenommen. Für eine reine Flüchtlingsklasse reicht das nicht. Sie integrieren also die Mädchen in bestehende Klassen?

Monika Burbaum (Direktorin des erzbischöflichen Ursulinengymnasium in Köln): Ja, genau das machen wir. Die Mädchen werden bei uns in die Klassen integriert. Das hat den Vorteil, dass sie zum einen einfach mit Gleichaltrigen zusammen sind, neue Erfahrungen sammeln und es einfach auch ein bisschen Ablenkung ist. Wir machen es so, dass wir sie meistens in eine Klasse drunter einordnen, sodass es ihnen vom Stoff her eigentlich leichter fallen müsste. Das Wichtigste ist aber diese Struktur am Tag, die die Mädchen dann haben, wenn sie morgens kommen und dann hier im Unterricht mit dabei sind.

Erzbischöfliche Ursulinenschule Köln / © Olaf Gruschka (Erzbistum Köln)
Erzbischöfliche Ursulinenschule Köln / © Olaf Gruschka ( Erzbistum Köln )

DOMRADIO.DE: Struktur ist ein wichtiges Stichwort. Ist das Schulministerium da gut organisiert, was die Verteilung der geflüchteten Kinder auf die Schulen betrifft oder ist es das blanke Chaos?

Burbaum: Die Kinder werden nicht verteilt. Das sind eigentlich Eigeninitiativen von den Menschen, bei denen sie unterkommen sind oder Empfehlungen. Die sind zu uns gekommen und selbstverständlich öffnen wir unsere Türen dann, wie das auch unsere Realschule nebenan macht und auch die anderen erzbischöflichen Schulen. Wir nehmen diese Kinder, die sozusagen bei uns anklopfen, dann auf.

DOMRADIO.DE: Es gibt also keine Vorgaben oder Ideen vom Schulministerium. Gibt es denn ein Konzept für diese Kinder? Sollen die Deutsch lernen, demnächst Klassenarbeiten mitschreiben?

Burbaum: Es gibt kein Konzept, was uns vorgegeben ist. Als Pädagogen an unserer Schule sind wir der Meinung - und ich denke, diese Meinung teilen viele -, dass sie natürlich grundsätzlich so viel Deutsch lernen sollen, damit sie sich gut im Alltag zurechtfinden.

Kommission drängt auf Schulbesuch für ukrainische Kinder

Die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz (SWK) drängt zur Integration ukrainischer Kinder und Jugendlicher in Deutschland auf einen zeitnahen Besuch von Schule oder Kita. "Dort können sie Deutsch lernen, ihren Bildungsweg fortsetzen, Kontakte zu Gleichaltrigen knüpfen und Hilfe bei der Bewältigung möglicher Traumata erhalten", erklärte der wissenschaftliche Direktor des Leibniz-Instituts für die Pädagogik der Naturwissenschaft und Mathematik (IPN) und Co-Vorsitzende der SWK, Olaf Köller, in Bonn.

Lehrerin im Unterricht / © Sebastian Gollnow (dpa)
Lehrerin im Unterricht / © Sebastian Gollnow ( dpa )

Aber das primäre Ziel ist jetzt eigentlich nicht, die Schullaufbahn im Blick zu haben. Also wie können wir die integrieren? Welche Sprachfeststellungsprüfung müssten wir machen? Sondern es geht wirklich darum, dass sie mit Kindern und Jugendlichen zusammen sind, dass sie so viel Deutsch lernen, dass sie hier gut über die Runden kommen. Ziel ist ja dann, dass sie auch in ihrer Heimat wieder zurückkehren. Wir sehen im Augenblick nicht, dass wir sie darauf vorbereiten, dass sie bei uns einen Schulabschluss machen. Dann müssen wir einfach schauen, was die nächsten Wochen und Monate bringen in dem Land.

DOMRADIO.DE: Jetzt ist es ja im Grunde eine Krise nach der anderen. In der Corona-Pandemie waren Schulkinder, Lehrkräfte, sie als Schulleitungen dann auch sehr stark gefordert. Jetzt ist es die nächste Herausforderung durch die Flüchtlinge. Es sind ja meist sogenannte Nullsprachler, also Kinder ohne Deutschkenntnisse, die vielleicht nicht mal unsere Buchstaben entziffern können. Was sagt Ihr Kollegium, wenn Sie so einfach mal eine Schülerin aufnehmen?

Burbaum: Das Kollegium wird darüber natürlich informiert und wir werden bei der nächsten Lehrerkonferenz das ausgiebig besprechen. Das Kollegium steht dahinter und wir sind Pädagogen. Das ist eine Aufgabe, der wir uns gerne stellen. Das ist uns einfach wichtig. Ich glaube auch, dass das den Mädchen in den Klassen sehr gut tut, weil ihre sozialen Kompetenzen dabei zum Tragen kommen, wenn man sich um andere kümmert, wenn man die aufnimmt, wenn man denen versucht zu helfen. Das ist auch eins der Erziehungsziele unserer Schule, für andere Menschen da zu sein, anderen zu helfen.

DOMRADIO.DE: Wie kommt so ein neues Mädchen eigentlich in eine Klasse? Jemand muss es ja irgendwie an die Hand nehmen.

Burbaum: Im Normalfall ist es so, dass wir natürlich den Klassenlehrer hier unten vom Sekretariat aus informieren und dann kommen die Mädchen morgens kurz vor acht und werden dann von Mitschülerinnen aus der Klasse abgeholt. Ja, es ist natürlich schwierig, wenn die kein Deutsch, kein Englisch können. Das gibt es auch. Aber die Mädels sind klasse. In dem Fall dürfen sie dann auch die Handys rausholen. Da gibt es Übersetzungsprogramme und die sind da sehr fit und können das ganz gut händeln. Die Kollegen sprechen sich natürlich ab. Wir werden demnächst natürlich auch Deutschstunden anbieten, wo die ukrainischen Mädchen auch geschult werden. Man muss schon auch über die Laute sprechen und eine Anleitung geben.

Das Interview führte Tobias Fricke.

Mehr als 220.000 Ukraine-Flüchtlinge in Deutschland erfasst 

In Deutschland sind seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine von der Bundespolizei 225 357 Kriegsflüchtlinge erfasst worden. Das teilte das Bundesinnenministerium am Montag mit.

In dieser Zahl enthalten sind nur Geflüchtete, die von der Bundespolizei angetroffen wurden, etwa an der österreichisch-bayerischen Grenze, an Bahnhöfen oder in Zügen. Im Regelfall gibt es keine festen Grenzkontrollen an den EU-Binnengrenzen, Ukrainer dürfen zudem ohne Visum einreisen - die Zahl der tatsächlich Angekommenen ist daher wahrscheinlich deutlich höher. 

Geflüchtetes Kind schaut aus dem Fenster / © Da Antipina (shutterstock)
Geflüchtetes Kind schaut aus dem Fenster / © Da Antipina ( shutterstock )
Quelle:
DR