Kirchen werben bei der Politik für die Finanztransaktionssteuer

Macht es wie Robin Hood

Noch gibt es die Finanztransaktionssteuer in keinem Land. Die EU will sie ab 2014 – doch was wollen die nationalen Regierungen? Fest steht: es geht um viel Geld. Milliarden, mit denen weltweit die Armut bekämpft werden könnte.

 (DR)

Die Vorsitzenden der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung, Prälat Bernhard Felmberg und Prälat Karl Jüsten, appellierten am Montag an die kirchlichen Zusammenschlüsse auf EU-Ebene, die Einführung einer Steuer auf die Umsätze der Finanzmärkte zu unterstützen.



Die EU-Kommission hatte im September eine europaweite Transaktionssteuer vorgeschlagen, um Spekulationen an den Finanzmärkten einzudämmen. Eine solche Steuer könne 55 Milliarden Euro jährlich einbringen, sagte Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Die neue Steuer soll am 1. Januar 2014 in Kraft treten und in allen 27 EU-Ländern erhoben werden. Nach den Vorstellungen der Kommission sollen Brüssel und die EU-Länder sich die Einnahmen teilen.



Auf christliche Grundwerte bauen

"Wenn wir unseren Staat und die Europäische Union auf christliche und humanitäre Grundwerte bauen, dann sind wir auch dem Anliegen der weltweiten Gerechtigkeit, den Menschenrechten und der Option für die Armen verpflichtet", schreiben Felmberg und Jüsten. Es gehe um die Übernahme von Verantwortung für das Elend derjenigen, die für die Entstehung der Finanz- und Schuldenkrise nicht verantwortlich seien, aber unter den Folgen massiv litten.



In einem Schreiben an die Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen werben die beiden Prälaten zudem dafür, sich bei den anstehenden Haushaltsberatungen fraktionsübergreifend für die Verwendung eines Teils der Einnahmen aus der Steuer für die Armutsbekämpfung und die Aufstockung der deutschen Entwicklungshilfe einzusetzen. Eine Finanztransaktionssteuer könnte in absehbarer Zeit zu einem erheblichen Aufkommen führen, aus dem auch die Gelder für die Erreichung des 0,7-Prozent-Ziels des Brutto-Nationaleinkommens für die öffentliche Entwicklungshilfe zur Verfügung gestellt werden können.



Die Finanztransaktionssteuer

Die Idee einer "Finanztransaktionssteuer" geht auf den US-Ökonomen James Tobin zurück. Der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler brachte 1972 eine Steuer auf alle grenzüberschreitenden Devisenspekulationen ins Spiel. Er schlug damals eine Abgabe von einem Prozent vor.



Vor allem Globalisierungskritiker fordern seit Jahren eine Spekulationssteuer - sie sprechen von 0,1 bis 0,25 Prozent. Die Idee dieser "Tobin-Tax" war auch einer der zentralen Gedanken bei der Gründung des Netzwerks "Attac": Die französische Abkürzung für "Vereinigung zur Besteuerung von Finanztransaktionen im Interesse der Bürger". Im Zuge der schweren Wirtschaftskrise, die auf die Pleite der US-Großbank Lehman Brothers im September 2008 folgte, flammte die Debatte über eine Beteiligung des Finanzsektors an den Kosten der Krise wieder auf.