Klettenberger Kantor lädt zu einem Liederweg ein

"Maria, Maienkönigin…"

In der Pandemie haben Chöre, vor allem auch Kirchenchöre, ums Überleben gekämpft. Singen war lange gar nicht oder nur im Freien erlaubt. Kirchenmusiker Manfred Schümer aus St. Bruno hat aus dieser Not eine Tugend gemacht.

Autor/in:
Beatrice Tomasetti
Zum dritten Mal lädt Kantor Manfred Schümer zu einem Liederweg ein / © Beatrice Tomasetti (DR)
Zum dritten Mal lädt Kantor Manfred Schümer zu einem Liederweg ein / © Beatrice Tomasetti ( DR )

"Sonne im Mai… lockt alle Vögel herbei" – mitten im Grünen findet diesmal das Einsingen zur wöchentlichen Chorprobe statt. Und den etwa zehn Sängerinnen ist anzusehen, wie wohltuend es ist, an der frischen Luft, umgeben vom Duft der ersten blühenden Frühlingsboten, diesen bekannten Kanon anzustimmen. Die eingängige Melodie aus dem Notenbuch "Ars Musica" sorgt im Wetteifern mit dem Zwitschern der Vögel ganz automatisch für fröhliche Stimmung. Die milden Temperaturen, der mit Schäfchenwolken bedeckte Himmel und das freundlich-aufmunternde Dirigat von Kantor Manfred Schümer tun ihr Übriges für einen beschwingten Chorabend im Kirchinnenhof der Klettenberger Gemeinde St. Bruno.

Die Sängerinnen haben Freude an den Mai-Liedern / © Beatrice Tomasetti (DR)
Die Sängerinnen haben Freude an den Mai-Liedern / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Die Gruppe, zu der sonst auch ein paar wenige Männerstimmen gehören, feilt an ihrem Programm für den nächsten Liederweg; ein Format, das Chorleiter Schümer während der Pandemie entwickelt und erstmalig während der Sülz-Klettenberger Glaubenswoche im vergangenen September an seiner Kölner Wirkungsstätte ausprobiert hat. Mit großem Erfolg. So dass für den Advent gleich ein zweiter daraus geworden ist. Denn die Idee, sich zu mehreren kleinen "Haltestellen" im Veedel auf den Weg zu machen, um dort eine Art musikalische Statio einzulegen, kommt bei der Gemeinde gut an.

Manfred Schümer, Kantor in St. Bruno Klettenberg

"'Ave Maria zart, du edler Rosengart'" inmitten einer blühenden Rosenlandschaft im Klettenbergpark zu singen, macht solche Kompositionen konkret und die Gottesmutter als Inbegriff der Rose schlechthin in ihrer ganzen Schönheit mit allen Sinnen spürbar."

Der Charme eines solchen Liederweges, der knapp anderthalb Stunden dauert, liege in der Verbindung der für die Jahreszeit typischen Musikstücke mit konkreten Orten oder Sehenswürdigkeiten, wo dann gesungen werde, erklärt der studierte Musikpädagoge. "’Ave Maria zart, du edler Rosengart’" inmitten einer blühenden Rosenlandschaft im Klettenbergpark zu singen, macht solche Kompositionen konkret und die Gottesmutter als Inbegriff der Rose schlechthin in ihrer ganzen Schönheit mit allen Sinnen spürbar. Das ist Psychologie", lacht Schümer. "Aber die Menschen lieben das. Schließlich bekommt jedes Lied mit einem Mal eine Realität."

Manfred Schümer ist studierter Musikpädagoge / © Beatrice Tomasetti (DR)
Manfred Schümer ist studierter Musikpädagoge / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Auch für Kinder ist etwas dabei – wie sich überhaupt jeder von diesem Projekt angesprochen fühlen kann, der Lust hat, singend durch die Natur oder die mit viel Grün- und Parkfläche ausgestatteten Wohnstraßen Klettenbergs zu streifen – vorbei an der Johanneskirche, dem Beethovenpark oder der ehemaligen Waisenhauskirche. Das neue geistliche Lied "Ins Wasser fällt ein Stein…", weiß Schümer, spreche beispielsweise in besonderer Weise die jüngere Generation an, die das zuletzt an Ort und Stelle auch gleich ausgetestet hat. "Gerade für Kinder muss es anschaulich sein. Sie haben Spaß daran, Steine in einen Teich zu werfen und zu beobachten, wie konzentrische Kreise auf der Wasseroberfläche entstehen." Und singe man von der "klappernden Mühle am rauschenden Bach", verstärke es natürlich das Erleben, wenn die besungene Mühle auch tatsächlich irgendwo stehe – zum Beispiel im Bergischen, wo er selbst einmal an einem Liederweg teilgenommen hat – oder eine sprudelnde Quelle zu hören sei. Solche musikalischen Erfahrungen in der Natur zu machen – alle bekommen ein Liedheft und sind zum Mitsingen eingeladen – lasse das Herz aufgehen, so der Klettenberger Kantor. Erstrecht nach der langen Durststrecke durch Corona.

Der Klettenberger Chor freut sich immer über Nachwuchs / © Beatrice Tomasetti (DR)
Der Klettenberger Chor freut sich immer über Nachwuchs / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Nur ungern denkt der Kirchenmusiker an die Zeit im Lockdown zurück. "Wenn überhaupt, dann durfte man sich zum Singen ja nur draußen treffen. Open-air-Proben mit viel Abstand zum Nachbarn in derselben Stimmgruppe – das war begrenzt befriedigend, aber immer noch besser als nichts", erinnert sich der 64-Jährige. "Schließlich war mir alles recht; die Hauptsache, der Chor blieb zusammen." Völlig auszusetzen hätte womöglich das Ende dieses Singkreises bedeutet. Außerdem hing ja jeder zuhause. Gemeinsam zu singen war da eine willkommene Abwechslung."

Die Sorge, dass Corona zur Auflösung seines Chors hätte führen können, war jedenfalls nicht unberechtigt. Schließlich sind es auch zu Spitzenzeiten oder kirchlichen Festen, bei denen ein Chor die Liturgie bereichert, nur knapp 20 Sängerinnen und Sänger überhaupt, die dieses Ehrenamt in der ansonsten zahlenmäßig recht großen Klettenberger Gemeinde miteinander teilen und Freude an der musikalischen Gestaltung der Gottesdienste haben. Da kommt es auf jeden einzelnen an. Fehlen zwei tragende Tenorstimmen, scheidet mancher vierstimmige Chorsatz von vornherein aus.

Doch drei Jahre später kann Schümer aufatmen. Seinen Chor, der für ihn auch ein wichtiges pastorales Anliegen ist, gibt es immer noch, auch wenn dieser heute überwiegend aus Sopran- und Altstimmen besteht. Und: Not macht erfinderisch. "Sie schweißt zusammen", ist der Kantor sogar überzeugt. "Wer weiß, ob ich sonst die Idee zu diesem Liederweg gehabt hätte."

Manfred Schümer, Kantor in St. Bruno Klettenberg

"In Gemeinschaft einfache mehrstimmige Lieder zu singen kann Brücken bauen."

Es ist die Mischung aus geistlichen und weltlichen Liedsätzen, aus Altvertrautem und völlig Neuem, was den besonderen Reiz dieser Aktion ausmacht, die – geht es nach Schümer – alle Generationen, evangelisch oder katholisch, zu der Pfarrei St. Bruno oder zur Nachbargemeinde St. Nikolaus in Sülz gehörig – zusammenführen soll. "In Gemeinschaft einfache mehrstimmige Lieder zu singen kann Brücken bauen", meint er und betont schmunzelnd, dass zu dieser musikalischen Wanderung wirklich jeder willkommen ist: Familien genauso wie alleinstehende Chor- oder Badewannensängerinnen und -sänger. "Das ist eine Chance, die Gemeinde auch außerhalb des Kirchenraums zu versammeln und Gott auch mal in der Natur erfahrbar zu machen. Musik – egal wo und unter welchen Umständen – ist eigentlich immer dazu geeignet, Grenzen zu überwinden. Frei nach dem Motto: Geh aus, mein Herz, und suche Freud!"

Maibaum an einer Hauswand in Klettenberg / © Beatrice Tomasetti (DR)
Maibaum an einer Hauswand in Klettenberg / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Auch für den Wonnemonat Mai ist es dem Initiator dieses Liederweges nicht schwer gefallen, eine passende Auswahl zu treffen. Schließlich gehören Volksweisen wie "Der Mai ist gekommen", "Wie lieblich ist der Maien" oder "Grüß Gott, du schöner Maien" zum allgemein bekannten Kulturgut und stehen für einen bunten Reigen "Gute Laune-Lieder". Starten wird der Liederweg an diesem Freitag um 17 Uhr in der Kapelle St. Mathilde im Caritas-Seniorenzentrum, Karl-Begas-Straße. Dabei bildet den Auftakt ein berühmtes Kirchenlied aus dem Gotteslob: "Maria Maienkönigin, dich will der Mai begrüßen…"

Stichwort Marienmonat

Der Mai ist der wichtigste "Marienmonat" des Kirchenjahres. In der christlichen Spiritualität wird die "Gottesgebärerin" auch als ein Sinnbild für die Fruchtbarkeit und Lebenskraft des Frühlings verstanden. Das zeigt sich auch darin, dass auf der Südhalbkugel der Marienmonat nicht im Mai, sondern im dortigen Frühlingsmonat November gefeiert wird. (kna)

Marienmonat Mai hat begonnen / © Kobby Dagan (shutterstock)
Marienmonat Mai hat begonnen / © Kobby Dagan ( shutterstock )
Quelle:
DR