Kölner Karl-Rahner-Akademie stellt Programm vor

Glaube, Politik und Kultur

Der Leiter der Kölner Karl-Rahner-Akademie, Norbert Bauer, stellt das neue Veranstaltungsprogramm der Einrichtung vor. Das Thema einer Veranstaltung sind Freiheit und Gehorsam im Glauben. Bei anderen geht es um Kultur oder Politik.

Podiumsdiskussion in einem Konferenzsaal / © Anton Gvozdikov (shutterstock)
Podiumsdiskussion in einem Konferenzsaal / © Anton Gvozdikov ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Mehr Zuversicht wagen. Das ist der Titel eines Buches vom Hamburger Senator für Kultur und Medien, Carsten Brosda. Genau den begrüßen Sie in der Karl-Rahner-Akademie am Sonntagnachmittag (keine Anmeldung mehr möglich, Anm. d. Red.). Warum ist denn Zuversicht so wichtig? 

Norbert Bauer (Leiter der Karl-Rahner-Akademie): Vielleicht brauchte ich gerade die Zuversicht, als mir dieses Buch im Herbst in die Hände fiel. Ich sah es im Buchhandel und dachte mir, das Buch brauche ich jetzt. Es war schon damals eine düstere Zeit gewesen, sodass mich der Titel angesprochen hatte.

Norbert Bauer / © Ralf Gottschalk
Norbert Bauer / © Ralf Gottschalk

Ich habe das Buch mit großer Begeisterung gelesen, und vielleicht ist eine Kapitelüberschrift daraus bezeichnend: "Sagen, was sein könnte."

Ich glaube, das ist sein Antrieb als Politiker, dass wir sagen können, wie die Welt besser sein könnte. Das ist ein wunderbarer Ausspruch. 

DOMRADIO.DE: Das heißt, das Buch hat Ihnen Zuversicht geliefert. 

Bauer: Es hat mir Zuversicht geliefert, weil Brosda mit ganz vielen Geschichten arbeitet. Er sagt: Wir brauchen diese Geschichten. Er erzählt ganz am Anfang vom Brexit. Alle Experten und Expertinnen, alle Statistiken hätten gegen den Brexit gesprochen. 

Trotzdem hätten die Briten für den Brexit gestimmt – weil die anderen über die besseren Erzählungen verfügt hätten oder über die überzeugenderen Erzählungen, von Nostalgie und Vergangenheit. 

Um gegen diese Erzählungen anzukommen, so Brosda, bräuchten wir andere Erzählungen, bessere Erzählungen. 

Deswegen arbeitet er ganz viel mit Musik, mit Theater, mit Literatur und vor allen Dingen auch – das hat mir so gefallen – mit Popmusik, mit der ich groß geworden bin. 

DOMRADIO.DE: Für das erste Halbjahr 2024 haben Sie 50 Veranstaltungen geplant, und da wird es sicher auch um die Krise in der Kirche gehen. Inwiefern denn? 

Bauer: Ja, es gibt mehrere Veranstaltungen zum Thema. Ich möchte eine aufgreifen, am 25. Januar mit dem Theologen und Philosophen Michael Bongardt (Zur Anmeldung)

Der bietet einen Vortrag mit einer Passage aus dem Gottesloblied "Fest soll mein Taufbund stehen" an: "und folgsam ihren Lehren". 

Norbert Bauer

"Viele Menschen verbinden mit Religion noch, dass sie klein und nicht frei macht. Dagegen will er einen Vortrag halten."

Ich glaube, das ist eine Frage der Grundhaltung. Viele Menschen verbinden mit Kirche, aus guten Gründen, dass es sich bei dieser um eine autoritäre Veranstaltung handelt. Da ginge es um Gehorsam, um Zustimmung und nicht um Freiheit. 

Michael Bongardt will mit Philosophen und Theologen darüber nachdenken: Wie geht heute Glauben in Freiheit und nicht in Gehorsam? 

Ich glaube, da spricht er einen wunden Punkt an, dass viele Menschen mit Religion noch verbinden, dass sie klein und nicht frei macht. Dagegen will er einen Vortrag halten und darauf freue ich mich sehr.

DOMRADIO.DE: Sie werden in der Akademie aber auch einen weiteren Blick auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Fragen von Glauben und Leben werfen, jenseits der aktuellen Kirchenpolitik. Am 18. Januar (zur Anmeldung) ist die Schauspielerin Annette Frier zu Gast. Was ist das für eine Veranstaltung? 

Bauer: Annette Frier hat während der Pandemie, als plötzlich Menschen viel Zeit hatten und sie als Schauspielerin keine Gelegenheit hatte, aufzutreten, sich hingesetzt und überlegt, dass sie gern ein Filmprojekt machen möchte, in dem sie ganz viele Menschen fragt: Warum bist du da, wofür lebst du? 

Annette Frier während einer Lit.Cologne-Lesung 2017 im Kölner Dom / © Rolf Vennenbernd (dpa)
Annette Frier während einer Lit.Cologne-Lesung 2017 im Kölner Dom / © Rolf Vennenbernd ( dpa )

Sie hat den Ortspfarrer gefragt. Sie hat Berühmtheiten gefragt, ganz viele Menschen. Daraus ist ein riesengroßes Filmprojekt geworden. Sie stellt es bei uns vor und bringt auch Gesprächspartnerinnen aus diesem Filmprojekt mit.

DOMRADIO.DE:  In Sachsen liegt die AfD bei Umfragewerten von 37%. Wird diese Entwicklung auch Thema in Ihren Programmen sein? 

Bauer: Ja, wir haben eine Veranstaltung am 15. Februar (zur Anmeldung), in welcher der Literaturprofessor Heinrich Detering darüber spricht, wie die AfD Sprache nutzt und missbraucht. 

Zudem haben wir am 20. März (zur Anmeldung) eine ökumenische Veranstaltung mit Theologinnen und Theologen, die über die Rolle der Kirche in der Frage nachdenken. 

Denn es gibt ja auch unter Katholiken und unter evangelischen Christen Menschen, die zur AfD tendieren oder AfD wählen. Da zu schauen, wie die Kirche da eine Antwort drauf hat, dass diese falschen Antworten der AfD teilweise auch für Christen attraktiv sind, darüber werden wir in einem Podium nachdenken. 

DOMRADIO.DE: Wichtig ist Ihnen in der Akademie auch der Dialog mit den Besucherinnen und Besuchern. Das spiegelt sich auch in den Veranstaltungen wider. Gibt es da bei Ihnen dann verschiedene Formate, wo vielleicht auch mal interagiert werden kann? 

Bauer: Wir fangen am Mittwoch, dem 10. Januar (zur Anmeldung), nach der Eröffnung dann wieder mit dem Programm an. Das beginnt mit "Wein & Wahrheit", einem Debattenformat, bei dem wir in einer etwas lockereren Atmosphäre zusammensitzen. 

Symbolbild Weinflasche / © Africa Studio (shutterstock)
Symbolbild Weinflasche / © Africa Studio ( shutterstock )

Es gibt ein Glas Wein und anfangs nur eine, eine kurze These und dann wird darüber diskutiert. Es gibt also keinen langen Vortrag, sondern alle können mitreden. 

Bei "Wein & Wahrheit" zu Gast wird dieses Mal Michael Jansen sein, der hier in Köln eine Organisation, eine Jugendbewegung mitbegründet hat, die "Coexist" heißt. 

Norbert Bauer

"Die Menschen kommen also wieder gerne in die Akademie, auch weil sie das tun können, was ich eben skizziert habe: miteinander reden und nicht nur vor dem Bildschirm sitzen."

Dabei geht es darum, wie Menschen unterschiedlicher Kulturen zusammenleben können. Er stellt das Projekt vor, und wir diskutieren dann mit ihm.

DOMRADIO.DE: Die Karl-Rahner-Akademie ist in Köln ja etabliert. Wie geht es denn der Akademie? Sind Sie, was die Besucherzahlen anbetrifft, inzwischen wieder auf dem Stand der Jahre vor Corona?

Bauer: Wir sind noch nicht wieder an dem Stand von vor Corona, aber es hat seit dem Sommer eine deutliche Tendenz nach oben gegeben. Am Sonntag haben wir jetzt Anmeldezahlen von über 100 Personen – das hatten wir lange nicht mehr bei einem Eröffnungsfest. 

Die Menschen kommen also wieder gerne in die Akademie, auch weil sie das tun können, was ich eben skizziert habe: miteinander reden und nicht nur vor dem Bildschirm sitzen. 

Das Interview führte Michelle Olion. 

Das ganze Programm der Karl-Rahner-Akademie lässt sich hier einsehen.

Karl-Rahner-Akademie

Die Karl Rahner Akademie ist ein unabhängiges katholisches Forum mitten in Köln. Der Name erinnert an den Jesuiten Karl Rahner (1904-1984), einen der bedeutendsten theologischen Denker des 20. Jahrhunderts.
Seit mehr als sechzig Jahren ist das Haus neben der Kunst-Station Sankt Peter ein etablierter Ort für lustvoll und ernsthaft geführte Debatten. Weitere Infos zur Akademie: www.karl-rahner-akademie.de. (DR)

Theologe Karl Rahner (l.) und Joseph Ratzinger, Professor für Dogmatik und Dogmengeschichte in Regensburg, auf der Vollversammlung der gemeinsamen Synode der Bistümer der Bundesrepublik Deutschland in Würzburg am 10. Mai 1972. / © Ernst Herb (KNA)
Theologe Karl Rahner (l.) und Joseph Ratzinger, Professor für Dogmatik und Dogmengeschichte in Regensburg, auf der Vollversammlung der gemeinsamen Synode der Bistümer der Bundesrepublik Deutschland in Würzburg am 10. Mai 1972. / © Ernst Herb ( KNA )
Quelle:
DR