Klimaexperte kritisiert deutsche Kohlepolitik

25 neue Kohlekraftwerke geplant

Der UN-Klimaexperte Yvo de Boer hat die deutsche Kohlepolitik in Frage gestellt. Der Leiter des UN-Klimasekretariats in Bonn lobte das Ziel der Bundesregierung, den Treibhausgas-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent zu senken. Das sei eine wegweisende Entscheidung. "Ich frage mich allerdings, wie das gehen soll, wenn die in Deutschland geplanten 25 Kohlekraftwerke gebaut werden", sagte de Boer der "Frankfurter Rundschau" am Rande einer Klimakonferenz in Tunis.

 (DR)

Um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen, dürften eigentlich nur noch Kraftwerke auf Basis erneuerbarer Energien ans Netz genommen werden, sagte er. Deutsche Energiekonzerne planen zahlreiche Kohlekraftwerke.

Um die Klimawende zu erreichen, muss das Energiesystem de Boer zufolge in den nächsten zwei Jahrzehnten komplett umgebaut werden. Es komme darauf an, die geplanten Investitionen in Kraftwerke in Höhe von rund 20 Billionen Dollar in Richtung erneuerbare Energien umzulenken. Die Energiebranche müsse nur die richtigen Signale bekommen, welche Energieformen nötig seien. Werde weiter in Kohle, Öl und Gas investiert, werde der Kohlendioxid-Ausstoß weltweit bis 2050 nicht halbiert, sondern um 50 Prozent steigen. "Der Ausstoß von Kohlendioxid muss einen Preis bekommen", sagte de Boer. Sonst könnten Windkraft, Solarenergie und Biomasse-Kraftwerke sich gegen die fossile Konkurrenz nicht ohne Subventionen durchsetzen.

NRW für neue Kohlekraftwerke
NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) erklärte, dass durch das Kraftwerkserneuerungsprogramm bis 2020 rund 30 Millionen Tonnen Kohlendioxid jährlich in NRW eingespart werden könnten. Sie würde die Kraftwerksbetreiber zu einem schnellen Ersatz alter, ineffizienter Anlagen durch neue Kohlekraftwerke drängen. Der deutlich höhere Wirkungsgrad würde zu einer Verbesserung der C02-Bilanz bei der Kohleverstromung führen.

Ein Bündnis von Umweltschützern, Kirchenvertretern und Eine-Welt-Gruppen hat für 8. Dezember zu einer Demonstration gegen die Klimapolitik der Landesregierung aufgerufen. Die schwarz-gelbe Koalition müsse ein Klimaschutzkonzept vorlegen und eine zukunftsfähige Energiepolitik für Nordrhein-Westfalen entwickeln.

Klimaschutzgesetz gefordert
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fordert nationale verbindliche Klimaschutzziele und regt dafür ein eigenes Klimaschutzgesetz an. Darin sollte festgehalten werden, den Ausstoß von klimaschädlichen Gasen jährlich um drei Prozent zu senken, sagte die BUND-Vorsitzende Angelika Zahrnt am Dienstag in Berlin zur Halbzeitbilanz der schwarz-roten Bundesregierung. Dazu gehöre nicht nur Kohlendioxid, sondern auch Methan oder Lachgas. Negativ für den Naturschutz sei das Festhalten an der Kohle und ein Nein zu einem generellen Tempolimit, sagte die BUND-Vorsitzende weiter. In der Regierung gebe es also Licht und Schatten, wobei Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) der "absoluter klimapolitische Negativposten" des Kabinetts sei.