Kölner Innenstadtpfarrer mit Plänen für romanische Kirchen

Touristen nicht nur mit Dom und Kölschtrinken locken

Der Kölner Dom ist der Besuchermagnet; andere Innenstadtkirchen werden eher vernachlässigt. Gleichzeitig finden weniger Gottesdienste statt. Innenstadtpfarrer Meiering will die romanischen Kirchen jetzt aus ihrem Schattendasein holen.

Romanische Kirche St. Gereon, Köln / © Ana del Castillo (shutterstock)
Romanische Kirche St. Gereon, Köln / © Ana del Castillo ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Warum scheint das eigentlich immer so, dass die romanischen Kirchen so im Schatten des Domes stehen?

Dr. Dominik Meiering (Kölner Domkapitular und leitender Pfarrer der Kölner Innenstadtgemeinden): Der Dom ist einfach ein Touristenmagnet für die Menschen aus der ganzen Welt. Für die Chinesen, Araber, Holländer und die Engländer spielt sich vieles nur rund um Bahnhof und Dom ab. Aber natürlich ist eigentlich die Stadt geprägt durch die alten Stifte und Klöster, also durch die romanischen Kirchen. Und das ist ja ganz interessant, dass das Heinrich Böll zum Beispiel immer schon gesagt hat: Sie repräsentieren vielmehr die Stadt als der Kölner Dom, deswegen ist er mit Besuch immer nur in die romanischen Kirchen gegangen.

Domkapitular Dr. Dominik Meiering vor dem Altar der Stadtpatrone von Stefan Lochner im Kölner Dom. / © Beatrice Tomasetti (DR)
Domkapitular Dr. Dominik Meiering vor dem Altar der Stadtpatrone von Stefan Lochner im Kölner Dom. / © Beatrice Tomasetti ( DR )

DOMRADIO.DE: Wenn man jetzt über die Zukunft der romanischen Kirchen spricht, dann lohnt sich immer auch ein Blick in die vergangenen Jahrhunderte und in die wechselvolle Geschichte dieser uralten Kirchen. Was können wir für heute aus der Geschichte der romanischen Kirchen lernen?

Meiering: Die romanischen Kirchen sind zunächst einmal ein unglaublich wertvolles kulturelles und kunsthistorisches Erbe und gleichzeitig von städtebaulich großer Relevanz, denn sie prägen ja hier unsere Kölner Innenstadt. Und die Viertel haben ihre Namen nach diesen Kirchen. Und ich glaube, dass wir aus der Geschichte heraus eine Verantwortung dafür haben, etwas mit diesen Räumen zu machen und sie als lebendige Glaubensorte und Gottesdienstorte einerseits, aber eben auch als Kulturgut aufrecht zu erhalten. Und da müssen wir uns alle für anstrengen. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

DOMRADIO.DE: Gibt es da mehr Leerlauf in den Kirchen? Weil weniger Gottesdienste stattfinden?

Meiering: Wir versuchen ja in der Kölner Innenstadt im Augenblick unsere Kircheorte zu profilieren. An dem einen Ort ist mehr Familie, an dem anderen wird lateinisches Hochamt gefeiert. An dem dritten Ort gibt es die alten marianischen Lieder und was weiß ich nicht alles. Und so versuchen wir eben Orte herauszubilden, die auf eine bestimmte Art und Weise einen Wiedererkennungswert haben, in ästhetischer, musikalischer Hinsicht, aber auch im Hinblick auf diejenigen, die dort als Prediger und als Mitarbeiter tätig sind, zum Beispiel als Organisten.

Und diese Herausforderungen, diese Orte zu profilieren, da sind wir gerade dran. Und dann ist klar -manche Orte sind dann mehr kulturell profiliert und andere Orte mehr gottesdienstlich.

DOMRADIO.DE: Gibt es da auch schon mal Ideen, die so gar nicht gehen?

Meiering: Nein, eigentlich nicht. Wir sind dankbar dafür, dass die Orte alle aufgesucht werden und begeistert aufgesucht werden. Wir haben im Augenblick natürlich ein bisschen Herausforderung in Sachen Corona, aber es sind schon viele Menschen, die hier vor allen Dingen nach Sankt Andreas oder nach Sankt Gereon kommen, die mit dem Bus anreisen und die das als eine Selbstverständlichkeit bei ihrem Kölnbesuch mitnehmen. Aber es gibt natürlich auch die Kirchen, die so ein bisschen im Schatten liegen, wie Sankt Ursula. Da kommen dann die Ursulagymnasien oder es kommen Leute, die natürlich die Ursulalegende gut kennen, die wollen die goldene Kammer mit dem Knochen und dergleichen mehr sehen. Das ist dann ein bisschen touristisch, aber auch ein bisschen Wallfahrt.

So haben wir ganz unterschiedliche Orte mit unterschiedlichen Profilen. Und wir müssen schauen, wie wir sie geöffnet halten - dankenswerter Weise mit Ehrenamtlichen - und auch, wie wir in diesen Kirchen etwas erlebbar machen können von der Geschichte, von der Glaubensgeschichte, von der Glaubenskraft. Und diese Räume zum Klingen kommen wirklich im Rahmen von Liturgie und Kultur.

Romanische Kirche St. Ursula, Köln / © alfotokunst (shutterstock)
Romanische Kirche St. Ursula, Köln / © alfotokunst ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Könnten Sie sich vorstellen, in St. Ursula ein Theaterstück in der aufführt, in dem man die Geschichte der Ursula-Legende erzählt?

Meiering: Ja klar, warum nicht? Also ich finde all das, was der Verkündigung dient, was auf irgendeine Art und Weise die Frage nach Gott ins Gespräch bringt, das kann sich dort auch ereignen. Und solche Dinge machen wir ja auch schon an anderen Kirchorten. Etwa, dass wir schauen, was sind jetzt die Konzerte oder die Events oder die Installationen oder die Ausstellungen oder wirklich die Theaterstücke, die helfen, diese Frage nach Gott wieder ins Bewusstsein zu bringen. Aber immer natürlich kontextuell gebunden an den Raum. Wir wollen keine UFOs, die da landen und dann irgendwas da aufführen, sondern wir wollen eigentlich eine Auseinandersetzung mit dem Raum haben.

DOMRADIO.DE: Aber doch natürlich auch kulturell wertvoll.

Meiering: Ja klar. Die Kirchen stellen ja einen Anspruch und hinter dem darf man nicht zurückbleiben. Da darf man nichts Zweit- und Drittklassiges veranstalten.

DOMRADIO.DE: Gibt es denn da gerade so was wie einen Arbeitskreis, der über die zusätzliche Nutzung der Kirchorte nachdenkt?

Das Erzbistum Köln

Ende 2021 gehörten 1.805.430 Katholiken zum Erzbistum Köln. Das sind 63.137 weniger als im Jahr davor. Der Rückgang setzt sich im Vergleich zum Corona-Jahr 2020 zusammen aus 40.772 Kirchenaustritten (2020: 17.281) sowie der Differenz zwischen den Sterbefällen (27.503) und den Taufen (10.286), die gegenüber 2020 (7.845) angestiegen sind. 

Blick auf den Kölner Dom / © Harald Oppitz (KNA)
Blick auf den Kölner Dom / © Harald Oppitz ( KNA )

Meiering: Wir sitzen im Pastoralteam im Augenblick dran und stellen uns die Frage, wie wir diese Kirchorte noch mehr profilieren können. Und wir haben auch in Köln-Mitte im Rahmen eines Konvents vor zwei Jahren uns zusammengesetzt und uns die Frage gestellt, wie wir da nächste Schritte machen wollen. Und das wird auch wieder kommen. Sobald wir jetzt ein bisschen Corona hinter uns gelassen haben, wollen wir dieses Projekt weiterverfolgen. Ich bin auch froh und dankbar, dass der Förderverein Romanische Kirchen sich diese Frage auch zu eigen macht. Ich finde, auch die Stadt müsste dann noch viel mehr mitsprechen. Um ein Beispiel zu bringen - wenn man in Frankfurt auf dem Bahnhof ist, dann sieht man dort ein Plakat an der Wand mit einer Werbung für Köln. Da sieht man Leute mit Biergläsern in der Hand und "Komm nach Köln zum Trinken". Da muss man sich natürlich nicht wundern, wenn wir hier dann Junggesellenabschiede bis zum Abwinken haben, obwohl wir doch eigentlich einen so großen Reichtum hätten, was unsere Kirchen, auch was unsere Museen betrifft, die sind leider Gottes jetzt im Augenblick auch alle noch nicht wieder richtig offen in der Pandemie. Im Prinzip hätten wir ja eine Kulturlandschaft, wenn wir das auf die Reihe bekommen würden mit der Stadt Köln, die ihresgleichen suchen müsste an irgendeinem anderen Ort in Deutschland und Europa.

DOMRADIO.DE: Wahrscheinlich kommt bei der Kölsch-Werbung auf dem Frankfurter Bahnhof auch die Frage der Sponsoren und des Geldes ins Spiel?

Meiering: Ja, aber ich glaube, diejenigen, die Köln als eine Kulturstadt wiederentdecken würden, die würden auch jede Menge Geld hier lassen und die Stadt würde davon sehr profitieren.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Quelle:
DR
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