Kirchen locken nicht nur zu Ostern mit Düften ins Gotteshaus

Wenn der Weihrauch Konkurrenz bekommt

Wie riecht Auferstehung? Wie riecht Weihnachten? Auf diese Fragen wollen Bochumer Theologen und Duftentwickler Antworten gefunden haben. Sie finden, Duftmarketing sollte nicht nur etwas für Klamottengeschäfte sein.

Autor/in:
Nicola Trenz
Weihrauch im Pontifikalamt am ersten Weihnachtstag im Kölner Dom. / © Nicolas Ottersbach (DR)
Weihrauch im Pontifikalamt am ersten Weihnachtstag im Kölner Dom. / © Nicolas Ottersbach ( DR )

Ostern kann man riechen - zumindest wenn es nach Bochumer Wissenschaftlern geht. Das Zentrum für angewandte Pastoralforschung (zap) entwickelt Raumdüfte für verschiedene kirchliche Feste. 

"Raumbeduftung kann ein zeitgemäßer, attraktiver und überraschender Weg der Glaubenskommunikation sein", sagt dessen Direktor Matthias Sellmann.

Beduftung erhöhe zudem die Aufenthaltsqualität in Gotteshäusern

Seit rund zwei Jahren bietet das zap Düfte für Kirchen an. "Nichts gegen Weihrauch - aber im Bereich des Sehens und des Hörens sorgen wir auch für Vielfalt", sagt Sellmann. Die Beduftung erhöhe zudem die Aufenthaltsqualität in Gotteshäusern. 

Matthias Sellmann / © Julia Steinbrecht (KNA)
Matthias Sellmann / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Rund 70 Kirchen nutzen den Angaben zufolge die "zap:aerothek". Die umfasse einen Diffusor, die vier verschiedenen Düfte sowie ein Buch mit Hintergrundinformationen und Tipps zum Einsatz in Liturgie und Verkündigung.  

Der Geruch von Ostern sei  "einfach ein heiterer Frühlingsduft"

Der Geruch zur Fastenzeit und zu Ostern heißt "Kenosis". Ausgiebig beschrieben wird er als "Duft mit cremigen, sauberen und grünen Nuancen, die schließlich in einer holzigen und warmen Basis ausklingen." Dies sei, so das zap, nicht "einfach ein heiterer Frühlingsduft". 

Start der Bundesgartenschau in Mannheim 2023. / © Uwe Anspach (dpa)
Start der Bundesgartenschau in Mannheim 2023. / © Uwe Anspach ( dpa )

Immerhin gehe es um die theologische Aussage von Kreuz und Auferstehung. Die Duftkomposition habe eine florale Kopfnote, darunter liege jedoch als Bauchnote Myrrhe, also ein Bitterkraut mit herben, holzigen Aromen. 

"Myrrhe wurde Jesus am Kreuz angeboten - so möchten wir symbolisieren, dass Aufblühen und Schmerz immer zusammengehören", erklärt Sellmann. "Der Duft stimuliert Kraft für Auf- und Durchbrüche. Damit das Leben gewinnt."

Der Weihnachtsduft "Physis" riecht frisch und warm

Der Weihnachtsduft "Physis" riecht frisch und warm, beispielsweise durch Mandarine und Vanille. Der Pfingstduft will die Dynamik dieses Festes und der Jahreszeit festhalten und kommt mit einer frischen Kopfnote aus Bergamotte, Pfeffer und Cassis sowie Spuren von Leder und Maiglöckchen daher.

Maiglöckchen / © St.Q.
Maiglöckchen / © St.Q.

Außerdem gibt es einen dezenten Alltagsraumduft, der mit einer leichten Blumigkeit und einer weichen, holzigen Note beschrieben wird. Hanns Hatt ist Zellphysiologe und Duftforscher und hat die Düfte mit entwickelt. 

Düfte wirken auf Körper und Gesundheit

Im Interview mit dem Essener Bistumsmagazin "Bene" erklärt er, wie Düfte auf Körper und Gesundheit wirken: "Duftrezeptoren haben wir nicht nur in der Nase, sondern zum Beispiel auch in der Haut, in den Bronchien und sogar im Herzen. 

Rezeptoren sind Proteine, die auf den Oberflächen der Zellen sitzen und auf Duftreize reagieren. Kommen diese Rezeptoren mit bestimmten Duftstoffen in Kontakt, kann das zu erstaunlichen Reaktionen führen: Haare wachsen schneller, die Atmung wird leichter, der Herzschlag reguliert sich." Die Forschung dazu stehe allerdings noch am Anfang.

Weihrauch als Statement

Nach dem Besuch eines Gotteshauses trage man den Weihrauchduft in die Welt hinaus und setze damit ein Statement. Viele Menschen würden Weihrauch aber als unangenehm empfinden, so Hatt. 

Deshalb die frischeren und moderneren Kirchendüfte. Für Theologe Sellmann ist die "aerothek" auch ein Symbol: "Es muss frischer Wind durch die Kirche wehen; raus mit Mief und Moder, rein mit neuem Atem. Neue, unerwartete Zugänge zu den Glaubensgeheimnissen helfen dabei." 

Weit geöffnetes Fenster, um frischen Wind hineinzulassen / © Bonsales (shutterstock)
Weit geöffnetes Fenster, um frischen Wind hineinzulassen / © Bonsales ( shutterstock )

Die Nachfrage und das Interesse an den Kirchenraumdüften ermutigt ihn darin, weiter in solche andere, neue Ausdrucksformen für pastorale Arbeit zu investieren. "Besonders freut mich, dass Bewahrer und Reformer gleichermaßen Interesse und große Wertschätzung für die Aerothek zeigen", so Sellmann. Er sieht sie als etwas, dass innerkirchliche Polarisierungen überbrücken kann.

Weihrauch

Weihrauch ist eine Mischung verschiedener Harze, die aufgrund ihres Wohlgeruchs zur Ehre Gottes in der katholischen Liturgie und Frömmigkeit geräuchert werden. Weihrauch gehört zu den Sakramentalien. In der Heiligen Messe werden Altar, Evangeliar, Osterkerze, die eucharistischen Gaben bei der Gabenbereitung sowie der/die Zelebrant(en), der Diakon und die Gemeinde mit Weihrauch gesegnet.

Ministranten schwenken bei einer Fronleichnamsprozession in Köln Weihrauchfässer. / © Bilderstoeckchen (shutterstock)
Ministranten schwenken bei einer Fronleichnamsprozession in Köln Weihrauchfässer. / © Bilderstoeckchen ( shutterstock )
Quelle:
KNA