Es ist nur eine Fußnote, aber eine charmante, die zudem in der Rückschau unerwartet an Bedeutung gewinnt. Am 29. Juni 2022 hat der verstorbene Papst Franziskus sein Testament verfasst, wie jetzt bekannt wurde. Und just an diesem Tag, als er sein Vermächtnis unterzeichnet hat, gestaltete der Kölner Domchor musikalisch die Messe mit Papst Franziskus, die dieser damals an einem heißen Sommertag am Hochaltar des Petersdoms feierte.
Die Koinzidenz dieser beiden Ereignisse ist Domkapellmeister Eberhard Metternich erst jetzt aufgefallen, aber die Tatsache als solche freut ihn ungemein. "Ich will nicht leugnen, dass mich das berührt und mich nun eine noch engere Verbindung zu diesem Papst verspüren lässt, als ich bisher gedacht habe. Während es mit seinen Vorgängern am Rande der Gottesdienste immer auch Gelegenheit für einen Händedruck und persönlichen Wortwechsel gab – der mit Papst Benedikt zu Pfingsten 2009 ist mir unvergesslich – war der Kontakt mit Franziskus bei den beiden Malen, die der Chor an der musikalischen Gestaltung von großen Pontifikalämtern beteiligt war, eher indirekt." Nun aber habe dieses Datum neben der Erinnerung, den Heiligen Vater bei den Gottesdiensten live erlebt zu haben, eine neue Bedeutung für ihn, so der Leiter der Kölner Dommusik.
"Offene Art und klare Haltung"
"Mit dem Tod von Papst Franziskus endet ein Pontifikat, das weltweit viele Menschen bewegt hat. Franziskus war ein Papst, der mit seiner offenen Art und klaren Haltung Orientierung gegeben hat. Die Begegnungen mit ihm bleiben in der Erinnerung der Kölner Dommusik lebendig – als Zeichen gelebter Verbindung zwischen Musik, Kirche und weltweiter Gemeinschaft."
Die Mitglieder der Chöre erinnerten sich in Dankbarkeit an besondere musikalische Begegnungen mit dem Heiligen Vater, erklärt Metternich, der noch vor wenigen Tagen das von Kardinal Woelki zelebrierte Pontifikalrequiem für den Verstorbenen mit Sängerinnen und Sängern der vier Ensembles am Dom gestaltet und dafür unter anderem Ordinariumsteile aus der Messe solennelle in cis von Louis Vierne ausgewählt hat, die immer nur bei ganz außergewöhnlichen Anlässen auf dem Programm steht.
"Speziell der Kölner Domchor schaut auf Höhepunkte zurück, die eng mit diesem Pontifikat verknüpft sind", betont der Dommusiker. "Unvergessen bleibt unsere Konzertreise im besagten Sommer 2022. Es war die erste große Reise nach Corona. Wir hatten Motetten von Palestrina, Mendelssohn und Bruckner im Gepäck und haben diese unglaubliche Atmosphäre, wie es sie vielleicht nur in dieser riesigen geschichtsträchtigen Kathedrale im Herzen des Vatikans gibt, förmlich aufgesogen."
Später sei Franziskus dann im Rollstuhl direkt vor den Knaben vorbeigeschoben worden. "Die waren ganz schön aus dem Häuschen, weil uns gefühlt nur ein Meter von ihm trennte. Und ich konnte ihm ein "Auguri da Colonia" zurufen." Dieser unmittelbare Kontakt habe bei allen nachhaltigen Eindruck hinterlassen, für große Euphorie gesorgt und eine Unzahl an Handyfotos produziert.
Singen an heiligen Stätten
Ein vergleichbares Erlebnis hatte es schon Jahre vorher gegeben – im Oktober 2013 anlässlich des 150-jährigen Bestehens des Chores, das Metternich mit einer Konzertreise nach Rom krönen wollte. "Auch weil mir grundsätzlich wichtig ist, dass jedes Chormitglied, das ja schließlich in einem Kathedralchor singt, während seiner aktiven Zeit einmal die Stätten besucht, wo unsere Kirche ihren Ursprung genommen hat: an den Gräbern von Petrus und Paulus oder im Heiligen Land, wo man dem Leben Jesu ganz nahe kommt", wie er erläutert.
Der Auftritt gemeinsam mit dem Päpstlichen Chor der Cappella Sistina bei einem Treffen mit vielen tausend Familien auf dem Petersplatz damals am 27. Oktober vor zwölf Jahren dann – nur wenige Monate nach der Wahl des neuen Papstes – sei zweifelsohne das Highlight der Reise gewesen.
Als Franziskus nach dem Gottesdienst dann mit seinem Papamobil noch einmal seine Runde über den vollbesetzten Platz gedreht hat, winkte er auch den Knaben und Männern aus Köln zu, erkannte in ihnen die Sänger dieser Festmesse wieder und rief ihnen spontan ein fröhliches "Bravi!" zu, während er sein Lob mit der für ihn typischen Geste eines Daumenhoch unterstrich.
"Das hat dann auch dafür entschädigt, dass die beiden Chöre – die Römer und wir Kölner – in den Kolonnaden der Vorhalle des Petersdoms postiert worden waren und hier leider während des ganzen Gottesdienstes kein Blickkontakt zum liturgischen Geschehen möglich war."
Besondere Spuren aber hat beim Kölner Domkapellmeister auch das Konzert in der Sixtinischen Kapelle noch am selben Abend hinterlassen – wieder war ein gemeinsamer Auftritt des Päpstlichen Chores und der Gäste aus Köln vorgesehen.
"Eine absolute Seltenheit und nur mit Sondergenehmigung möglich. Wenn man bedenkt, dass hier nur wenige Monate zuvor das Konklave stattgefunden hatte, aus dem Franziskus dann als Papst hervorgegangen ist!", erinnert sich Metternich. Der Gedanke berühre ihn auch heute wieder ganz besonders, zumal sich die Kardinäle dort in wenigen Tagen zur Wahl eines Nachfolgers von Papst Franziskus versammeln würden.
"In diesem Raum spürt man schon weltkirchliches Flair und dass wir letztlich alle in einer großen Glaubensfamilie miteinander verbunden sind." Unter dem von Michelangelo ausgemalten Gewölbe singen zu können, habe jedenfalls so manches in seiner Laufbahn als Chorleiter getoppt, stellt der Kölner Domkapellmeister fest. In seinem Büro hängt ein großformatiges Foto davon. "Ein unvergesslicher Moment! Eine unbeschreibliche Erfahrung – auch spirituell", schwärmt er. "Bis heute bleibt für mich das Konzert in der Sistina eines der ganz besonderen."