Kirchenhistoriker warnt bei Papst Leo vor "Anti-Trump"-Etikett

Nähe und Distanz zugleich

Papst Leo XIV. ist nicht einfach ein "Anti-Trump", sagt Volker Leppin. In der Ausgabe der Herder-Korrespondenz für August betont der Professor für Kirchengeschichte, Leo teile durchaus auch Ansichten des amerikanischen Präsidenten.

US-Präsident Donald Trump spricht im Weißen Haus / © Uncredited/Pool/AP (dpa)
US-Präsident Donald Trump spricht im Weißen Haus / © Uncredited/Pool/AP ( dpa )

Leppin erklärte, Kardinal Robert Prevost habe sich in Fragen der Geschlechtlichkeit "alles andere als 'woke'" geäußert: Im Jahr 2012 habe er gegenüber Mitbischöfen erklärt, dass Homosexualität  dem Evangelium widerspreche, und er habe sich gegen eine sogenannte "gender ideology" gewandt. Damit stehe er den Republikanern deutlich näher als den Demokraten.

Papst Leo XIV. / © Lola Gomez/CNS photo (KNA)
Papst Leo XIV. / © Lola Gomez/CNS photo ( KNA )

Aktuell halte sich Prevost in diesen Fragen zurück, so Leppin. Man müsse daher abwarten, wie er sich hierzu noch äußern werde. "Derzeit sollte man aber sehr vorsichtig sein, ihn einfach als Anti-Trump zu sehen." In manchen Aspekten teile er Werte der Trump'schen Kulturrevolution, bilanziert der Kirchenhistoriker. "Ob das seine Stimme für die amerikanische Regierung dort, wo er sie kritisiert, vernehmbarer macht, wird ebenso abzuwarten sein wie die Frage, wie oft er sie erhebt", schrieb Leppin.

Chance für die Ökumene?

Im Bereich der Ökumene erkennt Leppin unter Papst Leo Chancen auf Fortschritte: Bei einem interkonfessionellen und interreligiösen Treffen am 19. Mai habe der neue Papst diesbezüglich ermutigende Signale ausgesandt. Anlässlich des Jubiläums 500 Jahre Täuferbewegung habe er die Mennoniten zu einem Prozess des "healing of memories", (Heilung der Erinnerungen) eingeladen. Darin zeigt sich laut Leppin "eine gewisse Entspanntheit im Umgang mit den Konfessionen, die aus der Reformation hervorgegangen sind".

Volker Leppin / © Harald Oppitz (KNA)
Volker Leppin / © Harald Oppitz ( KNA )

Der Papst würdige damit eine Gemeinschaft, die infolge der Reformation unter Intoleranz und Unterdrückung gelitten habe. Der Autor mutmaßt, Leo XIV. sei eine öffentliche Entschuldigung bei den Mennoniten zuzutrauen, wie sie der Lutherische Weltbund bereits geleistet habe. "Vielleicht weist ihn dann Kardinal Kurt Koch darauf hin, dass die Deutsche Bischofskonferenz und die Evangelische Kirche in Deutschland zum Jahr 2017 ein Wort 'Erinnerung heilen - Christus bezeugen' vorgelegt haben", spekuliert Leppin. "Und vielleicht erinnert er sich dann daran, dass zu den bekanntesten Mitgliedern seines Ordens ein gewisser Martin Luther gehörte, der 1521 von Papst Leo X. exkommuniziert wurde. Der jetzige Leo könnte das wiedergutmachen."

Die katholische Kirche in den USA

Die römisch-katholische Kirche ist die größte Glaubensgemeinschaft der USA, denn die Protestanten teilen sich in verschiedene Konfessionen. Ein knappes Viertel der US-Amerikaner ist katholisch, die meisten Katholiken leben im Nordosten und im Südwesten. Genaue Zahlen sind schwierig, weil in den USA der Wechsel einer Konfession sehr häufig vorkommt.

Die katholische Kirche in den USA / © rawf8 (shutterstock)
Die katholische Kirche in den USA / © rawf8 ( shutterstock )
Quelle:
KNA